An Herrn Professor Sulzer, über den Tod seines Kindes (Zu Berlin im April 1761.) Sie ist nicht mehr! o du ihr Vater weine, Auf jenen Ueberrest entseeleter Gebeine, Dein in dich dringend Leid! Nichts half die Kunst, und nichts daß du gerungen Hast im Gebet, sie ging auf größre Foderungen Hin in die Ewigkeit! Da wird sie sich mit jenem Geiste küssen Der deine Liebe hat mit sich dahin gerissen Wo nichts, als Liebe lebt! Da wird sie nun im Schooß der Mutter liegen Und ihr erzählen, wie dein einziges Vergnügen, Ihr Schatten, um dich schwebt! Sie wird ihr sagen, wie du dich vergessen, Oft Stunden lang bey ihr am Sterbebett gesessen, Und ihren Schmerz beklagt, Und wie du sie, wenn sie voll Schmerzen stöhnte Nach ihrer Wünsche Ziel, nach welchem sie sich sehnte, So zärtlich hast gefragt. Freund, klage nicht, nein singe Lobgesänge; Denn auf ihr lag zu schwer mit ungeheurer Menge Von Qualen schon der Tod! Er saß in eingefallnen blassen Wangen, Und war der Frost des Fiebers nun vergangen So glüht' er in dem Roth. Nicht unerwartet kam er sie zu holen; Nein, lange schon ward dir, wann er gedroht, befohlen: Bereite dich! sey stark! So sey auch nun ein Mann in deiner Klage, Dein Kind ruht jetzt, und ihrer Krankheit Plage, Bleibt diesseits vor dem Sarg. Ihr Witz, der hier noch unenthüllt geblieben, Wird dort sich in dem Buch der höchsten Weisheit üben, Wird keiner Zeiten Raub; Und kommt einmal der Herr, den Erdcreyß richten. Dann weckt ein Engel sie zu ewgen Pflichten Des Dankes aus dem Staub! Aus einem Staube der sie wieder giebet; Dann siehst du das, o Freund! was du an ihr geliebet Vollkommner reizend seyn; Itzt fragst du: o warum ist sie geschieden? Erwarte nur den Uebergang zum Frieden Dann leuchtet dir es ein! Hier in der Welt voll Unruh, voller Sorgen Bleibts vor dem trüben Blick des Sterblichen verborgen, Warum Gott so verfährt; Dort aber, wo vor hundert tausend Sonnen Die Finsterniß nie einen Sitz gewonnen, Ist alles aufgeklärt.