Jeremias Klage bei dem Anblick der Flucht seines Volkes aus dem Elsas Jeremias, der vor Zeiten Der Chaldäer Kriegesgrausamkeiten Und den Jammer Zions sang – Jeremias in dem Himmel Mischte Klagen unterm Harfenklang, Da vom Elsaß ein Getümmel Und ein Angstgeschrei empor Drang bis in das Seraphchor, Da des Aufruhrs fürchterliche Rotte Seinem Volke schrecklich war. Nackend, unter bittrem Spotte Trieb die wuthbeflammte Schaar Das beraubte Volk von hinnen, Und es konnte durch die Flucht Lebensrettung kaum gewinnen Für den Grimm der Räubersucht. »Gott, du bist die Liebe selber, Rief der Klagesänger aus Goß dies Volk sich goldne Kälber? Lief es in ein Götzenhaus? Trat es dein Gesetz mit Füßen? Baute sichs Altäre dort, Ein Trankopfer auszugießen? Sprachs zu Holz und Stein: Du Hort Meines Heils! Hilf mir, und neige Doch dein Ohr zu meinem Flehn! Gott, warst du des Frevels Zeuge? Hat dein Auge dies gesehn? Und hast du im Zorn befohlen, Daß wie ein gescheuchtes Reh, Ohne Athemholen Dieses Volk mit Ach und Weh Fliehen soll an der Welt Ende? – Gott, Erbarmer! siehe drein; Mache, daß der Zorn sich wende! Laß wie vormals mächtig seyn Deine Liebe, dein Erbarmen! Siehe, siehe da, die Armen, Weib und Greis und Kinder fliehn Voller Todesfurcht und Schrecken: Wer, o wer wird sie bedecken? Welche Hülfshand wird sie ziehn Von dem Rande des Verderbens? Welches Zoar nimmt sie auf In der Angst des Hungersterbens? Und wo endet sich ihr Lauf? –« So sprach der Prophet, und sehet Die Erbarmung würkte schon Mächtig eh er ausgeflehet. Zitternd war das Volk entflohn, Bebend kam es an die Thore Basels , einer Schweizerstadt, Die sonst mit verschloßnem Ohre Sich hinweggewendet hat, Wenn sich ein Israelite Nur von fernher merken ließ, Daß er dort um Eingang bitte. Aber nun wars ihr so süß, Sich zu öffnen; und die Schwachen, Und das Weib, das jetzt gebar, Durch Erquickung stark zu machen, Nun ward Basel ein Altar Frommer Toleranz, wo Speise, Trank und Kleid geopfert ward Auf Gott angenehme Weise. Und nun scholl nach Davids Art Lob aus des Propheten Munde, Und auf Gottes Erdenrunde Unter allen Himmeln weit Tönt auch Basels Menschlichkeit.