An die Sonne bei dem Leichenbegängnisse Friedrichs des Größten den 9ten Sept. 1786. Geliebte Fürstin der Natur, O Sonne! hülle dich in Schleyerwölkchen nur, Und nicht in eine schwere finstre Wolke, Du schöne Himmelsmajestät! Bleib freundlich diesem Trauervolke. Sieh, dieser Zug, der langsam geht, Der Königliche Leichenwagen, Bedeutet mehr, als je dein Blick gesehn, Wenn Weltbeherrscher fortgetragen In Grüfte wurden, wo kein Klagen, Kein Opferbringen, und kein Flehn Den Hingetragnen weckt, wo düster die Verwesung Auf ewig kaltem Throne sitzt, Wenn Jahr an Jahr zur Neugenesung Dein milder Frühlingsstrahl erhitzt Die winterkrank gewesne Erde, Daß Baum und Pflanze wieder blühn, Und Berg und Thal bekleidet werde Mit wiederfrischem Jugendgrün: Nur Gras und Blumen kannst du wecken Und Wurm und Schwalben, die ihr Haupt, Ihr leblos Haupt, im Sumpf verstecken; Mehr ist dir nicht erlaubt –. Die Könige, die dir geglichen An Größe, Mildigkeit und Macht, Und so wie Laub und Gras verblichen, Die werden nicht hervorgebracht Aus ihren Gräbern, wenn die Schwalbe Durch deine Würkung wieder lebt, Und bäte dich darum die halbe Verwayßte Welt, die mit begräbt Ihr blühend Glück, und Stolz, und Wonne, Du bist ohnmächtig ihrem Ruf – Du siehst nicht mehr als Morgensonne Den Früherwachten, der schon in Gedanken schuf, Was Millionen Menschen nützte, Wenn deinem Glanz die Lerch entgegen sang – Du siehst nicht mehr den Helden, der uns schützte, Der mit viel Feinden für uns rang. Du wirst in Seiner Hand nicht mehr Sein Schwerdt vergülden, Er gab es Seinem Folgefürst, Den du dereinst in Schlachtgefilden Zu Heldenkampf auch wecken wirst, Wenn gegen uns ein Feind sich hübe Vom Waffenlager fürchterlich – Ihn wird auch Landesvaterliebe Nicht ruhen lassen, wenn du dich Schon zeigst im rosenfarbnen Schleyer: Dieß ist Sein Vorsatz königlich – Er weint, Sein Vorbild war so groß, so lieb, so theuer, Und ach, du selber trübest ja Dein Antlitz bei der Leichenfeyer, Weils Seine Thränen fließen sah – Zeuch Wasser aus der Spree und aus der Hafelwelle, Und aus der Ostsee, wenn du willst; Noch weilt Er auf der Grabesschwelle, Und segnet Friedrichs Schlummerstelle, Indeß du dich in Trauer hüllst; Noch tönt bei heiligen Gebeinen Der Todtensang zu dir empor – Laß eher nicht den Himmel weinen, Bis Saytenspiel und Sängerchor Genug geklagt, bis Alles schweiget Und Alles aus dem Tempel wich, Und nur ein stilles Ach noch steiget Weit über dich –