Hugo von Hofmannsthal Arabella Lyrische Komödie in drei Aufzügen Personen Personen. Graf Waldner, Rittmeister a.D. Adelaide, seine Frau. Arabella, Zdenka, ihre Töchter. Mandryka. Matteo, Jägeroffizier. Graf Elemer, Graf Dominik, Graf Lamoral, Verehrer der Arabella. Die Fiakermilli. Eine Kartenaufschlägerin. Welko, Leibhusar des Mandryka. Djura, Jankel, Diener des Mandryka. Ein Zimmerkellner. Begleiterin der Arabella. Drei Spieler. Ein Arzt. Groom. Fiaker, Ballgäste, Hotelgäste, Kellner. 1. Akt Erster Aufzug Salon in einem Wiener Stadthotel. Flügeltür in der Mitte. Rechts vorne ein Fenster, weiter rückwärts eine Tür. Links gleichfalls eine Tür. Der Salon ist reich und neu möbliert im Geschmack der 1860er Jahre. Adelaide mit der Kartenaufschlägerin an einem Tisch links. Zdenka in Knabenkleidern, rechts, beschäftigt auf einem andern Tischchen Papiere zu ordnen. Die Karten fallen besser als das letzte Mal. Das gebe Gott! Es klopft. Nur keine Störung jetzt! läuft an die Mitteltür. Man gibt ihr von draußen etwas herein. Mein Vater ist nicht hier, die Mutter hat Migräne! Kommen Sie später. – Es ist wieder eine Rechnung! abwinkend. Jetzt nicht! leg sie dorthin! Es liegen schon so viele da. Still, still! – Wie liegen unsre Karten? Die Sorge und die Ungeduld verzehren mich! über die Karten gebeugt. Beruhigen Sie sich. Die Erbschaft rückt schon näher – nur langsam! mit gerungenen Händen. Nein, wir können nicht mehr warten! Es gibt nur eine Hoffnung die baldige Vermählung meiner Arabella! Was sagen Ihre Karten, liebste Frau! Sie zeigen alles wie in einem Spiegel: Den Vater seh ich, Ihren Herrn Gemahl – o weh, die Sorge steht ihm nah – ganz finster ist's um ihn. Er kämpft, er spielt – o weh, und er verspielt schon wieder die große Summe. Heilige Mutter Gottes! Komm mir zu Hilfe durch mein schönes Kind! Um Gottes Willen, die Verlobung – ist sie nah? Unser Credit ist sehr im Wanken, liebste Frau! betrachtet lange die Karten. Da steht der Officier. Ein Officier? o weh! vor sich. Matteo! Nein! der ist der Eigentliche nicht! Das will ich hoffen! Von dort herüber kommt der fremde Herr, der Bräutigam. Die Brosche mit Smaragden ist Ihr Eigentum wenn Ihre Prophezeiung Wahrheit wird, in dieser Woche! langsam, wie das Schicksalsbuch entziffernd. Er kommt von weiter her. Ein Brief hat ihn gerufen. Von weiter her? Es ist Graf Elemer, kein Zweifel! Ich sehe einen großen Wald: dort kommt er her. Das ist er! Elemer! o wie Sie ihn beschreiben! Herrlich! – Doch warum zögert er? Die Zögerung kommt von ihr. jubelnd. Sie sehen durch die Menschen wie durch Glas! Das ist ihr namenloser Stolz. O Gott, erweiche ihren Stolz! Er ist so groß wie ihre Schönheit. Es klopft. Zdenka eilt an die Tür. Nein, jetzt ist es ganz unmöglich! Sie empfängt wieder eine Rechnung, die sie hinlegt. Was meinen Sie? was runzeln Sie die Stirn? über die Karten sinnend. Es drängt sich wer hinein zwischen die schöne Tochter und den reichen Herrn! Heilige Mutter Gottes, laß es nicht geschehen! über die Karten gebeugt. Wie? haben Euer Gnaden eine zweite Tochter? Das war mir nicht bekannt. Oh, das wird eine ernstliche Gefahr! leise. Leise! Sie rühren hier an ein Familiengeheimnis! Zdenka rechts, horcht herüber. Wo kommt das zweite Mädchen da auf einmal her? Sie bringt das Unheil über ihre Schwester! Um Himmelswillen, leise! über den Karten. Halten Sie die Schwestern auseinander! Sonst geht noch alles fehl! dicht bei ihr. Was ist es, das Sie sehen? Ich sehe einen großen Streit – Entzweiung – Der Bräutigam will fort! Es fallen fürchterliche Worte! fremde Leute hören zu! Du großer Gott im Himmel! Alles Übel kommt von der kleinen Blonden und dem Officier. kniet neben dem Tisch nieder. Ihr Engelscharen droben, hört das Flehen einer Mutter in ihrer Herzensangst! ängstlich. Mama! Zdenka! bleib still und kümmre dich um nichts was hier geschieht! Auf, leise; auf Zdenka deutend. Leise! sie ist es! Dort der junge Herr? Sie ist ein Mädchen. Weil sie wild war wie ein Bub hat man sie weiterhin als Buben laufen lassen. Wir sind nicht reich genug, in dieser Stadt zwei Mädchen standeswürdig auszuführen. – Allein sie liebt die ältre Schwester über alle Maßen, wie könnte sie ihr Böses tun? Die Karten lügen nicht. Da steht der Officier. Da steht das blonde Mädchen. Gezogne Säbel seh ich, und der Bräutigam zieht sich zurück. Die Karten warnen Sie! steht auf. Sie sind mein guter Engel! Hier ist mein Zimmer! Sie versuchen es noch einmal! Die Karten nehmen nichts zurück. Schnell, schnell! Ich fleh Sie an. Zieht sie ins Nebenzimmer rechts. nimmt die Rechnungen zur Hand, die sich angehäuft haben, sieht hinein. Sie wollen alle Geld! Sie drohn mit den Gerichten! Was? davon weiß ja ich gar nichts: sie schreiben: sie haben schon gehört daß wir verreisen wollen! Oh! dann ist alles aus! Dann seh ich ihn nie mehr! Sie läuft in ihrer Angst an die Tür links und horcht. Sie sagt: der Arabella droht etwas – von einem Officier. Er darf nicht mehr ins Haus, sagt die Mama, sie wird compromittiert von ihm. Nicht mehr ins Haus? O Gott – dann bringt er sich ja um – und alle wissen drum: es ist wegen ihr – und sie – dann endlich weiß sie, wie er sie geliebt hat! Geht weg von der Tür. Mein Gott, laß das nicht zu, daß wir verreisen müssen! Laß den Papa gewinnen! Laß in Goerz die Tante sterben! Mach daß die Bella den Matteo über alles liebt und daß er glücklich wird, und daß wir nicht mehr arm sind! Aufopfern will ich mich dafür – mein Leben lang in Bubenkleidern laufen und Verzicht auf alles tun! Es klopft. Sie geht an die Mitteltür. Indem wird die Tür von außen vorsichtig aufgemacht und Matteo tritt ein, in Jägeruniform, die Kappe in der Hand, aber ohne Säbel. erblaßt. Matteo! Zdenko! du! Bist du allein? leise, ängstlich. Da drin ist die Mama. Und Arabella? Sie ist spazieren auf dem Ring mit der Begleiterin. einen Schritt näher. Und nichts für mich? Kein Wort? kein Brief? Zdenka schüttelt traurig den Kopf. Und gestern abend? War sie in der Oper mit der Mama. eifersüchtig. Mit der Mama allein? zögernd. Ich glaub mit der Mama und den drei Grafen. Und nachmittag? zögernd, ängstlich. Sie kommen mit Schlitten und holen sie ab – ich soll auch mit: ein Chaperon muß doch dabei sein. tief getroffen. Dahin ist es gekommen zwischen mir und ihr! Hätt ich nicht dich, ich wüßte nicht einmal mehr was sie tut! Sie hat nichts mehr für mich als hie und da einen halb finstern halb zerstreuten Blick! Und doch hat sie dich lieb! Glaub mir! Ich weiß es, ich! aufleuchtend. Zdenko, mein einziger Freund! du weißt's? sie hat es dir gestanden? Du weißt: sie ist verschlossen wie das Grab, mit Worten sagt sie's nicht. Ich weiß es halt – und hat sie dir nicht vor drei Tagen den Brief geschrieben, über den du selig warst? O dreimal selig – wie vom Himmel war der Brief! Dann aber geht sie wieder kalt und fremd an mir vorbei! Wie soll ich das begreifen – und ertragen, Zdenko – wie? leise, wichtig. So ist ein Mädel. Geben will ein Mädel mehr und mehr – nur zeigen will sie nichts. Sie schämt sich halt so furchtbar. Wie du das weißt, du lieber Bub! So weißt du auch – Er faßt Zdenka am Arm, sie macht sich sogleich los. – was das für Stunden sind und was da für Gedanken Herrschaft haben über mich wenn sie so durch mich durchschaut wie durch leere Luft – und du mir nicht ein Zeichen bringst von dem ich wieder hoffen kann und leben! hastig. Gewiß. Ich bring dir wieder einen solchen Brief heut oder morgen! drängend. Heute noch! Du bist mein einziger Freund! Gib mir dein Manneswort – auf dich verlaß ich mich! Und wenn ich mich auf dich nicht mehr verlassen könnte dann käme etwas andres! angstvoll. Was? was käme dann, Matteo? sehr finster. Dann stünd ich morgen beim Rapport und bäte um Versetzung nach Galizien. Und wenn mir das nichts hilft und ich auch dort die Arabella nicht vergessen kann – dann gibts halt einen Ausweg: den Revolver. Mein Gott im Himmel! Denk daran, wie du mir hilfst! Er eilt weg. fast sinnlos vor Aufregung und Angst zwischen so vielen Gefahren und Schwierigkeiten. Ihm helfen – o mein Gott! und mir! wer hilft denn mir! Die Wörter hätt ich wohl in mir für hundert solche Briefe – und auch die Schrift die treff ich ja im Schlaf – was aber hilft ihm denn der Brief, wenn ich für sie die zärtlichen verliebten Wörter schreibe! Die Wörter muß ich