Lied an gefangene Lerchen dem Dohmdechant Freyherrn Spiegel zum Diesenberg zugeeignet (Zu Halberstadt den 5ten des Weinmonats 1761.) Seyd mir beklagt, ihr, in das Garn verlockte! Euch hat aus hoher Luft gehört Der fromme Fühlende; euch hörte der Verstockte Der keinen Gott erkennt und ehrt. Ihr sangt dem Landmann kleine Frülings Bothen! Ihr sangt der Bäurin Hoffnung zu; Er grif den Pflug, und sie, versprach bald von der todten Eiskalten Erde Graß der Kuh! Wenn in der Stadt zu satt gewordne Schläfer, Sechs Stunden nach der Sonnen Blick, Noch schliefen; dann vernahm euch lange schon der Schäfer Und sang wie ihr von Freud und Glück. Im hohen Grase weideten die Rinder Der Hirte blieb am Eichbaum stehn, Euch horchend, und das Thal sah eine Welt voll Kinder Nach eurem Liede tanzend gehn. Mirtill den jungen Schäfer nahm Galtere, Die schönste, bey der Hand und sprach: Die Lerchen singen süß, Geliebter komm und höre Ihr Lied, und singe lieblich nach! Er, dem des ersten Menschen zweyten Sohnes Des Abels fromme Muse ward, Nahm seine Leyer, sang! die Höhe seines Thones Glich eurer Lobgesänge Art. Dann rollten von Galterens schönen Wange Sechs Thränen, blinkend, wie der Thau Am Frühlings Morgen fiel! indem ihr mit Gesange Gegrüßt die Blumen auf der Au! Euch hörten lachend, Hand an Hand geschlossen Die Schnitter eilend in das Feld! Und, im Getümmel, ganz mit Krieger Schweiß beflossen Vernahm euch Sänger noch der Held! Oft senktet ihr die grauen Flügel nieder, Kamt in die Furchen; also trieb Mich Nahrungs-Kummer oft, daß ich, zu kleine Lieder Matt sang und an Unedle schrieb. Ihr sangt nicht mehr, so bald der fette Weitzen Geerndtet war; ihr Sänger schwiegt Und müßig liesset ihr euch zu dem Netze reizen Darin ihr nun gefangen liegt. Seyd mir ein Beyspiel! vor dem Müßiggange Soll sich in mir die Seele scheun, Kein Tag soll untergehn, daß ich nicht mit Gesange Mich meines Schöpfers will erfreun! Mir giebt er von des Landes Mark zu essen; Mir wird das Leben honigsüß: Sollt aber ich zu satt, den treuen Gott vergessen, Der nie vergaß und nie verließ? Ihm will ich singen hohe Lobgesänge! Selbst meine Thränen sind sein Lied; O! mein Entzücken weint oft heimlich eine Menge Wenn ihn mein Herz in Freunden sieht.