Trauer-Ode Uber Sr. Königl. Maj. von Preussen Friederich des Ersten Absterben Als wir in vollem Glücke lebten/ Das Friedrichs Tugend uns gebahr; Als wir in tausend Aengsten schwebten/ Da unser König in Gefahr; Als wir mit Freuden hörten sagen: Die Kranckheit habe keine Noth: So hören wir den Donner schlagen/ Daß Friederich der Erste todt. Wie wenn in sechs und zwantzig Jahren Ein Land in klarer Sonnen sitzt; Kein feindlich Wetter recht erfahren; Und denn mit eins der Himmel blitzt: So wird ein gantzes Reich erzittern/ Da dieser hohe Fall erklingt: Weil es das gröste von Gewittern/ Das Preussen in die Seele dringt. Je mehr wir unser Wohl ergründen/ Das aus des Königs Liebe floß/ In welcher nie ein Grund zu finden: Je mehr bricht unser Schmertzen loß. Ihr Zeiten seyd zu gut gewesen/ Als daß die Nach-Welt unsre Lust/ Soll sonder unsern Jammer lesen/ Der uns durch Seinen Todt bewust. Entkleidet euch/ belaubten Bäume! Grün trauret nicht der Preussen Land. Ihr Schätze der Natur seyd Träume Vor unsern unglückseelgen Stand. Der Himmel läßt den Frühling werden; Uns wird das Hertz vor Schrecken kalt. Die rauhe Zeit muß von der Erden/ Und nimt in uns den Aufenthalt. Die Posten fliegen hin und wieder/ Und legen durch ein schwartzes Blat Der grösten Fürsten Hertzen nieder/ Weil Friedrich sich geleget hat. Welch klagen schallet auf der Höhe! Das Seuffzen dringt durch jedes Thal. Von Preussens-Wonne/ Preussens-Wehe Gehn die Concerten allzumahl. Wie traurig klingen doch die Glocken! Wer fürchtet nicht den herben Thon/ Dadurch ein gantzes Reich erschrocken? Diß Ertz klagt allenthalben schon. Die Lufft muß unser Leiden sagen. Man wird kein Jahr an diß Metall/ Doch länger an die Hertzen schlagen/ Ob unsers theuren Königs-Fall. Des Hofes Seele wird gerühret/ Der Friedrichs Tugend hat gekennt. Der Friedrichs Gnade hat verspüret/ Der noch vor Ihn von Liebe brennt. Die Großen klagen in die Wette. Berlin dringt mit Gewalt zur Bahr/ Und sieht auf seinem Purpur-Bette Noch einst/ was sein Vergnügen war. Der Unterthan kan nichts mehr sprechen; Die Angst redt immer einerley. Nur diß muß aus der Seelen brechen: Daß Friederich gestorben sey. Genug gesagt/ sich zu betrüben: Ihr König/ der ihr aller Hertz Und Vater biß ins Grab geblieben/ Ist auch im Todt ihr aller Schmertz. Ihr Lebenden mögt immer weinen/ Beweint ein unvergleichlich Gut. Denn solt' ein Todten-Heer erscheinen/ Das dreysig Jahr im Sande ruht/ Es würde mit Verwundrung sehen Berlin in Pracht/ und Hall im Flor/ Sein Reich vermehrt/ und denn gestehen: Dein Fürst gieng allen Fürsten vor. Ihr Musen legt den Lorber nieder/ Cypressen stehn euch besser an. Singt bey dem Sarge Schwanen Lieder/ Um euren König ists gethan. Fridriciana geht im Leide/ Weil sie den Stiffter nun verliehrt/ Der sie mit Purpur und Geschmeide Vor allen Weißheits Töchtern ziert. Die Danckbarkeit fließt aus den Augen In aller Wissenschafften Mund/ Der muß das Saltz der Thränen saugen/ Und machet nichts als Leiden kund. Diß Klagen soll die Nach-Welt lesen/ Doch sonder eitler Worte Schein: Ein König/ der so fromm gewesen/ Will fromm von uns betrauret seyn. Der Tag/ der Ihn zur Welt gebohren/ War groß in der Zufriedenheit Der Tag/ der Ihn zur Chur erkohren/ War noch von mehrer Herrlichkeit. Doch dieser Tag/ der uns das Leben Zu eben dieser Zeit verliehn/ 1 Da es der Himmel Ihm gegeben/ Ist allen Tagen vorzuziehn. Wenn andre dieses Fest begehen In eitler Lust/ und bloßer Pracht/ War hier der Weißheit Pomp zu sehen/ Die allen Glantz zu nichte macht. Da hat ein Friedrich triumphiret/ So herrlich leicht kein Fürst gethan; Und weil die Welt die Tugend zieret/ Steht Sein Gedächtniß oben an. Wer feyrt der Todten Lebens-Tage? Weil dieser Tugend-Tempel prangt/ Weil hier nach Weißheit eine Frage/ Wo man sie mehr als sonst erlangt/ Wird man in Reden und in Schrifften So einer unschätzbaren That/ Dem Tag' ein Ehren Denckmahl stifften/ Da Friedrich uns geliebet hat./ Fridriciana ward gebohren/ Da man der Musen sonst vergißt/ So daß die Zeit/ die sie erkohren/ Höchst rühmlich vor den Stifter ist. Die Weißheit bildet man in Wassen 2 Sein Heer zog damahls in das