Die Unschuld Um der Gottheit Glanz Hatten jauchzende Sonnen Ihren Lauf begonnen, Engel ihren Feyertanz; Aus der Gottheit Glanz, Engeln gleich, im Jubel gebohren, Mischte sich, zur Führerinn erkoren, Unschuld in den Tanz. Dort, auf leichter Flur, Im unsterblichen Lenze Blühn der Unschuld Kränze, Folgt der Seraph ihrer Spur; Aber auf der Flur Unterm Mond, im Schatten der Erde, Wandelt sie mit kindlicher Geberde Bey der Einfalt nur; Will im Mayenlicht Hier an irdischen Bächen Volle Rosen brechen; Und die Dornen kennt sie nicht. Hier vom Mayenlicht Aufgeweckt am täuschenden Morgen, Lächelt sie herbey die nahen Sorgen – Ach, und weiß es nicht! Mit der Engels-Hand Unsre Lämmer zu weiden, Geht auf armen Heiden Sie, von Wenigen gekannt; Aber, auch verbannt, Gibt sie noch, in niedriger Hülle, Wonn' und Trost und Herrlichkeit die Fülle Seelen, ihr verwandt. Ach! sie selber flieht Mit den kindlichen Scherzen; Doch in keinem Herzen Stirbt ihr holdes Wiegenlied: Wer den Säugling sieht An die Brust der Mutter sich drücken, O, der fühlt, daß ihn mit Himmelsblicken Unschuld an sich zieht. Wenn dein Warnen schon Oft den Frevler empöret, Unschuld! dennoch höret Später er den ernsten Ton. Jeder Erden-Sohn Fleht zu dir am letzten der Tage, Daß ihn nicht dein Auge dort verklage Vor des Richters Thron. Aus der Gottheit Glanz Sind die Seelen gebohren, Allesammt erkoren, Dich zu sehn im Sternenkranz; Um der Gottheit Glanz Hält mit dir, dem schönsten der Engel, Jeder Geist in Welten ohne Mängel Seinen Feyertanz.