Antwort der Dichterin. Geschichte der Unterredung mit dem Philosophen zu Sanssouci Freund, wenn mir vor dem Schritt zum Leben Nicht von der gütigen Natur Schon ein Befehl zur Demuth ward gegeben, Dann würd ich kleine Creatur Mit innerm Stolz mich doch erheben, Und Dir erzählen, daß in Friedrichs Marmor-Saal Mein falticht Antlitz sich bespiegelt, Und aus der Brust das Herz beflügelt Auf meine Lippen trat, und meiner Worte Wahl Und den Accent geregelt hätte, Indem der König mit mir redte, Der größre Redekunst besitzt, Als Marc Anton, der vor dem Volke Des Cäsars Mörder bald verklaget, bald beschützt. Er kam, und über Ihm in einer goldnen Wolke Sah ich den schwebenden Apoll. Er sprach, und in mein Ohr erscholl Mit Seiner schnell gesprochnen Frage Der Donner Jupiters, und Seines Auges Blick War wie der Blitz am Erndtetage: Doch, Freund! ich staunte nicht zurück. Ich sagte, welcher Mann mich zeugte, Und welcher Staub mich niederbeugte; Wie mein Genie herauf gestrebt, In welchem Dunkel ich der Jugend Zeit verlebt, Und daß ich nicht der Kunst geschriebne Regeln wüßte; Und daß mein Liebling, der Plutarch, Oft einen finstern Blick von mir vertragen müßte, Denn in ihm fänd ich nie den Sieger, den Monarch, Den Mensch und Philosoph vereinet, Ob Alexander gleich gesieget und geweinet, Und Cäsar selbst zufrieden schien, Wenn er jedweden Tag bezeichnet mit Verschonen, Und einem Brutus selbst verziehn, Der mit dem Dolch ihn wollte lohnen, Doch fänd ich auf der Griechen Thronen, Und auf der Römer Kampfplatz nichts Vergleichendes mit dem, der Seines Angesichts In Winterlüften nicht geschonet, Und wenn der Lenz geblüht das Kriegeszelt bewohnet, Von Freuden und vom Throne fern. Und mehr den Vater als den Herrn Zurückgebracht aus so viel Schlachten. Er frug: wer lehrte dich Gesang? Wer unterwies dich in Apollens Saytenzwang? Held! sprach ich, die Natur und Deine Siege machten Mich ohne Kunst zur Dichterin. Er lächelte, und wollte wissen Woher ich Nahrung nähm; da sagt' ich: Freunde müssen Mich nähren, täglich geh ich hin Zum niemals stolzen Stahl, der stets mich gerne siehet, Und eine zweyte Sängerin In meiner Tochter Dir erziehet. Ich sprach's, und Friedrichs Blick schien meinen Freund zu loben. Nach meiner Wohnung frug er mich. Monarch! sprach ich, die Sterne gränzen nachbarlich Mit meinem Winkel unterm Dache hoch erhoben, Wenn Du nicht zürntest, würd' ich Dich Kniebeugend bitten, daß Du meine Kammer dächtest, Wie einen Winkel der Bastille zu Paris, In welche Ludewig viel Menschen bringen ließ, Die Du als Krieger brauchen möchtest, Weil sie oft tapfer sind und treu. Der König lachte laut, und ich, beherzt und frey Wie eine Römerin, ich zog der Stirne Falten Sanft aus einander, lachte so Wie einer, den ein Brett hat in dem Meer erhalten, Und izt die Sonne sieht, und ihren Strahlen froh Entgegen blickt und vor Entzücken Das Lächeln auf der Lippe trägt, Wenn ihm das Herz so laut, als mir das meine, schlägt. Und er mit Worten sich nicht halb weiß auszudrücken. Des Vaterlandes Vater sprach Zulezt: Er würde mir das Leben sorglos machen, Und alle Musen sprachens nach; Und Grazien sah ich in seinem Munde lachen, Der tausendmal Befehle rief Zum Angriff oder zum Verschonen eines Heeres, Das ganz zerstreut in Wälder lief, Und fiel, wie stolzgeschwollne Wellen eines Meeres, Dem Zevs mit seinem Finger droht. Ich ging zurück; o Freund! nun glühte Purpurroth Auf meiner sonst so blassen Wange; Mich grüßte Lentulus und ihn Hab ich verwirrt gedankt, ich taumelte, ich schien Den trunknen Menschen gleich im Reden und im Gange; Und dennoch schwör ich dir beym heiligsten Gesange: Wenn Friedrich mir von Cedernholz Ein Haus durch Künstler bauen ließe, Doch würde nicht dadurch der Sappho Seele stolz, Denn ihr ist nur die Freundschaft süße.