Feld/ So hat er dieses Kind erschaffen Im Harnisch als ein weiser Held. So kondten wir glückseelig schauen Die Feinde fern von uns bekrigt/ Den Hahn in unsers Adlers Klauen/ Der/ wenn er über ihn gesiegt/ Mit Palmen kam zurück gezogen. Uns aber sind in stoltzer Ruh Nur holde Tauben zugeflogen/ Die brachten uns den Oelzweig zu. So hoch hat Friedrich uns beglücket. Ein danckbahr Hertz vergißt es nicht. Das gantze Reich ist noch entzücket/ Wenn es von diesem Fürsten spricht. Verfolgte/ die Er hat geschützet/ Die rühmen Preussens Canaan/ So daß Sein Denckmahl unterstützet/ Was lebt/ und ewig leben kan. Um Sein so Königlich bezeigen/ Da Gott voraus an Ihm gekandt/ Ließ Er Ihn wunderbahrlich steigen: Ihm ward das Erb-Recht zugewandt. Diß Glück war groß/ für Ihn zuwenig. Als Chur-Fürst saß Er auf dem Thron. Und endlich herrschte der als König/ Der in der Weißheit Salomon. Die Welt muß zu den Wundern zehlen/ 3 Sein selbst gepflantztes Königreich. Gott/ der die Crone seiner Seelen/ Der krönt und salbet Ihn zugleich. Die Fürsten hatt' Er sich verbunden/ Daß sie durch Sein Verdienst gerührt/ Aus Lieb' Ihm freudig zugestunden/ Was Seiner Tugend längst gebührt. 4 Was kan wohl mehr gesaget werden: Als daß Ihn alle Welt geliebt? Durch Liebe that Er mehr auf Erden/ Als andre durch ein Heer verübt. Und wenn man in den schwersten Dingen Zum öftern an zu zweifeln fieng/ Half Ihm die Gottesfurcht vollbringen/ Was über Menschen Kräfte gieng. Ihr Großen/ diese Kunst zu lernen/ Wie Euer Scepter glücklich sey/ So wachet bey dem Glantz der Sternen/ Eh noch die Morgen-Röth herbey/ Daß Ihr ins Cabinet Euch schliesset/ Und da in tiefster Niedrigkeit In heissen Thränen fast zerfliesset Um Eures Landes Sicherheit. Denn so hats Friedrich angefangen. Aurora stund so früh nicht auf/ Als Ihm die Thränen auf den Wangen. 5 Des Himmels-Seegen folgte drauf. Ihm ward auf Lebens-lang beschieden/ Was eines frommen Fürsten Lust: Das Reich bekam den güldnen Frieden/ Den Himmlischen des Königs-Brust. Kein Herr hat iemahls größre Gaben/ Kein Herr hat ein vollkommner Lob/ Als unser weiser Held muß haben. Doch wenn Ihn alles nun erhob/ Wenn aus dem allerbesten Grunde Sein hoher Ruhm: so hörten wir Die Demuth aus dem Königs-Munde: Mein Ruhm ist immer/ Gott von dir. 6 Nun dieser Ruhm wird vor uns bleiben: Die Ehrfurcht schweigt/ o König still/ Weil ihn kein Redner kan beschreiben, Wenn er Dich würdig preisen will. Was Klugheit/ Helden Muth erworben/ Faßt ein Geschichts-Buch kaum in sich. Wie Du gelebt/ wie Du gestorben/ Das ist weit mehr/ als Königlich. Wenn wir nun höchst empfindlich weinen Um dein so gnädigs Vater Hertz: Muß uns durch dich ein Trost erscheinen; Du machst und linderst auch den Schmertz: Die Hand rührt ihre schwache Glieder/ Zeigt auf den Erben deiner Cron: Hier habt ihr einen Vater wieder 7 In meinem auserwehlten Sohn. So sprach dein gründliches Vertrauen. Nun Friedrich Wilhelm sey beglückt/ Der alle Tugend lässet schauen/ Die Helden Könige geschmückt. Gott wohnte Friedrichs seinen Wegen Mit großer Ehr und Gnade bey: Herr! gib durch deinen Wunder-Seegen/ Daß Friedrich Wilhelm grösser sey. Fußnoten 1 Es ist bekandt/ daß dieser Glorwürdigste Herr die Hochlöbl. Friedrichs-Universität an Dero Geburts-Tage gestiftet und derselben Einweihung 1694. in hoher Person beygewohnet. 2 die Weißheit wird in Harnisch abgebildet/ und auf Se. Kön. Maj gedeutet/ weil Sie damahls wieder Franckreich und den Türcken Krieg führten. 3 lettres Histor. T. 19. p. 5. und Mere. Hist. T. 30. p. 3. 4 die Gratulations- Schreiben der Könige/ Chur-Fürsten etc. in germani Senceri Hof- und Staats-Schreiben. 5 daß dieser unvergleichliche König bey anbrechenden Tage sich in sein Cabinet verschlossen/ und mit solcher Inbrünstigkeit gebetet/ daß Ihm die Thränen/wenn Er heraus gegangen/ auf den Wangen gestanden/ ist dem Hoffe gar bekandt. 6 Se Königl Maj. haben im 71. Psalm den 5/ und 6. Verß zu Ihrem Leichen-Text/ aus welchen so wohl/als aus Dero gantzen Leben die Gottseligkeit Ihres Hertzens zu erkennen. 7 welches Sie vor Ihrem Ende zu den Umstehenden gethan: in dem Ehren-Gedächtniß dieses glorwürd Königes p. 20.