finden die ins Herz ihr gehn daß sie erkennt den Einzigen der es verdient von ihr geliebt zu sein – Das ist das Schwerere und wenn's mir nicht gelingt – hab ich verspielt. ist von rechts eingetreten, in Hut, Schleier und Pelzjacke, hinter ihr die Begleiterin. Ich danke, Fräulein. Holen Sie mich morgen um die gleiche Zeit, für heute brauch ich sie nicht mehr. Adieu. Begleiterin geht ab. legt den Hut und die Jacke ab. Sie sieht die Rosen, die auf einem Guéridon stehen. Die schönen Rosen! Hat die ein Husar gebracht? Sie nimmt die Rosen. Wie? ein Husar? Der Leibhusar von einem fremden Reisenden! Nein. Sie sind von Matteo. ARABELLA legt die Rosen schnell weg – Zdenka tut sie wieder in die Vase. sanft. So gehst du mit seinen Blumen um! Und trotzdem bringt er neue jeden Tag. kurz. Ah, laß! – Und dort das andere Bukett? Vom Elemer. Und da Parfum vom Dominik, und Spitzen vom Lamoral. spöttisch. Die drei! Verlumpen Geld zu dritt, verlieben sich zu dritt ins gleiche Mädel – am End verloben sie sich auch noch alle drei mit mir! Nichts wert sind sie – und etwas wert ist nur der eine – der! Sie hält ihr Matteos Rosen entgegen. Ah, laß! Die drei sind lustiger und haben mehr in sich. vorwurfsvoll. Kannst du das sagen! Mehr in sich als der Matteo! Er liebt dich doch aus seiner ganzen Seele, aus seinem ganzen Herzen – spöttisch. und aus allen seinen Kräften! Nur sind die Kräfte halt nicht groß! heftig. Versündig dich nur nicht! Du hast ihn lieb gehabt! Vielleicht! Gehabt! So ists vorbei: du sagst es selbst. Gib acht daß er dich das aussprechen hört! Es wär sein Tod. leichthin. Mannsbilder sterben nicht so schnell! heftiger. Es wär sein Tod! anbeten tut er dich! sieht sie an. Zdenkerl, du hast schon ganz den exaltierten Ton von der Mama! Paß auf auf dich! Weils mir das Herz umdreht, wie ich ihn leiden seh! ohne sie anzusehen. Bist du verliebt in ihn? stampft auf. Sein Freund bin ich! Sein einziger Freund auf dieser Welt! sieht sie wieder aufmerksam an. Zdenkerl, in dir steckt was Gefährliches seit letzter Zeit. Mir scheint, Zeit wärs, daß du ein Mädel wirst vor aller Welt und daß die Maskerad ein End hat. Ich bleib ein Bub bis an mein End. Ich will nicht eine Frau sein – so eine wie du bist. Stolz und coquett, und kalt dabei! Du, du! Mir scheint es ist sogar die höchste Zeit! heftig. Zeit wärs daß du das einzige Herz, das deiner wert ist, nicht unter deine Füße trittst! sehr ernst. Er ist der Richtige nicht für mich! Er ist kein ganzer Mann. Ich könnt mich halt vor ihm nicht fürchten. Wer das nicht ist, der hat bei mir verspielt! Wie eine Hexe redest du! sie hat sich gesetzt. Ich red im Ernst, ich red die Wahrheit jetzt zu dir! Ich kann ja nicht dafür, daß ich so bin. Ein Mann wird mir gar schnell recht viel und wieder schnell ist er schon gar nichts mehr für mich! Da drin im Kopf geschiehts, und schnell, ich weiß nicht wie! Es fangt zu fragen an, und auf die Fragen find ich die Antwort nicht, bei Tag und nicht bei Nacht. Ganz ohne meinen Willen dreht sich dann mein Herz und dreht sich los von ihm. Ich kann ja nichts dafür – aber der Richtige – wenns einen gibt für mich auf dieser Welt – der wird auf einmal dastehen, da vor mir und wird mich anschaun und ich ihn und keine Zweifel werden sein und keine Fragen und selig werd ich sein und ihm gehorsam wie ein Kind. nach einer kleinen Pause, sie liebevoll ansehend. Ich weiß nicht wie du bist, ich weiß nicht ob du Recht hast – dazu hab ich dich viel zu lieb! Ich will nur daß du glücklich wirst – mit einem ders verdient! und helfen will ich dir dazu. Noch inniger, mehr für sich, und zugleich mit Arabella. So hat ja die Prophetin es gesehn: sie ganz im Licht und ich hinab ins Dunkel. Sie ist so schön und lieb, – ich werde gehn und noch im Gehn werd ich dich segnen, meine Schwester. für sich und zugleich mit Zdenka. Der Richtige, wenns einen gibt für mich, der wird mich anschaun und ich ihn und keine Zweifel werden sein und keine Fragen, und selig werd ich sein und ihm gehorsam wie ein Kind! Man hört die Glöckchen eines Schlittens. Das ist der Schlitten vom Elemer. Ich kenn die Schellen. wieder ganz leicht und munter. Und hinter ihm kommt dann der Dominik gefahren und hinter dem der Lamoral. So treiben sie's. Und ich – ich treibs halt mit – weil halt nur einmal Fasching ist. Nein: heute kommt der Elemer allein. Das ist so zwischen ihnen abgemacht. Freust du dich? Nein! Er kann der Richtige nicht sein! Nein, nein, das darf nicht sein! Ich weiß ja nicht! Ein Mann, das ist er wohl. Vielleicht zu viel ein Mann. Ein wilder zorniger Mann – kann sein, ich muß ihn nehmen! Sie steht nachdenklich. Mein Gott, dann bringt sich der Matteo um Visionär. Ich klopf an seine Tür, er gibt nicht Antwort. Ich werf mich über ihn – ich küß zum ersten Mal seine eiskalten Lippen! dann ist alles aus. für sich, ohne auf Zdenka zu achten. Kann sein, ich muß. Es wird mir schon ein Zeichen kommen! Heut abend ist der Fasching aus. Heut abend muß ich mich entscheiden. Zdenkerl, was schaust du denn so traurig drein? Ich weiß ja doch, die Eltern zittern drauf mich los zu sein. Und ich, ich kann doch nicht wenn mich nicht alles stoßt und drängt und hinwirft zu dem einen! Siehst du – da war ein fremder Mensch heut vormittag – Sie geht gegen das Fenster. wie ich hier aus dem Haus gegangen bin, dort drüben war er, an der Ecke, groß, in einem Reisepelz, und hinter ihm ein Leibhusar – ein Fremder halt aus Ungarn oder aus der Wallachei ... Der hat mich angeschaut mit großen ernsten festen Augen, dann hat er was gesagt zu seinem Diener. Ich hätt geschworen drauf, daß er mir Blumen schickt. Blumen von dem, das wäre heute mehr für mich als alles! Die täte ich mir in mein Zimmer nehmen und wenn ich heimkäm in der Nacht vom Ball fänd ich sie wieder, und ich ließ sie nicht verblühn – als bis er selber käme! Laß mich nur das sind so Phantasien – schau mich doch nicht so ängstlich an! reißt die Rosen von Matteo aus der Vase, hält sie ihr leidenschaftlich hin. Nimm die! sie kommen von dem treuesten Menschen auf der Welt! Nimm sie zu dir, ganz nah zu dir, nimm keine anderen als die! Ich fühls: dein und mein Schicksal hängt daran! Die Glöckchen des Schlittens stärker. verwundert. Was hast du denn? was ist denn los mit dir? Sei still! da kommt der Elemer. Die Mitteltür geht auf, Elemer steht in der Tür, wirft den Pelz ab, den er umhängen hat, ein Groom fängt den Pelz auf, schließt von außen die Tür. Zdenka ist schnell und leise rechts abgegangen. So triumphierend treten Sie herein? Heut ist mein Tag! so haben wir gelost. Anspannen lassen hab ich meine Russen denn heute darf ich Sie in meinem Schlitten führen, und abends dann auf dem Fiakerball bin ich Ihr Herr! Arabella runzelt die Stirn. Ich meine: ich Ihr erster Knecht denn Sie sind immerdar die Königin! Ihr habt um mich gelost! Ihr seid mir schon die Rechten! Ja, einer von uns dreien muß es sein, den Sie erwählen! So ist's beschlossen und beschworen unter uns. Ah? einer von euch dreien muß es sein? Und ich? ich bin die Sklavin über die ihr schon das Los geworfen habt? In welchem Krieg habt ihr mich denn erbeutet wenn ich fragen darf? Zum Preis hat Sie sich selber eingesetzt mit Ihren Blicken hat Sie uns gefordert, Ihr zu stehn: Ein Mädchenblick ist stark und gibt und nimmt – und er verheißt noch mehr! für sich. Mit wie ganz andern Augen hat mich heute einer angeschaut! Sie sieht ihn fest an. Ja, – Sie verlangen – und Sie wollen – und Sie lieben auch – vielleicht! Vielleicht? das Wort da wagen Sie zu sagen – mir – nach diesen Wochen –? Er packt sie zornig beim Handgelenk. sie macht sich los und geht ein paar Schritte von ihm weg. Ich aber habe meinen Stolz und könnte Vieles nicht verzeihn! Und eine Fessel tragen will ich nicht! Ihr Stolz verlangt nur eines: sich zu schmiegen unter eine Manneshand! Verlangt er das? Dann sollt ich zornig sein auf euch daß ihr mir jetzt den Hof macht einen Fasching lang – und immer noch habt ihr mir nicht das Herz erlöst von diesem Stolz – und habt mir noch nichts Besseres geschenkt – und immer bin ich noch die Gleiche die ich war, und dieses einzige bittersüße Glück das einem Mädel bleibt, das kost ich aus: versteckt und in der Schwebe sein, und keinem ganz sich geben! und zögern noch und noch – Vielleicht wird aber bald was Andres kommen, Elemer. Mit einem