Morgen-Gesang an ihre Seele Der junge Tag, zurückgekommen Mit neugeschaffnem Angesicht, Hat halb die Freundlichkeit des Gottes angenommen, Der ihn bekleidet mit Licht! Du, Seele! bist nicht fortgerissen Aus mir, durch irgend eine Macht; O dem, auf dessen Wort die Himmel horchen müssen, Sey neues Opfer gebracht! Er durfte sprechen, durfte winken, So schlug der Todes-Engel mich, So mußt ich plözlich hin in ewgen Schlaf versinken Und Luft bekleidete dich! Er hieß mich leben, hieß dich bleiben, Dich, die vom Himmel niederfuhr; Sey Funken oder Hauch, ich kann dich nicht beschreiben, Empfinden kann ich dich nur! Du denkst in mir, du kannst dich schwingen Dem unsichtbaren Winde gleich, In einem Augenblick dahin, wo Engel singen, Und singst mit ihnen zugleich! Du übersteigest Mond und Sterne Fliehst schnell zurück, du schweifst umher Wie Gottes Blitz, und schwebst in ungemeßner Ferne Hoch über Hügel und Meer! Du drengest dich durch dicke Mauren, Du achtest feste Schlösser nichts; Ich fühl es, daß du strebst der Gottheit gleich zu dauren, Zu trinken Ströme des Lichts. Dein nahmenloser Geiz begehret Mehr, als die Welt zu geben weiß; Von Wollust oder Gold und Ehre nicht genähret, Bleibt stets dein Hunger noch heiß, Bis du zum Seraph wirst erhoben. O fühle deine Würde ganz, Unsterbliche! dir gab der, den die Sterne loben Ein Theil vom himmlischen Glanz.