An Palemon (Den 20ten des Herbstmonaths 1761.) O Freund! was hilft, der Hoheit und des Geldes Besitzer seyn, in dieser Welt, Dem Sterblichen, der wie das Gras des Feldes Hervorkömmt, wächset, welkt und niederfällt? Im Ueberfluß und im Geräusch der Ehre Bey Saitenspiel und Tänzen seyn, Reizt nicht das Auge; nichts nimmt das Gehöre Und den sonst nimmer satten Busen ein, So bald von dem zerbrechlichen Gebäude Ein Theil mit Schmerzen wird durchnagt. Der kranke Mensch ists, der zur lauten Freude Zum Scherz und Lachen: du bist Thorheit! sagt. Der Reiche wühlt in seines Goldes Haufen: Sein Abgott haucht nicht Leben ein. Gesundheit oder Jahre noch zu kaufen Dazu sind beyde Welten viel zu klein. Das kranke Mädchen fodert auf ihr Lager Den Spiegel, zittert und erschrickt Wenn sie auf ihrer Wange, blaß und mager Des Todes drohende Gestalt erblickt! Den Jüngling wirft, trotz der belebten Glieder, Trotz seines Muths im Angesicht, Mit Riesen-Arm ein Fieber schnell danieder. Witz, Jugend, Stärke, alles half ihm nicht! Der Weitbezwinger! (Nationen krochen Im Staub und horchten sein Geboth –) Krank liegt er machtlos. O! sein Blick gebrochen Befiehlt nicht mehr. Im Auge sitzt der Tod. Der Weise, der vom Himmel, bis zur Erde Vom Cederbaum zum kleinsten Kraut Erkenntniß hat, fragt unter der Beschwerde Nicht, ob der Ruhm ihm Ehren-Säulen baut? Der, dem sein Schiff auf ungebahntem Meere Viel Lasten Reichthums zugebracht, Nimmt, wenn sein Eigenthum ganz China wäre Nichts mit als nur die weisse Todten-Pracht. Nichts folgt dem Grossen, der in vollem Glanze Beneidet von dem Pöbel saß. Dem Herrn des Gartens folgt kaum eine Pflanze, Die irgend einer, der ihn nicht vergaß Mit Thränen feuchtet, aus der Erde reisset. Sie auf des Freundes Grab versetzt, Und ewig ihre Blätter grünen heisset Auf einem Staube, den er heilig schätzt! O! fand mein Sulzer in des Gartens Raume Nicht der Cypressen junge Zucht? Wird sie auf jenem Grabe nicht zum Baume Den oft ein Sohn, die Gräber denkend sucht? Hinüber durch die hohe Sternen-Pforte Der Ewigkeit, gieng er im Schlaf Dem Vater, den mit seinem Vollmachts-Worte Der Tod nicht ohne Zubereitung traf. Du jung, beglückt und deinen Freunden wichtig Sagst zu den Gütern dieser Welt: Seyd mein Gebrauch; Ihr alle werdet nichtig So bald des Lebens Vorhang niederfällt.