Das vor dem berühmte Hochgräfl. Gleichische Freuden-nunmehro Trauer- und Thränen-Thal/Bey dem Hochseeligen Hintritt des Hochgebohrnen Graffen und Herrn/ Herrn Sebastian von Hatsfeld und Gleichen Wenn von Bergen nichts als Blitz und Strahlen schiessen/ Wenn oben her auf uns der Grimm der Wolcken knalt/ 1 Wenn Thiere sich zum Schutz in Thäler drauf verschliessen/ Was Wunders/ sucht der Mensch auch gleichen Auffenthalt. Auff Höhen steigt man nicht/ wenn Unglücks-Pfeile spielen; Die Berge decken offt Verfolgte/ wie ein Schild; Die Hertzen seufzen tief/ die tiefe Wunden fühlen/ Und Wasser kühlet mehr/ das in den Thälern qvillt. So suchten wir das Thal/ das Hohe 2 vor beglücket/ Und dachten an die Noth/ die hier die Herrschafft drücket. Wir saßen nah an dem/ wo Ecbert 3 sonst gesessen/ Und unser Seuffzen war: Uhraltes Helden-Hauß/ Du hast dem großen Carl 4 den Ursprung beyzumessen. Zwar starb dein hoher Stamm/ jedoch dein Ruhm nicht aus. Zum Preiß der Tapfferkeit bist du an Hatsfeld 5 kommen/ Der/ weil er dich verdient/ mehr als ein Erbherr war. Durch sein Geschlecht hat noch dein Glantz nicht abgenommen/ Der Strohm davon ist rein/ so/ wie die Ovelle klar. Und Hatsfelds hohes Blut erweist in allen Dingen/ Wie Erb- und Tugend-Recht der Herrschafft Würde bringen. Wie aber/ großes Hauß/ das Ehr und Tugend zieret/ Geht unsre Wohlfahrt denn bey deiner Klarheit ein? Muß wenn Unsterblichkeit dich an die Sternen führet/ In deinen Landen hier das Glücke sterblich seyn? Die Rücken bluten noch/ die Nordens-Last getragen/ Und neue folgen drauff; die Aertzte helffen nicht/ Und wollen Galtz dazu in offne Wunden schlagen. Ach scheine wiederum du höchst gewünschtes Licht/ Daß unsre Herrschafft bald in unsern Gräntzen lache/ Und Freuden-Thal so neu an Huld und Freuden mache. Die Seuffzer ließ das Land durch uns ins ferne schicken/ Und hoffte/ weil doch nie der Himmel ewig blitzt/ Einst wieder auf die Nacht Auroren zu erblicken/ Den Atlas bald zu sehn/ der ihre Wohlfahrt stützt. Wie Spreu an Diamant/ wie der Magnet nach Norden/ Wie offt bey schlimmer Zeit betrübter Römer Sinn Nach einem Titus ist gebückt gezogen worden: So offt und mehrmahls noch gieng aller Wunsch dahin/ Den gütigen August, die Krone hoher Frauen/ Die kluge Livia, zusammen hier zu schauen. Wie Himmel/ kommen sie? Ach welche Post erschallet! Welch Mord-Geschrey ist das? der liebe Graf ist todt! Ists möglich/ das noch Blut in unsern Adern wallet? Erstarret nicht die Hand/ erstickt uns nicht die Noth? Der liebe Graf ist hin! der gütge Herr erblasset! Leutseelig von Gemüth/ erlaucht von Wissenschafft. Der unser Wohl geliebt/ wie unsre Noth gehasset/ Der Nestors Jahre wehrt/ wird zeitlich hingerafft! Kurtz: unser Vater stirbt/ wir Kinder müssen leben/ Und bey so vieler Ovaal im Wäysen Elend schweben. Laß/ Hochgebohrne Frau/ in Gnaden dir gefallen/ Daß bey dem großem Creutz/ so deine Seele rührt/ Erst Knechte von Verlust des theuren Herren lallen; Die Ordnung wird nicht stets bey bittrem Sechmertz geführt. Wir wissen/ und die Welt muß noch in Marmor ätzen/ Daß Eure Liebe starck wie Palmen Liebe war/ Daß Ulmen sich so sehr an Reben nicht ergetzen/ Als Euer Perlen Schmuck der Liebe/ Lust gebahr. Ihr waret Sonn und Mond/ dabey die Worte stunden: Aus beyder Einfluß hat das Land sein Heyl gefunden. Nun reißt die Helsste Gott anitzt von deinem Hertzen? Dein' Augen-Lust ist hin! dein Graf und Herr erblicht! Was Artemisia, was Portia vor Schmertzen Nach des Gemahls Verlust in ihrer Brust erreicht/ Die haben auch dein Hertz/ Hochtraurende/ bestritten/ Und deine güldne Treu wird durch die Glut bewährt. Wenn jener Vater hat zu großes Leid erlitten/ Und drum ein schwartzes Tuch vor sein Gesicht begehrt: So nahm auch dein Gesicht vor allzu