Lob- und Trauer-Gedichte Die Reise der Königin aus Reich Arabien nach dem himmlischen Jerusalem/ die Weißheit Salomonis zu hören Als die Hochgebohrne Gräfin und Frau/ Frau Aemilia Juliana/ Gräfin zu Schwartzburg und Hohnstein etc. Anno 1706. diß zeitliche gesegnet In Nahmen eines andern. Wenn in der Finsterniß gebohrner Niedrigkeit Die Weißheit schon ein Licht/ das auch die Nacht erhellet; Was Wunders/ daß ihr Glantz/ der sich zum Purpur stellet/ Und über Cronen strahlt/ diß gantze Rund bestreut. Ein jedes Auge sieht das Auge dieser Welt; Da nun der Weißheit Licht der Sonnen vorzuziehen; Und auch der Sternen Gold vor ihrem Strahl muß fliehen; Was Wunders/ daß ihr Glantz in frembde Länder fällt? Daß sich zu ihrem Thron die mächtge Königin/ Die reich Arabia anbetet und verehret/ Von Ihrem Thron begiebt/ und da die Weißheit höret/ Wo bey der Pracht der Welt ein Himmel gleicher Sinn? Wer ist/ der nicht den Geist auf dich/ Hochseelge lenckt/ Die aus berühmten Stamm mit Blute sich gegattet/ Das stets der Himmels Fürst mit Gnaden über schattet/ Und dem ein Käyser selbst die hohen Ahnen schenckt? Die Ihrem Adel hat den Adel beygesetzt/ Der aus der Weißheit kommt/ den Gott selbst herrlich nennet. Die sich aus Demuth nicht vor Hochgebohrn gekennet/ Und die die Tugend mehr/ als Cronen wehrt geschätzt? Du Hochgebohrne Frau/ hast jene Königin/ Die Salomonis Ruhm nach Salem hat gezogen/ An Hoheit des Gemüths bey weiten überwogen/ Und gehst zum Salomon viel ungemeiner hin. In reich Arabien war jener Thron gebaut/ Das arm an Gottes Wort und himmlischen Ergetzen. Da man in deinem Land' an solchen selgen Schätzen/ Durch dein Bemühen mit ein reiches Salem schaut. Die Weißheit Salomons war jener ein Gerücht. Doch Gottes Weißheit war dir ein bekanntes Wesen; Ein Buch/ in dem ein Bild von seiner Krafft zu lesen. Ein Glantz vom ewigen und ungemeinen Licht; Ein Hauchen von der Krafft/die man allmächtig heißt; Zum Brief der Seeligkeit das allerreinste Siegel; Zur Kenntniß unsers Heyls ein unbefleckter Spiegel; Ein Strahl der Herrlichkeit/ die man unendlich preist. Wenn aus Neugierigkeit sich jene nur bemüht/ Und zu der Weißheit reißt; So thust du es aus Liebe/ Aus Lieb'/ als dem Magnet/ der Gottes milde Triebe Und seines Geistes Krafft/ wie Eisen an sich zieht. Aus Liebe warest du der Weißheit ihre Braut; Und ihre Schöne hat dein Hertze lieb gewonnen. Durch sie hat deine Seel ein köstlich Kleid gesponnen/ Und mehr als Königlich die Nesidentz gebaut. Schift jene über Meer zum weisen Salomon/ So daurt es kurtze Zeit. Doch in so vielen Jahren Ist dein Erlauchter Geist der Wahrheit nachgefahren/ Und lud auch allezeit viel Güter auf davon Dein Bleymaß des Verstands hat dieses Meer der Welt An Syrten/ Felsen/ Sand/ so wissen zu ergründen/ Daß du glückselig warst/ die enge Bahn zu finden/ Worauf in Canaan man sichre Schiffart hält. War jener ihr Gefolg in Ißrael sehr groß: Was war es deinem gleich/ wenn du zum Himmel giengest? Wenn du den Perlen-Thau von Gottes Weißheit fiengest/ Und dieser Salomon dir sein Gemach ausschloß/ So lag die Priesterschafft mit Beten und mit Flehn Vor dir/ als Schutz-Göttin/ gebückt zu deinen Füssen/ Und bat/ es möchte die des Himmels Gnade küssen/ Von deren Gnade