süßen Lächeln. Wer weiß – vielleicht sehr bald, vielleicht noch diese Nacht! Das Andere wird kommen in der Stunde die ich herab vom Himmel flehe, Bella – wo Sie abwerfen diese feigen zaudernden Bedenken und das sein wollen was Sie sind, das herrlichste Geschöpf geschaffen Seligkeit zu bringen über mich, allein auf dieser Welt! Hören Sie meine Pferde? Wie sie stampfen und ihre Glocken schütteln? Wie sie läuten: Du willst ja! Komm! dann sausen wir mit dir dahin! Nachdenken ist der Tod! im Nicht-bedenken liegt das Glück! Sind es die Russen? schütteln sie sich schon vor Ungeduld? Ja, ja! Ich will. Heut ist doch Faschingdienstag und heut um Mitternacht ist alles aus. Die Hauptallee hinunter – daß der Atem mir vergeht. Aber Zdenko fahrt mit uns. zornig, unglücklich. Kein Wort, kein Wort soll ich zu Ihnen reden dürfen? In mir sind Worte, brennende, für Sie allein bestimmt! und sonst für keines Menschen Ohr! bestimmt. Der Bub kommt mit. Sie Grausame! In einer halben Stunde bin ich unten mit ihm, solange müssen sich die Russen gedulden! Ihn verabschiedend. Auf Wiedersehn! Sie sind ein angebetetes Geschöpf ein unbegreifliches! ein grausames! entzückendes! Er geht. tritt rechts herein. Hast du ihn fortgeschickt? Wir fahren aus mit ihm. Schnell zieh dich an. Im Schlitten. Dazu brauchst du mich? Ja, dazu brauch ich dich. Der Schlitten unten lebhafter. Schau doch die schönen Rappen, wie sie ungeduldig sind. Mit plötzlich veränderter Stimme rufend. Zdenka! Was ist denn? was erschrickst du so? Er! das ist er! er! mein Fremder! da! dort drüben geht er! mit seinem Diener. Sicher will er wissen, wo ich wohn'. Paß auf, jetzt sucht er, welches meine Fenster sind. Schau seine Augen an, was das für große ernste Augen sind – hinter ihr. Wie soll ich seine Augen sehn, er schaut ja nicht herauf! wartet. Nein, er schaut nicht herauf Wendet sich ins Zimmer. Er geht vorüber. Anderswo erwartet ihn halt eine andre Frau – Die haß ich jetzt! Und wünsch ihr alles Böse auf der Welt! Und heut am Abend hast du sie vergessen – und ihn auch. Du hast so deine Phantasien. steht finster. nähert sich ihr. Die Männer sind's allein, die wählen dürfen, und wir, wir müssen warten bis man uns erwählt oder wir sind verloren. Sie drückt ihren Kopf an Arabellas Schulter. Du Weisheit! Zdenka hebt den Kopf. Laß dich anschaun! Deine Augen sind ja voll Wasser! Zdenkerl, sag was ist mit dir? Man hört die Schlittenglocken. macht sich los. Gar nichts. So willst du fahren mit dem Elemer? Ja, ja. Geh. Zieh dich an. Du fahrst mit uns. Ich wills. Pst, die Mama. Adelaide ist links herausgetreten, horchend: sie hat Waldner kommen gehört. Waldner kommt im gleichen Augenblick durch die Mitteltür, gut angezogen, Stadtpelz und Cylinder, Stock, Handschuhe. Er sieht elegant, aber ermüdet und übernächtig aus, geht durchs Zimmer, als sehe er die andern nicht und läßt sich in einem Fauteuil vorne rechts nieder. Laßt uns allein, meine Kinder. Euer Vater hat Sorgen. Arabella geht links rückwärts ab. Zdenka rechts rückwärts. WALDNER steht auf, legt ab – hinter einem Paravent – legt den Cylinder auf den Tisch. Er sieht die Couverts mit den Rechnungen, betrachtet sie mechanisch, reißt ein Couvert auf, dann das nächste. Nichts als das Zeug da? und von niemand sonst ein Brief? Du hast gespielt? Du hast verloren, Theodor? Waldner schweigt. Du hast an deine Regimentscameraden geschrieben? Von keinem eine Antwort! das ist hart. Wirft sich auf den Fauteuil; vor sich hin, halb zu Adelaide. Da war ein gewisser Mandryka der war steinreich und ein Phantast dazu. Für ein Mädel hat der einmal die Straßen von Verona bestreuen lassen mit dreitausend Scheffeln Salz weil sie hat Schlitten fahren wollen mitten im August! Ich hab an seine Großmut appelliert – und hab von der Bella ein Bild hineingelegt – in dem stahlblauen Ballkleid mit Schwanenbesatz – Ich hab mir gedacht: vielleicht kommt er daher, ein Narr wie er ist, und heirat das Mädel! O Gott mein schönes Kind mit einem alten Mann! heftig. Es muß ein solider Bewerber daher und ein End mit der ewigen Hofmacherei die zu nichts führt! Ich weiß sonst keinen Ausweg! Er ist aufgestanden – geht im Zimmer umher. mit plötzlicher Ekstase. Fort mit uns! Zur Tante Jadwiga! Sie nimmt uns auf auf ihre Schlösser! Du wirst Verwalter ich führe der Tante das Haus. Und die Mädeln? Zdenka wird groom für ewige Zeiten – wir sind nicht in der Lage zwei Töchter zu erhalten! Und Arabella – ihr ist prophezeit sie macht ihr Glück durch eine große Heirat! grimmig. Inzwischen ist der letzte Fünfziger dahin! Sei ruhig, Theodor, mir sind im Traum drei Nummern erschienen! Unfehlbare herrliche Zahlen! Ah, Geschwätz! Versetz die Smaragdbrosch und gib mir das Geld! Was? du hast sie nicht mehr? versetzt? verpfändet? Schon vorige Woche. Sie war das Letzte. Und heut hätt ich Glück! Ich spürs in jedem Finger! Du unglückselige Person! Im Herumgehen sieht er die Kartons. Was sind das da für Sachen? hat schnell die Kartons geöffnet. Bonbons vom Dominik! Parfum vom Elemer! Spitzen vom Lamoral! So voller Attentionen sind die jungen Herrn! tritt näher. Spitzen? wo sind die Spitzen? Da: point d'Alençon. Geh aus, sofort und schau wie du sie möglichst gut verkaufst. Die Spitzen, die dem Kind gehören? A tempo! fix! Ich hab nicht einen Gulden mehr im Sack! O dieses Wien! Sie nimmt das Päckchen Spitzen zu sich. Allein so hab ichs oft geträumt! Aus tiefster Schmach hebts uns einmal empor zu höchster Höhe durch die Hand der Schönheit. winkt ihr heftig ab. sich zurückziehend, links vorne, zwischen Tür und Angel in Ekstase. Hats denn vielleicht im Allerhöchsten Erzhaus noch keine Liebesheiraten gegeben? Sie geht ab. wieder zu den Rechnungen zurück, liest die erste. »Bin ich nicht in der Lage, länger zu warten!« Nimmt die zweite. »Müßte ich die Gerichte in Anspruch nehmen ...« Arme Frau! arme Mädeln! Er läutet am Glockenzug indem er hinter sich greift. Zimmerkellner tritt ein. Cognac! Auf Nummer 8 darf ich nichts mehr servieren! Außer wünschen sofort zu bezahlen! Verschwinden Sie. Ich brauche nichts. Auf und nieder. Jetzt setzen sie sich hin und fangen wieder an zu spielen, und alles Andre ist verlorene Zeit! eintretend mit einem Tablett. Ein Herr! Sie sagen: ich bin ausgegangen. Das Zeug dorthin! legt an die von Waldner angegebene Stelle eine Karte und geht ab. sieht hin. Das ist ja keine Rechnung. Melden sich die Lieferanten jetzt schon mit Visitenkarten an? Er geht hin, nimmt die Karte in die Hand, freudig überrascht. Mandryka! Traut seinen Augen nicht. Der reiche Kerl! mein bester Freund im Regiment! an der Tür. Der Herr fragt dringend an. Ich lasse bitten! Dem Eintretenden mit offenen Armen entgegen. Tschau, Camerad! Mandryka, großer, sehr kräftiger, eleganter Mann von höchstens fünfunddreißig Jahren, etwas undefinierbar Ländliches in der Erscheinung: sehr gut angezogen, ohne jede provinzielle Eleganz. Welko, hinter Mandryka eintretend, bleibt in der Tür stehen. perplex, tritt zurück. Ah so! Mit wem hab ich die Ehre? Hab ich die Ehre mit dem Rittmeister Graf Waldner? Waldner, so heiß ich. Rittmeister nicht mehr. Mandryka streckt seine rechte Hand nach hinten. Welko, unter Verneigung, gibt ihm einen Brief in die Hand. mit dem Brief auf Waldner zutretend. Sind Sie, Herr Graf, der Schreiber dieses Briefes? nimmt den Brief, der zerknittert ist und voll Blutflecken. sehr leicht und munter und sehr artig. Er ist ein bißl blutig worden, und nicht mehr leserlich. Ich bin den Tag, wo er mir zugekommen ist, auf eine alte Bärin gegangen, sie hat mich angenommen und ein bißl gekratzt – dabei ist das passiert. indem er ihm den Brief zurückgibt, nachdem er einen Blick darauf geworfen hat. Geschrieben hab ich allerdings an einen Herren Ihres Namens – er war mein Freund und Regimentscamerad. Das war mein Onkel. Er ist tot. Ich bin der einzige Mandryka. Somit verzeihen Sie, daß ich den Brief zu öffnen mir gestattete. – Jetzt kommt's auf eines an: Welko, das Bild! indem er eine Photographie überreicht. Es ist in Ordnung, Gospodar. Die schöne Fräulein mit dem Gesicht wohnt hier. die Photographie in der Hand. Herr Graf, Sie haben Ihrem werten Brief, der cameradschaftlich an meinen Onkel gerichtet war, Sie haben dieses Damenbildnis beigelegt. leicht hinsehend, ganz ohne Wichtigkeit. Ah ja! die Photographie meiner