Klagen einer Braut an ihre Nachtigall Im Wintermonath 1761. Du Sängerin geheimer Klagen, Geliebte Nachtigall! du singst; Ach, laß dir meinen Kummer sagen, Daß du ihn in Gesänge bringst! Ach, klage den, der mir entzogen Mit allen meinen Freuden ist! Dein Liebling ist dir auch entflogen, Um welchen du so traurig bist! Mein Liebling, den ich siebzehn Erndten Gekannt, gewünscht, gehofft, geliebt, Ach, der ist unter den Entfernten Da, wo Gefahr das Zelt umgiebt! Wo gegenüber Feinde wohnen, Und wo der fürchterliche Tod, Mit starkem Donner der Canonen, Dem Glücke meines Lebens droht! Du kluger Vogel! siehst zu weilen Mich traurig an, als wollt in dir Dein Herz den Kummer mit mir theilen; O fühl ihn doch, und singe mir! Sieh, was auf meiner blassen Wange Die Thräne der Empfindung spricht: »So klagt im traurigsten Gesange, Ein Dichter bey den Gräbern nicht!« Ich weine nicht des Freundes Zähre, Ich ächze Klagen einer Braut, Die, wenn ihr Freund gefallen wäre, Den Gräbern ihren Schmerz vertraut. Den ganzen Tag hör' ich das Knallen Des Treffens, und mein Traum bey Nacht Zeigt mir die Menschen, wie sie fallen, So fällt mein Treuster in der Schlacht! O! da sinkt neben seiner Leiche Die zärtliche verlaßne Braut! »Krieg, tödte mich mit einem Streiche!« So stöhnt ihr letzter Seufzer laut. Sie stirbt, doch nein, sie wacht mit Schrecken Vom schweren Traum zu klagen auf; Gram schläft in ihr, Gram kommt sie wecken; So ängstlich ist ihr Lebenslauf! Du Vogel hilf ihr klagend singen! Misch in die Thöne Wehmuth ein; Wird mir mein Glück der Friede bringen, Dann soll dein Lied frohlockend seyn!