An Palemon, als Herr Oeser das Bild der Dichterin entworfen hatte (Den 16ten des Christmonaths 1761.) O Freund! Der Mahler? Gefunden Hat er im Auge mein Herz. Er fand mit spähendem Blicke Den Geist, und zeichnete ihn. Die sanft empfindende Seele Entwarf sein Pinsel, und nicht Den Mund, die Wange, das Lächeln Dir ohne Reize bekannt! O dies zu schöne Gemählde Seh ich und kenne das Bild Von der unsterblichen Freundin Die in mir denket, und fühlt. Mir von den Göttern gesendet Ward sie, und lange verkannt Rief ihr aufstrebender Hunger Nicht Brod, nein Freunde für sich. Gefunden hab ich euch endlich Ihr von der Seele gewünscht. Wer ihre Freude will kennen, Der komm und sehe mein Bild! Sie sitzt in schönstem Erstaunen Und denkt nicht Ehre, nicht Gold; Freund! ihre Götter auf Erden Denkt sie, und denket auch dich! Da wo die Musen und Weisheit Dir lächeln, stelle sie hin; Und nenn' einst deiner Geliebten, Die auf der Schulter dir liegt, Nenn ihr den zaubernden Künstler Und sprich: Das singende Weib War arm an äusserer Reizung Und reich an süssem Gefühl; Mit zart geschaffenem Herzen Ward sie einst Sapho genannt; Ihr waren Musen gefällig, Und sie war Freunden getreu.