Tochter Arabella! mit merklicher Aufregung, aber ohne die Haltung zu verlieren. Die gnädige Tochter ist unvermählt –? nickt. Noch unvermählt. – und derzeit nicht verlobt? Derzeit noch nicht. sehr ernst, beinahe feierlich. Dann bitte ich um ein Gespräch von fünf Minuten. Welko rückt schnell zwei Fauteuils einander gegenüber, zieht sich dann zurück. Waldner und Mandryka setzen sich. Eine kleine Pause der Verlegenheit bei Mandryka, der Spannung bei Waldner. Darf ich so unbeschieden sein und eine Frage stellen? Du bist der Neffe – und Erbe meines teuren Cameraden. Verfüge über mich! Ich danke sehr – Er überlegt einen Moment. Als in dem Brief an meinen seligen Onkel Das reizende Porträt des Fräulein Tochter hineingeschlossen wurde, darf ich annehmen, daß da eine Absicht im Spiele war? – Ich bitte um Vergebung. vorsichtig. Mein Gott, ich hab mir halt gedacht ich mach dem Alten damit ein Spaß! sehr aufmerksam, bestrebt, jedes Wort Waldners nach seinem vollen Gewicht zu erfassen. Dem Onkel einen Spaß? – Wenn aber das die Folge wär gewesen: daß mein Herr Onkel, der ein ganzer Mann war und in den besten Jahren, sich hätte in die Schönheit des Porträts verliebt und wär getreten hier vor Ihnen, hochgeborner Herr, so als ein offenherziger Edelmann vor einen andern, und hätt gesagt: »Wer das Gesicht gesehen hat und tritt nicht als Bewerber auf verdient nicht, daß ihn Gott auf dieser Erde leben läßt: So gib das Mädel mir zur Frau und Herrin!« Was wäre dann gewesen? Gesetzt den Fall, er hätte so gesagt! Dann hätten wir uns in einer unerwarteten Situation befunden. steht auf, sehr aufgeregt aber beherrscht. Der Onkel ist dahin. Heut bin ich der Mandryka, niemand sonst. Mein sind die Wälder, meine sind die Dörfer. Viertausend Untertanen beten daß ich glücklich sei – Und ich, mit aufgehobenen Händen bitte ich: Herr Vater, geben mir die gnädige Tochter, Geben mir sie zur Frau, die jetzt seit vierzehn Wochen Jeden Gedanken hier in dieser Brust regiert. schweigt vor Staunen. sehr ernst. Ich bin Witwer. Wird sich da die gnädige Tochter schrecken? Meine Maria war zu gut für mich! Zwei Jahre nur ist sie bei mir geblieben. Waldner bittet ihn durch Gebärden, sich wieder zu setzen. Ihr Zögern ist kein Todesurteil? Nein? Waldner schüttelt den Kopf. Ich darf sie sehn? Waldner nickt. Bedenken: dieser Brief kommt an, und in der gleichen Stunde Nimmt mich die alte Bärin in die Arme Und drückt mir vier von meinen Rippen ein. Zwölf Wochen bin ich so im Bett gelegen – Vor meinen Augen dieses Bild – und ein Gedanken immer stärker Bis er die Seele mir herausgezogen hat! Ganz naiv, ohne alle Prahlerei. Kommen meine Verwalter: Was ists mit unserm Herrn? Kommen die von den Meierhöfen: Was ists mit unserm Herrn? Kommen die von den Fohlenhöfen: Freut unsern Herrn kein Pferd mehr? Kommen meine Förster: Freut unsern Herrn kein Jagen? Ich geb ihnen keine Antwort. Welko! Ruf ich, Hol mir den Juden, na! Wie heißt der Jud in Sissek, Der meinen Wald will kaufen? dort den Eichwald! Schnell her mit ihm, und er soll Geld mitbringen denn morgen fahr ich in dem Kaiser seine Hauptstadt da kostet Geld ein jeder Atemzug und Hindernisse darfs nicht geben auf der Brautfahrt! Er zieht ein großes, aber elegantes Portefeuille hervor; es enthält, lose hineingelegt, einen dicken Pack Tausendguldennoten. Das ist der Wald. – Es war ein schöner Wald: Einsiedler waren drin, Zigeuner waren drin und alte Hirschen und Kohlenmeiler haben viele drin geraucht – Hat sich alles in die paar Fetzen Papier verwandelt! Aber es stehen Eichenwälder genug noch auf meinem Boden für Kinder und für Enkel – Gott erhalte! – Verzeih'n um Gotteswillen daß ich da von solchen Sachen rede! Ist ganz, ich weiß nicht wie, gescheh'n! Er will das Portefeuille einstecken. hindert ihn daran durch eine unwillkürliche Bewegung. Oho! ich find es ungeheuer interessant! Wenn man bedenkt: ein Wald – Einsiedler waren drin Zigeuner waren drin und alte Hirschen und auf eins zwei – ein solches Portefeuille! Ich hab seit vielen Jahren so was nicht gesehn! Er starrt fasciniert auf das Portefeuille. hält ihm's hin, sehr leicht und liebenswürdig. Darf ich vielleicht? brauchst du vielleicht? so für den Augenblick? Du tust mir eine Gnad! Teschek, bedien dich! nach kurzem Zögern, nimmt eine Tausendguldennote. Mein Bankier ist nur verreist! Ich geb es dir heut abend spätestens zurück! hält das Portefeuille nochmals hin, sehr herzlich. Nicht mehr? Ich bitte vielmals! Aber doch! Teschek, bedien dich! Waldner nimmt eine zweite Note und steckt sie mit nonchalance zu der ersten in die Westentasche. Mandryka läßt das Portefeuille in seine Brusttasche gleiten. Eine leichte Pause der Verlegenheit. Und wann wird's dir genehm sein mich deiner Gräfin vorzustellen – und dann der gnädgen Tochter? Sie sind gleich da im Nebenzimmer. steht auf, wirklich erschrocken. steht gleichfalls auf. Willst du sie sehn? Ich ruf' – ich stell dich vor. Jetzt? so? Ich bitte: nein! auf keinen Fall! So schüchtern war der Onkel nicht! sehr ernst. Das ist ein Fall von anderer Art. Es handelt sich für mich um etwas Heiliges. Ganz wie du willst. in verändertem Ton. Ich werde mich hier im Hause einlogieren und den Befehl abwarten deiner Gräfin wann ich mich präsentieren darf am Nachmittag oder am Abend – oder wann es wird belieben. Verneigt sich, Waldner reicht ihm die Hand und begleitet ihn dann zur Tür. allein. Hab ich geträumt? Dahier ist er gesessen der Neffe vom Mandryka. So was passiert einem doch nicht! Er zieht den einen zerknitterten Tausender hervor, dann den zweiten, glättet beide, steckt sie in seine völlig leere Brieftasche. Hab ich geträumt? Nein! ich hab nicht geträumt! Er nimmt den einen Tausender wieder heraus, dreht daraus, ganz gedankenlos, eine kleine Papiertüte und behält sie in der Hand. Mit leichtem Ausdruck, Mandrykas Ton kopierend, ziemlich laut. Teschek, bedien dich! eintretend. Ist hier gerufen? Er gewahrt den Tausender in Waldners Hand und verändert sofort den Ton. Haben mich befohlen? vor sich, leise, zart. Teschek, bedien dich! Befehlen diesen Tausender zu wechseln? Später vielleicht. Jetzt nicht. geht ab. vor sich hin, mit Grazie. Teschek, bedien dich! Fast schmelzend zärtlich. Teschek, bedien dich! Majestätisch. Teschek, bedien dich! Er nimmt Mantel, Hut und Stock. aus der Tür rechts heraus. Hast du gerufen, Papa? mit turbulentem Jubel. Teschek, bedien dich! Mit wem spricht er? Ist dir etwas geschehn, Papa? jetzt erst bemerkend, daß er nicht allein ist. Gar nichts. Ich geh jetzt aus. Ich werd erwartet. Brauchst du vielleicht? Er winkt ihr mit dem Tausender, den er in der Hand behalten hat. Ich werd mir wechseln lassen. Adieu. Ab durch die Mitteltür. allein. Papa! Er ist schon fort. So hab ich ihn noch nie gesehn. Die Sorgen haben ihn um den Verstand gebracht! Wir müssen fort aus dieser Stadt – schon morgen und den Matteo seh ich heut vielleicht zum letzten Mal – O Gott im Himmel steh mir armem Mädel bei! Matteo schnell und verstohlen zur Mitteltür herein. Zdenka erschrickt. Er hat mich nicht gesehn. Ich hab mich seitwärts in die Tür gedrückt. deutet auf die Tür links rückwärts. Pst! sie ist da! Horcht. Sie ruft mich! Kann ich sie nicht sehn? Jetzt nicht! Ich bitte dich! Jetzt nicht! Hast du den Brief? Den Brief? Ja! Nein! Sie will jetzt nicht. Sie sagt, sie will ihn dir – heut abend – komm auf den Fiakerball – und vorher sei zuhaus – hier im Hotel – vielleicht bring ich ihn dir ins Zimmer – oder du bekommst ihn dort! Du laßt mich nicht im Stich? Ich hab dein Wort! Zdenka, ängstlich, deutet auf die Tür links. Matteo schnell ab. Arabella tritt aus der Tür links, in einem andern Kleid, einem Mantel, einem andern Hut. Zdenka steht verwirrt und verlegen da. Man hört die Schlittenglocken. Bist du nicht fertig! Ja, was hast du denn gemacht die ganze Zeit? So zieh dich endlich an! Die Rappen sind schon voller Ungeduld. Die Rappen – und dein Elemer vielleicht noch mehr! Läuft ins Nebenzimmer rechts. Mein Elemer! – Das hat so einen sonderbaren Klang ... Sie setzt sich. Er mein – ich sein. Was ist denn das, mir ist ja, wie wenn eine Angst mich überfiele – und eine Sehnsucht ... ja, nach was denn auf der Welt? Nach dem Matteo? Sie steht auf. Weil er immer sagt, er kann nicht leben ohne mich, und mich so anschaut mit Augen wie ein Kind? Sie horcht in sich hinein. Nach dem Matteo sehnt sich nichts in mir! Ein Zögern, dann ausbrechend. Ich möchte meinen fremden Mann noch einmal sehn! Ich möchte einmal seine Stimme hören! – Dann wäre er wie die Anderen für mich. – Wie sagt die Zdenka: daß wir warten müssen bis uns einer wählt, und sonst sind wir verloren. Es ist Zeit daß sie in Mädelkleider kommt, die Kleine, sie hat so sonderbare Blicke. Wenn ich dann verheirat't bin muß sie zu mir. Verheirat't mit dem Elemer? Sie schaudert unwillkürlich. Was rührt mich denn so an, als trät ich einem übers Grab? Ist das der fremde Mann mit dem ich nie ein Wort geredet hab zieht der im Dunkel so an mir? Herr Gott, er ist ja sicher ein verheirateter Mann und ich soll und ich werd ihn nicht mehr wiedersehn! Und heut ist Faschingdienstag und am Abend ist mein Ball – Von dem bin ich die Königin – und dann ... tritt heraus, in einem kurzen Pelz, einen Zylinder in der Hand. So ich bin fertig. Komm! Zdenka öffnet ihr die Tür. Arabella geht hinaus. Zdenka setzt den Zylinder auf und folgt ihr. Die Schlittenglocken tönen herauf. Vorhang. 