Alzindor und Lucinde Ein Romanze Alzindor und Luzinde Genossen lange Zeit, Beschützt von Cypris Kinde, Das Glück der Zärtlichkeit: Der Mutter bliebs verborgen, Wie lieblich manche Nacht Bis an den grauen Morgen Die Tochter zugebracht. Der Jüngling stieg behende Zum Fenster ein und aus: So klettert an die Wände Und auf das Taubenhaus Die blickbeflammte Katze Des Nachts mit kühner List, Wie er zu seinem Schatze Hinaufgeklettert ist. Was sie dort alles thaten, Von Wonne ganz berauscht, Das mögen die errathen, Die nie der Mond belauscht Bey schlaugestohlnen Küßen, Die niemals nachgedacht, Was ohne Vulkans Wissen Mars bey der Venus macht. Doch großes Glück ist, leider! Wie aller Welt bekannt, Nicht ohne bittre Neider, Nicht frey von Unbestand. Alzindors Freund, voll Tücke, Gab insgeheim sich Müh, Das er ihr Herz berücke; Und ihn verschmähte sie. Da sucht er sich zu rächen, Nach Art der jungen Herrn, Die viel aus Prahlsucht sprechen Von Schönen, die sie gern Durch Schmeichelkunst betrogen. – Hört, wie der Höllenbrand Alzindors Ohr belogen Und leichten Glauben fand! Von Bosheit angetrieben, Spricht sein verwünschter Mund: Lucind' hat mir geschrieben, Daß ich den Liebesbund Mit ihr vollziehen solle, Und daß sie schon darzu Ein Mittel finden wolle, Wie man es heimlich thu. Alzindor wird durchdrungen Von gräulich wilder Wuth. – Wie nach Verlust des Jungen, Die Löwinn Jägerblut Im Walde brüllend fodert, So fodert er voll Glut, Die schröcklich in ihm lodert, Lucindens Busenblut. O! Weh, o! Schreck, o! Jammer, Mit bloßem Degen kömmt Er schnell in ihre Kammer, Und stürzet, ungehemmt Von ihrer süßen Stimme, Wie Sturmwind auf sie zu; Und fragt mit Donnerstimme: Sag' an: Wem schreibest du? Lucinde spricht gelassen: An deinen Freund schrieb ich. Ha! nun mußt du erblassen, Ruft er; und mörderlich Fährt ihr bey sanften Lächeln Der Degen stark und tief Ins Herz; und ach! mit Röcheln Lallt sie: Hier ist – der – Brief. Sie sinkt, und läßt im Sinken Ihr Auge, brechendmatt, Noch seine Blicke trinken. Er liest das Unglücksblatt: Dem Lügner war geschrieben: Herr, plagt mich länger nicht! Nur einen kann ich lieben, Und dieser seyd ihr nicht. O Scheusal! – ruft er plötzlich: Stirb nach, hier liegt dein Weib! Drauf sticht er sich entsetzlich, Wie Kato, durch den Leib; Fällt auf Lucindens Leiche, Stirbt ächzend, und verflucht Nunmehr in Plutos Reiche Den Zorn der Eifersucht.