6. F. v. B. Ein Quentchen Herz, ein Quentchen Hirn, Die schlanke Nase kühn gekurvt Und die gedankenhohle Stirn Gedankenvoll »gefaltenwurft«: So seh ich ihn, verblichnen Airs, Den alten, goldbebrillten Knaben – O, F.v.B., das Beste wär's, Du liessest endlich Dich begraben! Begnadge Feder und Papier Und ziehe endlich die Moral, Du siehst, ich mein es gut mit Dir Und bin wie immer radikal. Was hast Du um die Zeit der Noth Auch heut in dieser Welt zu suchen? Wir Dichter schrein nur noch nach Brot Und nicht wie Du nach Kaffeekuchen! Kein Mensch ist mehr zuleikatoll, Dein Bülbülschwindel ist verkracht, Und ein entsetzlich tiefer Groll Ist jählings mit uns aufgewacht. Drum gecke weiter, alter Geck, Und schwärme vom Medschidscheorden, Wir – schreiten über Dich hinweg, Denn anders ist die Welt geworden! Sie schwelgt nicht mehr »an Baches Strand« Und sucht verzückt das Blümlein »Blau«, Sie hat sich endlich selbst erkannt Und plant den grossen Zukunftsbau. Zum Factum macht sie die Idee Und lacht der Schwärmer hinterm Ofen – Was sollen ihr nun, F.v.B., Was sollen ihr nun Deine Strophen? Ein Musterstück für Versdressur, Ein farblos Nichts, das bunt lackirt, Vergleichbar einer Kinderuhr, Die »fingerdick mit Gold beschmiert« – So ungefähr als Mann von Fach Würd ich den Mischmasch kritisiren; Doch nein, auch das ist noch zu schwach, Dein Witz ist ledern zum Crepiren! Drum noch einmal: Streu Sand aufs Blatt Und schreibe endlich Punktum drauf! Wir sind den alten Krimskrams satt Und athmen täglich freier auf. Wir wünschen Dir, weil Du ergraut, Auch schliesslich noch ein langes Leben; Nur darfst Du nie, was Du verdaut, In Versen wieder von Dir geben! Denn traurig ist's mit anzuschaun, Wenn ein zerbrochner Hampelmann Noch immer thun will wie ein Faun Und doch nicht kann, o Gott, nicht kann! Dann zuckt's mir durch das Herz: Er weint! Gespenstisch däucht mir seine Glatze, Und wenn die Sonne drüber scheint, Verklärt sie golden – eine Fratze!