2. Akt Zweiter Aufzug Vorraum zu einem öffentlichen Ballsaal, prunkvoll im Geschmack der 1860er Jahre. Logenartige Räume, aus Säulen und Draperien, links und rechts. In der Mitte Treppe zu einer Estrade, von der man in den eigentlichen Ballsaal hinabsieht, und zu dem man links und rechts von dieser Treppe hinabsteigt. Arabella und hinter ihr Adelaide, von mehreren Herren begleitet, steigen langsam die Treppe von der Estrade herab. Waldner und Mandryka stehen unten, seitwärts. Beide im schwarzen Frack, mit umgeschlungener schwarzer Crawatte. Das ist ein Engel, der vom Himmel niedersteigt! Na, endlich! Immer eine halbe Stund' zu spät. O Waldner, Waldner! Wenn du meine Hand so druckst werd ich drei Tag' lang keine Karten halten können. Jetzt komm! ich stell dich vor! Was gehst du denn zurück! Adelaide mit Arabella, unten angelangt, treten etwas nach links. Die begleitenden Herren sind zurückgeblieben. leise zu Arabella. Dort steht er. Habe ich zuviel gesagt? ohne daß sie hinzusehen scheint. Mama – das ist jetzt wirklich die Entscheidung! Du bist sehr blaß! Ist dir nicht wohl, mein Kind? Willst du dich setzen? willst du fort? Nein, laß Mama. Nur einen Augenblick laß mich allein. geht auf die beiden Herren zu. ihr entgegen. Was ist denn? Laß ihr einen Augenblick! Zu was denn? Eine plötzliche Beklommenheit. Du kennst ihre Natur. Jetzt ist nicht Zeit für solche Faxen! Hier stell' ich Dir Herrn von Mandryka vor. Adelaide reicht Mandryka die Hand, die er küßt. zu ihnen gehend. Mama, da bin ich. Meine Tochter Arabella. Mandryka verneigt sich tief. Adelaide zieht Waldner bei Seite. Sie verschwinden rechts. Mandryka sieht Arabella an, ohne ein Wort herauszubringen. Sie sehn nicht aus wie jemand, den das alles da interessiert. Indem sie sich fächelt. Was führt Sie dann hierher? Nach Wien? Hierher auf diesen Ball! Sie fragen mich, was mich hierherführt, Arabella? Dominik kommt von rückwärts, will Arabella zum Tanz holen. zu Dominik. Später. Jetzt sprech ich hier mit diesem Herrn. Sie tritt nach links. Dominik ab. nach einer kleinen Pause. So hat Ihr Vater Ihnen nichts gesagt? setzt sich und winkt ihm mit dem Fächer, sich neben sie zu setzen. Was hätte er mir sagen sollen? kommt von rückwärts zu Arabella. Darf ich vielleicht um diesen Walzer bitten? Später. Jetzt bleib ich hier. verneigt sich und geht. sieht Mandryka an. Was hätte mir mein Vater sagen sollen? Sie wissen nichts von mir? Arabella schüttelt den Kopf. Ich habe eine Frau gehabt, sehr schön, sehr engelsgut. Sie ist zwei Jahre nur bei mir geblieben, dann hat der Herr Gott sie zu sich gerufen schnell. Zu jung war ich und noch nicht gut genug für einen solchen Engel. Er senkt den Kopf. nach einer kleinen Pause, mit ein wenig Schelmerei. Das ist es, was mein Vater mir erzählen sollte? sehr ernst und schwer. Verzeihen Sie, ich bin ein halber Bauer, bei mir geht alles langsam, aber stark. Wie mit plötzlichem Entschluß. Sie sind schön, Arabella – Ihr schönes Gesicht auch auf einem Papier verbrennt schon die Seele! mit einem Stirnrunzeln. Wie kommt man eigentlich da unten in Slawonien zu einem Bild von mir? sieht sie an. Wie man zu einem Bild – das ist ja gleich! – So schön sind Sie – eine Gewalt ist da in Ihren Zügen sich einzudrücken in die Seele wie in weiches Wachs! Über den einfachen Menschen, den Felder und Wälder umgeben, ist eine solche Gewalt sehr groß, und er wird wie ein Träumer, wie ein Besessener wird er und faßt den Entschluß mit der Seele, einen ganzen Entschluß und wie er entschlossen ist, so muß er handeln! Arabella erschrickt vor der dumpfen Heftigkeit, steht auf. steht auf. Gräfin, ich habe vergessen wie anderswo anders die Welt ist. Hier sind nicht meine Wälder und Felder, Sie müssen verzeihen meine unschicklichen Reden, wodurch ich Sie hindre am Tanzen. kommt von rückwärts zu Arabella. Darf ich jetzt stören und um einen Walzer bitten? Nein. Später, Lamoral, ich möcht mit dem Herrn da noch ein bißl reden, wenn er – vielleicht – sich wieder niedersetzen wird. verneigt sich und geht. setzt sich und winkt Mandryka, sich zu setzen. Sie wollen mich heiraten, sagt mein Vater Ja haben Sie denn eine Ahnung wer wir sind? Wir sind nicht grad sehr viel, nach dem Maß dieser Welt – wir laufen halt so mit als etwas zweifelhafte Existenzen! Ihren Stammbaum, Arabella, den tragen Sie in Ihr Gesicht geschrieben! und wenn Ihnen genug ist über einen zu gebieten der selbst wieder gebietet über viele so kommen Sie mit mir und sei'n die Herrin! Sie werden Pfauen weiden auf seidenem Boden und das wird nicht geschehen daß jemand sich dünkt über Ihnen es sei denn der König und Kaiser und seine Kaiserin! – aber sonst niemand! vor sich. Der Richtige, wenns einen gibt für mich, der wird auf einmal da sein, und wird mich anschaun und ich ihn und keine Winkelzüge werden sein und keine Fragen, nein, alles hell und offen, wie ein lichter Fluß, auf dem die Sonne blitzt! So fließt der helle stille Donau mir beim Haus vorbei, und hat mir dich gebracht! du Allerschönste! Geheimnisvoll. Und heute abend noch, vor Schlafenszeit – wärst du ein Mädchen aus der Dörfer einem meinigen, du müßtest mir zum Brunnen gehen hinter deines Vaters Haus und klares Wasser schöpfen einen Becher voll und mir ihn reichen vor der Schwelle, daß ich dein Verlobter bin vor Gott und vor den Menschen, meine Allerschönste! So wie Sie sind, so hab ich keinen Menschen je gesehn! Sie bringen Ihre eigene Lebensluft mit sich und was nicht Ihnen zugehört, das ist nicht da für Sie. Darum kann ich erst leben wenn ich etwas Herrliches erhöhe über mich, und so in dieser Stunde erhöh ich dich, und wähle dich zu meiner Frau und wo ich Herr bin, wirst du Herrin sein und wirst gebieten, wo ich der Gebieter bin! ganz leise, mit ihm. Und du wirst mein Gebieter sein und ich dir untertan dein Haus wird mein Haus sein, in deinem Grab will ich mit dir begraben sein so gebe ich mich dir auf Zeit und Ewigkeit. Ihren Ton völlig ändernd, aber ernst. Jetzt aber fahren Sie nachhaus. Ich bitte Sie darum. Und Sie? Ich bleibe noch. Mandryka verneigt sich. Ich möchte tanzen noch, und Abschied nehmen von meiner Mädchenzeit, nur eine Stunde lang. Gewähren Sie mir die? Wenn Sie hier bleiben, so ist mein Platz nicht anderswo als hier. Arabella runzelt die Stirn. Sie aber brauchen nicht ein einziges Wort an mich zu richten! Ein Schwarm von Fiakern und Ballgästen, darunter auch die Fiakermilli und einige solche Mädchen, und die drei Grafen, kommt aus dem Tanzsaal herauf auf die Bühne. sieht Mandryka an. Darf ich? Sie dürfen! Ja! Sie dürfen alles was Sie wollen! Indem er zur Seite tritt und den Herankommenden den Weg freigibt. Tretet auseinander, gute Menschen, nach den vier Weltseiten auseinander! Laßt die junge Magd ein Kleines tanzen eh vom Väterchen sie noch vermählt wird! Die Fiakermilli, eine hübsche Person in einem sehr auffallenden Ballkleid, ein großes Bukett in der Hand, tritt aus dem Schwarm heraus auf Arabella zu, die jetzt in der Mitte steht. neben Milli tretend. Der Ball begehrt nach seiner Königin! die Milli ist der Herold der Fiaker wir haben unsre Huldigung ihr in den Mund gelegt! indem sie mit einem Knix Arabella das Bukett überreicht, leichtfertig, fast frech. Die Wiener