vielen Jammer/ Der Thränen Decke vor/ und weint in einer Kammer. Erbärmlichs Freuden-Thal! von Jammer schwangre Wiesen! Ihr Blätter/ die die Furcht an Bäumen zitternd macht! Ihr Auen/die die Fluth der Thränen soll befliessen/ Ihr Kräuter/ die itzt Gifft vor Artzeney gebracht! Verhüllet euren Schmuck/ legt eure Kräntze nieder/ Der May stell anderwerts sich mit Bezaubrung ein. In unser Hertz und Land kehrt itzt der Winter wieder. Die schönste Zeit des Jahrs muß uns die schlimste seyn/ Drum gehe Freuden-Thal berühmt von deinen Freuden. Und frage/ was du wirst hinführo müssen leiden? Ein Leiden/ ohne Zahl! O Wechsel aller Sachen! Fünf hundert Jahre sind/ da man dich hat erbaut/ Da Treu und Liebe dich zum steten Zeugen machen/ Daß Ludewig sein Hertz da wieder angeschaut. Vor Freuden wurdest du ein Freuden-Thal genennet. Und ietzo bist du noch der Gräfin Cammer Guth. Ach aber weist du nicht/ wer sich von Ihr getrennet? Aus Cammer/ Hoff und Arm/ die treue Liebes Glut. Drum heiße Thränen-Thal. Ihr Hertz wird nun vermieden/ Und Graf und Gräfin sind höchst-schmertzlich hier geschieden. Wenn von den Bergen wir nun dieses Thal erblicken: So komt uns Grauen/ Angst und bittres Klagen an. Doch wenn wir unten auf das Aug' ins Hohe schicken: So deucht uns/ sehen wir die Wort am Himmels-Plan: Armseelge/ die im Thal des vollen Unglücks schweben/ In tieffster Traurigkeit/ betrübt von Gott und Welt/ Nehmt dieses noch zum Trost: Gott und die Gräfin leben/ Die als Elisabeth 6 das Scepter klug erhält. Zwar last euch Traurens-voll bey diesen Sturm und Winden/ Doch unter unserm Schirm nicht in Verzweiflung finden. Wir wolten auch den Trost/ vor unsre Gräfin wissen/ Schweigt/ sprach der Himmel drauf/ es krönt ihr edles Blut/ Das einen Chur-Fürst kan als Anverwandten grüssen/ In diesem Creutze sich mit Himmel gleichen Muth. Die Sara von Gedult/ und Hanna in dem Beten/ Abigail im Geist/ und Ruth an Tugend ist/ Braucht nicht/ daß niedrige beym Himmel vertreten/ Mit Gottgelassenheit ist Sie schon ausgerüst. Sie wird des Grafens Heyl aus Liebe nicht beneiden/ Er flieht das Trauer-Thal/ und komt ins Schloß der Freuden. Gedult und Hoffnung hieß hier unsre Thränen stillen. Nun Hochgebohrnes Hauß/ der Himmel wolle dich Mit grauer Ewigkeit an Ruhm und Flohr erfüllen. In deinen Tugend Strohm ergieß das Glücke sich. Und wie dein Christen Muth dein schweres Creutz bezwinget/ So müssest du hinfort an hohen Wohlseyn blühn. Weil aber uns ein Thal des Elends noch umringet/ So laß auf uns das Heyl von deinen Bergen ziehn/ Und Wasser/ so dir Gott einst läst zum Trost geniessen/ Zu der Erqvickung auch auf trockne Thäler fliessen. Fußnoten 1 Die schwedischen und andere Unruhen/ waren theils noch im Lande/ theils im Gedächtnisse. 2 Als Anno 1240 Graff Ludwig von Gleichen/ aus dem Kriege der Saracenen mit einer/ auff Dispensation des Pabstes/ ihm vermählten vornehmen Türckischen Prinzeßin anlangete/ und ihn seine vorige Gemahlin/ eine Gräfin von Kefernburg/ dessen ohngeachtet/ liebreich in dieser Gegend empfieng/ soll zum Gedächtniß das Gebäude/ so an dem Schlosse Gleichen lieget/ aufgerichtet/ und Freuden-Thal genennet worden seyn. 3 Anno 1089. besaß das Schloß Gleichen der Thüringische Marggrasse Ecbert. 4 Daß Käyser Carl der große/ Gleichen zur Erb-Grafschafft gemacht/ videatur Mylerus in Arch. c. 8. n. 2. illustris Thomasius in annot. ad Monzambano. 5 Nach Absterben Graffen Hauß Ludwigs von Gleichen/ bekamen die tapffere Hn. Graffen von Hatsfeld/die Herrschafft Gleichen etc. etc. wie denn Mekhior und Hermann von Hatsfeld/ etc. Käyserl. Cämmerer/geheimer Rath/ General-Feld-Marschall/ wie auch Reichs Hoff-Rath und Obriste/ als Reichs-Grafen/dem Reichs-Tage beygewohnet. Reichs-Abschied zu Regenspurg 1654. 6 In Engelland.