Der Leibmedicus Zimmermann, in Sanssouci Den 1ten November, 1771. Wie Alexanders Zeitgenossen Nach Delphos giengen, und des Gottes Gegenwart, Von heilgem Schauer übergossen, Mit schneller wundersamer Art Empfanden auf des Tempels Stufen; So gieng der Schweizer, Zimmermann, Jüngsthin nach Sanssouci, vom Könige berufen, Und staunte da den Marmor an, Und fühlete die Gegenwart der Musen Die vor und um den König gehn. Sein schwellend Herz erhub sich klopfend in dem Busen Und blieb an seinem Munde stehn. Itzt kam der König – itzt ergriff ihn Frost und Hitze, Ihm war zu Muth' als käme, mit dem Blitze In aufgehobner Hand, von des Olympus Spitze Der Göttergott herab. Jedoch, so bald der König mit dem Geiste Leutselger Sanftmuth ihm zween holde Blicke gab; Und einmal lächelte – da ward der Schweizer dreiste, Und seine Rede floß den Honigworten nach, Die Friedrich eine ganze Stunde Hindurch aus vollem Herzen sprach. Auf Cicerons und Cäsars Munde Hat nie die Suada so geschwebt: Nie sprach im edlen Markaurele Mehr eine königliche Seele, Die Göttern nachzuahmen strebt, Mit einem Römer oder Griechen. Nach dieser theuren Stunde pries Der Schweizer Gott durch Thränen heiß und süß, Daß nicht sein Geist von ihm gewichen, Daß er ihn auf der Erde ließ, Um diesen König anzuschauen. Ihr Völker, die ihr euch bemüht, Ihm Ehrensäulen aufzubauen; Ihr Dichter, die ihr ihm ein Lied Wollt singen, wie Virgil gesungen, Seyd noch so stark von seinem Ruhm durchdrungen; Wer nicht sein strahlend Auge sieht, Wer nicht in ihm die Menschenliebe höret, Mit aller ihrer Göttlichkeit; Der weiß noch nicht genug, das er die Nachwelt lehret, Was Friedrich war zu unsrer Zeit.