Herrn verstehen sich auf die Astronomie: Die könnten von der Sternwart sein und wissen gar nicht wie! Sie finden einen neuen Stern gar schnell heraus die Wiener Herrn den machen sie zur Königin an ihrem Firmament: Zu der dann schallt es im Verein: du sollst unsres Festes Königin sein! Du sollst unsres Festes Königin sein. Die Fiakermilli geht sogleich aus ihrem Lied in ein freches übermütiges Jodeln über. Der Jodler bildet die Überleitung zu dem nun einsetzenden Walzer. Arabella, unter den Klängen des Walzers, den Milli mitjodelt, nimmt Blumen aus dem Bukett und verteilt sie unter die Herren und Fiaker. Zuletzt wirft sie das ausgeplünderte Bukett unter sie und nimmt Dominiks Arm, und steigt mit ihm in den Ballsaal hinab, von allen gefolgt. Mandryka sieht ihnen nach, dann wendet er sich. Adelaide erscheint in diesem Augenblick von rechts. Matteo ist zugleich links herausgetreten, Zdenka schüchtern hinter ihm, in Knabenkleidern, aber einer Art von schwarzem Frack, sich hinter einer Säule deckend. auf Mandryka zu. Sie sind allein? Wo ist Arabella? Wo ihre Pflicht sie ruft als Königin des Balles. in die Luft. Wie sie mich vergißt – im Rausch ihrer Schönheit! Ihre Augen leuchten. Wie darf ich das deuten? hinter Matteo, ängstlich. Sie denkt an dich, ich weiß es, Matteo! Ihre Blicke nur nimmt sie in acht. auf Adelaide zu. O Gräfin, Sie selber so jung noch, so reizend – und Sie ihre Mutter! mit was für Worten womit denn auf Erden vermöchte ich Ihnen zu danken! Er küßt ihr mit Innigkeit die Hand. tritt einen Schritt hervor. Die Blumen für alle! für alle ihr Lächeln! sie selber für alle! was bleibt für mich? zu Mandryka. O könnten Sie ahnen, was in mir vorgeht! mein Freund! mein Sohn! mein fahrender Ritter! Zu viel für mein Herz. Ich muß es teilen! Zu ihm, zu ihr! Nein, bleiben Sie hier! ich finde ihn! er muß Sie umarmen! Sie eilt rechts ab. innig aber zart, zu Matteo. Für dich bleibt Alles: sie braucht deine Trauer tief wie ein Brunnen ihre ganze Seele hineinzuwerfen – Seicht sind die andern! vor sich. Eines bleibt: fort nach Galizien, und sie vergessen – wenn ich noch kann! Und ist's dazu zu spät – so gibt es noch ein andres Mittel! Er geht nach vorne, Zdenka bleibt links, aus Furcht, gesehen zu werden. Der Papa! die Mama! daß keiner mich sieht! Wohin gehst du, Matteo? Matteo geht in den Hintergrund, starrt düster in den Ballsaal hinab. Adelaide und Waldner, von rechts, auf Mandryka zu. Zdenka verschwindet links. O Theodor! hier ist er, Theodor! jovial. Wie stehst du vor mir, neveu meines alten Mandryka? Mir scheint, du verstehst, wie man Frauen gewinnt, so gut wie der Onkel! Na! Teschek! umarme mich schon! Glücklich, du Guter steh ich vor euch – Leichte Umarmung. glücklich so sehr, daß ich fast muß mich schämen! – Nicht wie ein Mann steh ich vor euch gar wie ein Bursch, der auf den Abend wartet – in unseren Dörfern – wenn alles dunkel, gelöscht sind die Feuer! aber er weiß, im Haus ihres Vaters wartet das Mädel, dann schlüpft sie zum Brunnen und schöpft für ihn einen Trunk klaren Wassers: den reicht sie ihm von der finsteren Schwelle. O welche Zartheit, bezaubernde ländliche Sitte! Ich fühle die Luft meiner Heimat um mich, und das Schloß meiner Väter, drunten schlummernd das Dorf mit einer abwehrenden Gebärde sehr eilig. Ich stehe sofort zur Verfügung! Leise. Laß mich! ich bin im Gewinn! Ab rechts. Mandryka hebt seine Hand und schnalzt mit den Fingern; sofort sind Welko, Djura und Jankel um ihn; alle im schwarzen Frack, aber mit Metallknöpfen. rechts. Hierher einen Tisch. Wir werden soupieren. Sogleich ein Kellner mit einer Karte und Kellnerjungen. zu Adelaide. Welchen Champagner? befehlen Sie selber! Kellner präsentiert Adelaide die Weinkarte. Moët-Chandon, halb herb und halb süß – der war es bei meiner Verlobung! Dreißig Flaschen von diesem! Er zeigt in die Weinkarte. Sechs für den Tisch und die andern herumservieren im Saal – und noch einmal dreißig! und noch einmal dreißig! Welko, du ordnest! Eiskübel in jede Ecke! bis sie alle im Saal da nimmermehr wissen ob sie sind Grafen, verhext in Fiakerkutscher, oder Fiakerkutscher, umgekrempelt in Grafen! Sie sollen sich freuen, wenn ich mich freue! Befehlen weiter! indessen man ihr Hummern, Fasanen, Eiscremen etc. präsentiert. Haben wir Blumen? schnell. Aufpassen, du da! Geld gib ihm, Welko! Nimmst einen Fiaker und noch einen zweiten aufsperren laßt dir die Gärtnergeschäfte, aufwecken die hübschen Verkäuferinnen, ausräumen sollen sie ihre Keller! Füllst einen Wagen an mit Rosen, einen mit roten und weißen Camelien. Walzer soll sie auf Blumen tanzen Abschied nehmen von Mädchenzeiten! Später breit ich meine Hände sie wird nicht mehr Walzer tanzen aber tanzen auf meinen Händen! O wie ich den Traum meiner Mädchenzeit wiederfinde! Großmütig sind Sie, und voller Stärke – knapp im Befehl, und sicherlich furchtbar im Zürnen – welch ein Vertrauen flößen Sie ein, o unsagbar! Schnell Ihren Arm und führen Sie mich auf die Estrade! Sie nimmt seinen Arm und sie gehen rückwärts die Stufen hinauf. Von rechts wird ein Tisch hereingeschoben und für ein kaltes Souper prächtig gedeckt. Rechts wird weiter der Tisch gedeckt. Arabella, an Dominiks Arm, kommt von rückwärts aus dem Tanzsaal. Sie wenden sich nach links. Und jetzt sag ich Adieu, mein lieber Dominik. Adieu? Sie fahren schon nachhaus? ruhig, heiter. Das war jetzt unser letzter Tanz für alle Zeit. Kann sein daß wir uns später einmal wiedersehn dann sind wir halt Bekannte aus der Jugendzeit. Arabella! Er faßt sie am Arm. macht sich schnell los. Nein. Dominik! Sie sind der erste Mann gewesen, Dominik, – von Buben red ich nicht – der mir gesagt hat, daß er mich gern hat, und es hat mich recht gefreut. Aber die Richtige für Sie die war ich nicht, und Sie halt nicht der Richtige für mich. Nicht reden, Dominik. Da kommt auch schon der Elemer. Adieu! Sie nickt Elemer zu. Dominik entfernt sich langsam. aus dem Tanzsaal kommend, auf Arabella zu. So schön wie heut hab ich Sie nie gesehn! Mit Ihnen ist etwas passiert! Ja, Elemer, mit mir ist was passiert! Und darum geb ich Ihnen jetzt die Hand und sag: Adieu, ich danke Ihnen, Elemer – es waren viele schöne Augenblicke drunter – Es waren, Bella, und es werden sein! Nicht halten meine Hand, grad schnell den Druck von meinen Fingern spüren, und wissen daß wir gute Freunde sind wenn wir uns auch nicht wiedersehn! zornig. Sie haben sich verliebt in diesen Fremden, diesen Wallachen oder was er ist! Verliebt – es ist wohl mehr – Elemer spottet. sanft. Nicht mir verderben diesen letzten Augenblick! Da kommt auch schon der Lamoral und wartet auf seinen letzten Tanz! Lamoral erscheint an der Stiege, aus dem Tanzsaal herauf. Rechts wird mit dem Tischdecken fortgefahren. dicht bei ihr. Werden Sie meine Frau! Wer in der Welt ist, der mich hindern darf! Für mich war halt ein andres Glück bestimmt. Sie läßt ihn stehen und geht auf Lamoral zu. Elemer links ab. O Arabella, gibts was Schöneres als Sie auf einem Ball! halb für sich. Ja, süß ist die Verliebtheit, süß ist dieses Auf und Ab, aber es gibt was Schöneres tausendmal! und einmal wirst du's auch verstehn, vielleicht – Nicht reden jetzt von Anderm, das weit weg ist – ernst. Für dich ists noch weit weg, da hast du recht. Ich ängstig mich. Sie sind so anders, Arabella! Es nimmt Sie mir wer weg! Wegnehmen? geh, du Bub! Aber da hast du deinen ersten und zugleich auch deinen letzten Kuß. Sie beugt sich zu ihm und küßt ihn schnell und leicht auf die Stirn. Sie stehen links, einigermaßen gedeckt durch die Draperien. strahlend. Von wem hab ich den wunderbaren Kuß? sogleich ganz gelöst; sie tritt von ihm weg in die Mitte. Von einem Mädel, das heut glücklich ist, so glücklich, daß sie ganz allein sein muß, ganz mit sich selbst allein in ihrem Zimmer, und lang noch liegen ohne Schlaf vor lauter Glück! Mit geändertem Ton. Jetzt tanzen wir noch diesen Walzer aus dann fahr ich fort von euch – auf Nimmerwiedersehn! Ab mit ihm in den Tanzsaal. Matteo kommt von rechts, an den Tischdeckenden vorbei. Zdenka, links hervortretend, ängstlich, nicht gesehen zu werden, starrt auf ihn hinüber. vor sich. Fort mit mir! Fort und ein Ende! Sonst bin ich ein Feigling! O Gott! Seine Miene! wie gräßlich entschlossen! Sie winkt ihm, er geht zu ihr hinüber. Mandryka kommt die Stufen von der