sie ihr Wohlseyn könten sehn. Ja selbst dein gantzes Land vermehrte deinen Staat/ Den Staat/ den Gottes-Furcht/ Leutselig seyn und Milde/ Klug- und Gerechtigkeit nach Gottes Ebenbilde/ In allen Hertzen dir bey Gott erworben hat. Wenn jene Salomon mit Räthseln hat versucht: So batest du vor ihm um Weißheit aus der Höhe; Damit sie bey dir sey und denn dein Auge sehe/ Was Gott von uns beliebt/ und was er auch verflucht. Und so ward auch dein Geist mit Weißheit ausgerüst. Was Schrifftgelahrten sich für ein Geheimniß achten. Kont' ein Erlauchter Sinn in dir mit Lust betrachten/ Du warst als Herrschafft auch in Wissenschafft begrüßt. War eine Schurmannin ein Wunder ihrer Zeit; Erhöht Elisabeth den Purpur Engelandes Durch Sprachen/ Tugenden und Hoheit des Verstandes: So ehrt die Welt von dir auch gleiche Trefflichkeit. Wenn reich Arabia durch die Beherrscherin Dem Salomon Gewürtz und Centner-Goldes schencket: So ist dein höchster Ruhm/ was Salomon selbst dencket: Auch über Cronen geht ein Weißheits-voller Sinn. Es kommen ihrem Werth nicht Fürsten-Thürmer bey/ Und Königreiche sind so hoch nicht anzusetzen/ Für sie ist Reichthum nichts: Gold ist für Sand zu schätzen/ Und gegen sie ist Koth und Silber einerley. Diß alles überwog dein Tugend-schwer Gewicht. Was du dem Himmel giebst/ sind lauter Weißheits-Früchte/ Dadurch wird jener Schatz/ der irrdisch ist/ zu nichte; Und deinem ewigen hält er die Wage nicht. Allein/ was präg ich hier/ Hochselge Gräfin ein/ Was deinen Abschied uns unendlich herber machet? Wenn deine Tugend gleich in uns unsterblich lachet/ So weint doch unser Hertz/ daß du must sterblich seyn. Es weinet dein Gemahl/ der Hochgebohrne Graf. Was Rom vordem gehabt von hohen edlen Frauen/ Ja alles konnt' er selbst in deiner Liebe schauen/ So daß auch dein Verlust Sein alles schmertzlich traf. Der Hochgebohrne Herr/ dein und des Himmels Bild/ Den Gott dir eintzig gab/ weil zu des Landes Seegen Und Weißheit/ Tugend/ Geist der Eltern darzulegen/ Ein Salomon allein dem David sattsam gilt/ Der seuffzet und mit ihm das gantze hohe Hauß/ Das vor der Sterblichkeit unsterblich schon zu achten/ Das wir in Ehr-Furcht zwar doch nie genug betrachten/ Und lässet billig hier die Schmertzens Regung aus. Es weint der gantze Hoff; die Hoffnung fallet hin. Es weint die Priesterschafft; die Hohen Schulen müssen/ Ja selbst das gantze Land itzt lauter Thränen küssen: Denn dieser Mutter stirbt/ und jener Schutz-Göttin. Ich wein'/ ich armer Knecht! jedoch an Gnaden reich/ Die mir dein Milde seyn unwürdig zugemessen/ Bey allgemeinem Leid/ ist meines nicht vergessen/ Und wird allein gemehrt/ daß es dem grösten gleich. So weinet jederman! doch Salomon nur lacht/ Der mit der Frommen Tod es wohl und seelig meynet/ Daß itzt vor seinem Thron der Herrlichkeit erscheinet/ Die seine Weißheit hat so ungemein geacht/ Daß solcher ewiglich gewürdiget zu seyn/ Sie eine Reise thut nach dem gelobten Lande. Nun/ Hochgebohrne Frau/ in deinem selgen Stande Trifft/ was die Schrifft dort sagt/ gewünscht und völlig ein: Und König Salomo gab dieser Königin Von Reich Arabia/ was sie begehrt und bate: So giebt er dir vorerst die Seeligkeit der Gnade/ Und wirfft des Nestors Jahr auf unsre Herrschafft hin.