An eine junge Freundinn Düsseldorf, im Herbste 1777. Die Geister weichen allgemach, Die, gleich den Stürmen hoch am Dach, In meinem Kopfe Sabbath hielten, Und jämmerlich den Meister spielten; Mich hämisch neckten, jung und alt, In hundertfältiger Gestalt, Mit Horn und Krall' und Pferdefuß, Als wär' ich Sanct Antonius . Die Geister weichen allgemach Zurück in ihre Zauberhöhle; Schon wieder fühl' ich in der Seele Die Hoffnung und die Freude wach, Ergetze mich am Stadt-Getümmel, Und in der Fern' am freyen Himmel, Am offnen Feld, und am Gemisch Des falben Laubes im Gebüsch. Mein Auge weilt auf jenen Bäumen, Worunter du in süßen Träumen, Voll jungfräulicher Sehnsucht, gehst, Und stets dich um ein Bildchen drehst Von Seligkeit aus obern Welten, Von reiner Liebe, die nur selten, So rein, wie sie vom Himmel kam, In Erden-Hütten Wohnung nahm. Durch manchen Irrweg dieses Lebens Ging ich, und suchte sie vergebens. Da wollt' ich oft im Mondesstrahl Mein fein gewebtes Ideal Mit allen seinen Herrlichkeiten Mir unverdorben nieder leiten; Und hat's und drückt' es froh und warm; Und ruhig lag's in meinem Arm, Bis mir der neue Tag begann, Und es im Morgen-Duft zerrann. Dann klagt' ich's aller Welt, erschreckte Die Nymph' am Bach, den jungen West, Vertraut' es jedem Baum und weckte Die Vögelchen in ihrem Nest. Auf Rosen-Lippen sah ich Trug, Und mit den Mädchen wollt' ich hadern; Was aber halfs? Zu mächtig schlug Die Liebe noch in Herz und Adern; Und als die Wiese Veilchen trug, Da sah ich lauter Liebes-Flug, Sah in der Luft, im Wald, an Quellen Sich eins dem andern zugesellen. Da war um mich ein Paradies, Und jeder Blüthen-Hain verhieß Mir gleiche Wonn', und aller Wegen Kam ein Geflüster mir entgegen: »Du Sohn des Staubs, der Himmels-Lust Begehrt! Die Hand auf deine Brust! Wie leicht, wie schwach, wie voller Mängel! Und fordern darfst du einen Engel Für deinen Kuß? Genügt's dir nicht, Wenn Unschuld noch im Angesicht, Im keuschen Gruß, im zarten Neigen, Ein Erdentöchterchen, dein eigen Zu seyn, gelobt, und Tag und Nacht, So wie sein Leben, dich bewacht? Das arme Kind! Ein kleiner Fehl Wird dann und wann von ihm begangen; Doch wird es trauter dich umfangen, Wird sonder List und sonder Hehl Die Sünde weinend dir bekennen, Dich mit den schönsten Nahmen nennen, Und, bist du werth, geliebt zu seyn, Du findest Wollust im Verzeihn.« Die Geister-Stimme hatte Recht! Mit keinem liebenden Geschlecht Erneuert' ich den ersten Frieden, Befand mich trefflich wohl hienieden, Vergaß mein hohes Ideal, Und baute mir im Erdenthal Nicht mehr den ew'gen Freudensaal. O du, mit deinen süßen Träumen! Käm' unter sanft bewegten Bäumen Ein solches Flüstern auch zu dir! Wir armen Erden-Söhne, wir Sind allesammt, wie unsre Väter, Und minder noch aus zartem Aether, Aus Geistes-Stoff gebaut, als ihr. Gelingt's dem Mädchen dann und wann, Sich einen guten, lieben Mann In einen Seraph umzukleiden – Wie kurz die stolzen Götter Freuden! Und wenn er noch so weise spricht, Er hält die Engel-Probe nicht. Mag er! doch giebt es Männer-Seelen, Die Ein Mahl nur ein Liebchen wählen, Die fest im Wort, im Bunde wahr, In Leid, in Mangel und Gefahr, Im Tode selbst unwandelbar, Mit ihrem Leben euch beschützen. Für euch ist jeder Tropfen Blut; Ihr könnt auf ihren stärkern Muth Die holde Schwäche ruhig stützen. Und mancher ist, der einsam geht, Und, wenn er leis' um Liebe fleht, Des Mädchens Ahndungen versteht, Das, so wie du, ein reines Feuer In Männer-Herzen sucht, getreuer Als tausende, sich fromm und still In Himmels-Unschuld geben will. Und wenn er lang umhergeirrt Sie lang geweint, am Ende wird Das Pärchen sich gewiß begegnen, Und er und sie die Stunde segnen, Wo in der Träume Vaterland Ihr goldnes Bild hinüberschwand, Und irdischer, an seiner Stelle, Doch schön genug, in trauter Zelle, Die Liebe sie auf ewig band.