Estrade herab, geht quer über die Bühne zu dem gedeckten Tisch hinüber, nimmt eine Meldung Welkos entgegen. angstvoll. Bist du schon wieder so –? Hats dich schon wieder? Rasend verzehrts mich! Sie denkt an dich! nichts andres denkt sie! Matteo lacht bitter. man merkt die Lüge. Sie hat mir einen Brief für dich gegeben! Hier ist er. Sie greift in die Brusttasche ihres Fracks. weicht zurück gegen die Mitte. Ich nehme ihn nicht! Der bringt das Ende für immer! Ich fühl es! Zdenka folgt dem Zurückweichenden, den Brief in der Hand. Mandryka wird aufmerksam. Jankel mit Leuten, die eine Last von Blumen tragen, von rechts. Zdenka ist Matteo bis in die Mitte der Bühne gefolgt. Trag ihn zurück! Ich fühl daß es mein Abschied ist! Du mußt ihn nehmen, alles wird anders! So fühl ihn doch! faßt den Brief. Ein Schlüssel? Nimm ihn! nimm ihn nur! reißt den Brief auf. Kein Brief! nur ein Schlüssel? Was sind das für Späße? Zdenko, ich frage! blaß, einer Ohnmacht nahe. Das ist ihr Schlüssel! Ihr Schlüssel? fast tonlos. Vom Zimmer. Gib acht. Versteck ihn. Das ist der Schlüssel –? ich bin nicht bei Sinnen! Sind wir auf dem Ball? Bist du der Zdenko? ist sie deine Schwester, die tanzt dort unten? Das ist der Schlüssel –? Zu ihrem Zimmer. Der Schlüssel zu Arabellas Zimmer! Er hält den Schlüssel vor sich. zuckt zusammen. Ich habe mich verhört! Jankel will sich ihm nähern. Mandryka winkt ihm ab, tritt den Beiden näher. bald rot, bald blaß, die Scham überwindend. Du sollst nachhaus – sie kommt in einer Viertelstunde. Der Schlüssel sperrt das Zimmer neben ihrem, lautlos kommt sie zu dir – Matteo, denn sie will ja alles tun damit du glücklich wirst noch diese Nacht! Schwör mir, daß das wahr ist! Der Schlüssel zu Arabellas Zimmer! Du hast ihn ja! so wahr er sperrt so wahr will die, die ihn dir gibt heut alles tun, damit du glücklich wirst! Ich muß jetzt fort! mich darf man hier nicht sehn! Läuft links weg. vor sich. Geheimnis eines Mädchenherzens, unergründliches! Schnell ab nach links. aus einer Art Starre jäh aufwachend. Halt! du irgendeiner oder wer Du bist! Welko! laufen! halten dort den Menschen! Her mit ihm vor mich! den dort mit dem Schlüssel! Dominik mit Adelaide ist von links vorne aufgetreten. unschlüssig, auf wen sein Herr ihn hetzen wollte. Welchen, Gospodar? und was für einen? Diesen? Zeigt auf Dominik. Dominik und Adelaide nehmen links auf einem Canapé Platz. vor sich. Und wenn hier viele Arabella heißen – meine gottverdammten Jägerohren foppen meinen dummen harten Schädel – daß ich als ein Narr dasteh vor einem Fremden? Wird sie denn den Schlüssel schicken von dem Zimmer während selber sie hier tanzt im Ballsaal? Er sieht nach der Uhr. Noch ist nicht einmal vorbei die Stunde die ich grad ihr freigegeben habe – also bin ich schon ein Narr und Esel? Zu Welko. Alles lassen! Weitermachen dort am Eßtisch! Er geht hastig auf und ab. Schön ist die Musik, und nichts von Schlüssel, Geigen drin, und nicht verdammte Schlüssel und in paar Minuten wird sie dastehn da vor mir, und Blumen werd ich hinstreun daß statt meiner sie den Fuß ihr küssen. Haj! Wie tanzt sie jetzt und nimmt den Abschied von der Mädchenzeit in dieser Stunde! Grimmig hinschauend. Warum kommen viele und nicht sie darunter? Warum scheppern gottverdammte Schlüssel da dazwischen! an Elemers Arm, auf Mandryka zu, andere Paare stellen sich dazu. Mein Herr, schon wieder muß ich kommen und bitten: geben Sie dem Ball die Königin zurück! im Zorn, vor sich. Was sagt das Frauenzimmer? Ich soll sie zurück ihr geben? Ich hab sie nicht eingesperrt. Ich hab den Schlüssel nicht. Er ist in dem Couvert. Er packt einen Sessel so daß dessen Lehne kracht. Welko bietet Champagner an. nimmt sich zusammen. Ich bitte, daß Sie mir die Ehre geben – Sie alle wie Sie sind, bekannt und unbekannt! Doch Gräfin Arabella wollen wir nicht in dem schönen Augenblick vermissen! Sie werden sicher sie zu finden wissen. greift sich an den Hals, lockert die Krawatte. Zu finden wissen? Schlüssel! Welko! Suchen! Die gnädige Fräulein suchen in dem Saal! Hast du gefunden in der großen Wienerstadt wirst du zu finden wissen in der Tanzhütten dahier! Welko eilt ab. nachrufend, stark. – und bitten sie hierher wenn sie die Gnade haben will! Dann zu Milli, die sich von Elemers Arm gelöst hat. Ein solcher süßer Schnabel muß auch etwas Süßes trinken! Er serviert ihr ein Glas Champagner. Milli antwortet jodelnd. bringt ein Briefchen auf einem Tablett. Da wäre ein Billet für Euer Gnaden. Fühl ob ein Schlüssel drin ist? Wie? ein Schlüssel? nimmt hastig das Billet, zögert noch, es zu öffnen. Wer, Herr Gott, hat diesem Gesicht so viel Gewalt gegeben über mich! daß ich mich fürchte jetzt – Geht bei Seite, reißt das Couvert auf, liest, wiederholt den Inhalt, grimmig. Für heute sag ich Ihnen gute Nacht. Ich fahr nachhaus. Von morgen an bin ich die Ihrige. Ein kleines a statt einer Unterschrift! Nicht einmal ihren Namen! Steht auch nicht dafür, für einen Gimpel, einen auf den Leim gegangenen! Mit bitterer Lustigkeit. Sie muß ja Abschied nehmen von der Mädchenzeit – dafür braucht sie die ganze Zärtlichkeit: sie hat jetzt keine Zeit für zärtlichere Unterschrift! Er zwingt sich zu einer frechen Munterkeit, tritt wieder zu den andern zurück, winkt. Wegschmeißen jetzt die Blumen! Schampus her! Servieren links und rechts, bis alle liegen unter'm Tisch – die Grafen und Fiaker und Fiakerbräute alle miteinander! Heut geht das Ganze, aber schon das Ganze auf meine Rechnung! Kellner verteilen sich, servieren allen Champagner. Soll ich der schönen Milli jetzt vielleicht was singen? Er zieht sie an sich. Ich wäre aufgelegt! Fiaker-Milli antwortet zärtlich, ohne Worte, mit einem Jodler. zwischen Selbstverspottung und zornigen Tränen. Ging durch einen Wald, weiß nicht durch welchen! Fand ein Mädchen, weiß nicht, wessen Tochter! Trat ihm auf den Fuß, weiß nicht auf welchen, fing es an zu schrein, weiß nicht warum doch: seht den Wicht, wie der sich denkt die Liebe! Milli wiederholt jodelnd den Refrain, Mandryka zieht sie neben sich auf das Canapee nieder. Adelaide entzieht sich Dominik, steht auf. Wohl stünds an, ihm Kanne Wein zu geben, Wein zu geben, Becher nicht zu geben mag der Wicht aus schwerer Kanne trinken! Mag sich plagen bis zu klügern Tagen! Milli jodelt den Refrain. Wohl stünds an, mich Mädchen ihm zu geben mich zu geben, doch kein Bett zu geben Grimmig. mag der Kerl auf bloßer Erde schlafen mag sich plagen bis zu klügern Tagen! Er läßt Milli, steht jäh auf. Milli wiederholt den Refrain. immer böser, vor sich. Für heut fahrt sie nachhaus zu ihrem Schlüsselherrn – von morgen an ist sie die meinige! Milli, gib mir ein Bussl! Küßt sie. Wie viel kost't der Schlüssel für Comtessenzimmer hier in Wien? plötzlich vor ihm. Herr von Mandryka, wo ist meine Tochter? stehend, Milli im Arm. Weiß nicht! sie hat die Gnade nicht gehabt mir mitzuteilen. Wünschen noch Moët-Chandon? Hier ist! Servieren der Frau Gräfin Mutter! aufgeregt nach rechts eilend. Wo ist mein Mann? man suche meinen Mann! Dominik nach rechts, schnell, Waldner zu suchen. zurück zu Mandryka. Lassen Sie sich beschwören! wo ist Arabella? frech. Das frag ich selber die Frau Gräfin Mutter! Waldner erscheint rechts, mit Dominik, hinter ihm die drei Herren, mit denen er gespielt hat. O Theodor! Beschütze deine Frau und deine Tochter! Was geht hier vor? Mandryka, wie benimmst du dich? in Gegenwart von meiner Frau! Genau wie sichs gehört! Ich streife ab den dummen Kerl aus der Provinz und bin, wie unter wienerischen Grafen sich geziemt! Setz dich zu uns, sind Mädel da, is Schampus da, Teschek! bedien dich! dicht vor ihm. Wo ist meine Tochter? Ich kann dir leider keine Auskunft geben! Comtessen scheint es, ziehen manchmal sich zurück in einem animierten Augenblick. zu Adelaide, wütend. Wo ist das Mädel? wissen will ich wo sie ist! Zuhaus. Du weißt es? was soll das bedeuten? Ein Einfall! eine plötzliche Melancholie! eine Caprice! Du kennst ihr Naturell. Du schwörst, sie ist zuhause? Theodor! Es handelt sich um dein und meine Tochter! Sehr gut. Wir fahren auch nachhause. Augenblicklich. Du klopfst an ihrer Tür und gibst uns Nachricht ob sie ganz wohl ist: nur damit wir uns beruhigen. Böse. Dann spreche ich zwei Worte noch mit dir – darum wirst du die Güte haben, uns begleiten. Es wird mir eine ganz besondere Ehre sein. Verneigt sich und gibt Adelaide den Arm. zu seinen Mitspielern. Wir spielen augenblicklich weiter im Hotel, sobald das kleine Mißverständnis da beseitigt ist. an der Tür stehen bleibend, zurückrufend. Die Herrn und Damen sind einstweilen meine Gäste! FIAKER-MILLI. Eljen! wir sind Ihre Gäste! Gäste heben die Champagnergläser. Mandryka mit Adelaide ist schon ab, Welko und Djura vor ihnen, Waldner mit den Spielern folgt. Vorhang. 3. Akt Dritter Aufzug Im Hotel. Offener Raum, zugleich Stiegenhaus. Die Stiege läuft in zwei Wendungen aufwärts. Unten stehen ein paar Tische mit Zeitungen, Schaukelstühle, Fauteuils. Vorne rechts ist die Portiersloge und der Ausgang auf die Gasse. Es ist Nacht; der Raum ist mit Öllampen erleuchtet. Matteo, in Uniformbluse, wird am Stiegengeländer in der Höhe des ersten Stocks sichtbar. Er späht hinunter. Es läutet an der Haustür, Matteo verschwindet. Der Zimmerkellner tritt aus der Portiersloge hervor, sperrt auf. Arabella tritt ein, in Mantel und Capuchon, vom Ball kommend. Der Zimmerkellner verschwindet wieder. Arabella geht langsam auf die Stiege zu. Ihre Augen sind halb geschlossen, ihr Gesicht hat einen glücklichen Ausdruck. Die Musik des Balles umschwebt sie, durch die Tanzrhythmen schlingt sich der Rhythmus von Mandrykas slawischer Redeweise. Sie lächelt. wie wach träumend, setzt sich in den vordersten Schaukelstuhl und wiegt sich leise, vor sich laut denkend. Über seine Felder wird der Wagen fahren und durch seine hohen stillen Wälder – ja, zu denen paßt er: hohe stille Wälder. Und dann werden seine Reiter uns entgegenkommen »Das ist Eure Herrin«, wird er sagen, »die ich mir geholt hab«, wird er sagen, »aus der Kaiserstadt, jetzt aber will sie nimmermehr zurück, bleiben will sie nur bei mir in meinen Wäldern.« erscheint wieder oben, er beugt sich übers Geländer. Er erblickt die unten Sitzende, kann es kaum glauben, daß es Arabella ist, flüstert vor sich hin. Arabella! unmöglich! es ist ja nicht denkbar! Arabella fährt aus ihrer glücklichen Träumerei auf. Sie sieht Matteo nicht; er ist ihr im Rücken. Sie spürt nur, daß sie nicht mehr allein ist. Matteo leise unten angelangt, verneigt sich vor ihr. erstaunt aber ohne Erregung; sie steht schnell auf. Sie hier? So spät? So wohnen Sie noch immer hier im Haus? mit versteckter Beziehung. Sie hier? so muß ich fragen, Arabella! Einen Schritt näher. Sie gehn so spät noch einmal aus? Ich komme heim vom Ball und gehe auf mein Zimmer. Gute Nacht. Sie nickt ihm zu und will an ihm vorbei hinauf gehen. mit unendlicher Ironie. Sie kommen heim vom Ball! Sie gehen auf Ihr Zimmer! Halb für sich. Geheimnis eines Mädchenherzens, unergründliches! Ja. Gute Nacht. Was amüsiert Sie da so sehr? Oh, Arabella! Er lächelt verliebt und vielsagend. Wenn Sie mir noch etwas zu sagen haben, dann bitte ich, bei Tag! nicht jetzt, nicht hier! Noch – etwas? Ich – noch – etwas? Oh süße Arabella, danken will ich dir von heute bis ans Ende meines Lebens! Danken – wofür? Das ist doch alles ein für allemal vorbei. mit stärkster Ironie. Danken? wofür? – die Kunst ist mir zu hoch! Mir graut vor so viel Virtuosität. Was haben Sie? So meisterhaft Komödie spielen, nur um der Komödie willen, Komödie spielen ohne Publikum! das ist zu viel! das grenzt an böse Hexenkünste! Von allen Ihren Reden da versteh ich nicht ein Wort, und somit gute Nacht. Matteo vertritt ihr den Weg. Schon gut! Jetzt einen Blick noch, einen einzigen, der mir sagt, daß du im Innersten die gleiche bist! Die gleiche? glühend. Wie vor einer Viertelstunde! ganz arglos. Vor einer Viertelstunde war ich anderswo! Mit dem Ausdruck verklärter Erinnerung. Vor einer Viertelstunde! ja! da oben! einen Blick nach oben, ohne Verständnis. Ich weiß nicht was Sie meinen, und ich möchte hier nicht länger stehn. Das ist zu viel! So kalte Herrschaft über jeden Nerv nach solchen Augenblicken – das erträgt kein Mann! Ich appelliere an den einen Blutstropfen in dir der unfähig zu heucheln ist! Er packt sie am Arm. Sie sind ja nicht bei sich! Matteo! Geben Sie den Weg mir frei oder ich rufe! Du könntest einen Mann zum Wahnsinn bringen, du, so wie niemand auf der Welt! Bekräftige mit einem einzigen letzten Blick was zwischen uns gewesen ist dort oben und nichts auf dieser Welt verlang ich mehr von dir! Zimmerkellner kommt leise aus der Portiersloge, geht aufsperren. Hier kommen Menschen, lassen Sie mich los! Ich habs geschworen, daß du frei sein wirst von mir, in deine Tränen, in deine flüsternden Küsse hab ichs geschworen – von morgen ab! Ich halte meinen Schwur! Im Dunkel waren wir, ich habe deine Augen nicht gesehen: Gib einen Blick mir jetzt, der alles noch zum letzten Mal besiegelt, und du bist frei für immer! Adelaide, hinter ihr Mandryka, der sofort stehen bleibt, dann Waldner, zuletzt die drei Spieler, die im halb dunklen Vestibül stehen bleiben; hinter ihm Welko und Djura. Matteo tritt ungeschickt und verlegen zur Seite. Welch ein erregtes tête-à-tête im Stiegenhaus! Du hast dich also nicht zurückgezogen? Mein Kind, was soll das heißen? Aber nichts, Mama. Gar nichts. sieht starr auf Matteo. Ja. Es ist der Verfluchte mit dem Schlüssel. tritt einen Schritt gegen Mandryka, ganz unbefangen. Sie hab ich heut nicht mehr zu sehn vermutet, Herr von Mandryka! finster zu Adelaide. Sehr wohl. Ich bitte, Gräfin, um Erlaubnis, mich zurückzuziehn! Zurücktretend. Welko! bei ihm. Der Gospodar hat ihn erkannt? Du packst. Wir fahren mit dem ersten Zug nachhaus. zu Mandryka hintretend. Hier ist nichts, das Sie anginge, Mandryka. Ich komm nachhaus, begegne diesem Herrn. Das ist ein alter Freund von uns. Darüber alles erzähl ich Ihnen später, wenn Sie wollen. Ich bitte wirklich sehr, mich zu entschuldigen! Er macht Miene zu gehen. Arabella schüttelt erstaunt den Kopf. Oh Wien! du Stadt der médisance und der Intrige! Gegen Matteo. Sie Unglückseliger! Mandryka aufhaltend. Du bleibst noch einen Augenblick! Es scheint, daß hier noch Mißverständnisse geblieben sind! Zu Arabella. Ich frage dich, mein Kind! Wo kommst du her? Hat der Herr Leutnant dich vom Ball nachhaus begleitet mit deiner Zustimmung? Papa, so schau mir ins Gesicht! Kann ein Verrückter alle närrisch machen auf eins zwei? Du hast mir nichts zu sagen? Aber wirklich nichts, als was du ohnehin schon weißt, Papa, seit heute abend. Oder weiß du's etwa nicht? Da bin ich sehr erleichtert. Küßt Arabella auf die Stirn. Zu Mandryka. Also bitte! Es ist nichts vorgefallen! aber gar nichts! Schwamm drüber über alle Aufregung und gute Nacht! Zu den Spielern. Ich bitte dort hinein. Wir spielen sofort weiter. tritt zu Arabella, spricht nur zu ihr. Ich werde helfen, soviel Geld und guter Wille helfen kann, vertuschen diese häßliche Komödie, da ich die Rolle nicht geeignet bin zu spielen, die Sie mir haben zugedacht, mein Fräulein. Wie reden Sie zu mir! Wer bin ich denn? Sie sind halt eben, die Sie sind. quasi Aufschrei. So ähnlich einem bösen Traum hab ich noch nie etwas erlebt! MANDRYKA wendet sich – vor sich . Nein, nein, wie ist das möglich! nein, wie kann das möglich sein! O dreimal unglückselige Begegnung! Jetzt keine Arien, wenn ich bitten darf! nur zu Mandryka. Mandryka, hören Sie, so wahr ein Gott im Himmel ist, so haben Sie mir nichts hier zu verzeihen! Viel eher muß ich Ihnen, wenn ich kann, verzeihen, was Sie zu mir geredet haben und in welchem Ton! den Blick böse auf Matteo geheftet. Ich bitte, mir dergleichen Sprüche zu ersparen. Ich müßte blind sein und hab leider scharfe Augen, ich müßte taub sein und hab leider gute Ohren, und müßte schwach im Kopf sein – dann vielleicht, daß ich das Individuum dort nicht erkennen täte und nicht verstünde, was hier für ein Spiel gespielt wird bei der Nacht! getroffen von der Insulte, die in Mandrykas Blick und Miene liegt. Mein Herr, falls Sie hier irgendwelche Rechte besitzen, wenn auch erst seit kurzer Zeit – ich stehe zur Verfügung! zwischen beiden stehend. Ja, alle Rechte besitzt dieser Herr: denn er ist mein Verlobter! und Sie besitzen das leiseste nicht, auch nicht einen Schatten von Rechten! Sagen Sie selber! zögernd, gequält. Nein. Keines – zu Mandryka. Sie hören. Hätten Sie den Herrn ausreden lassen! Ein kleines Wort war ihm noch auf der Zunge – »Nein keines – außer« hat er sagen wollen und hat es schnell verschluckt! Ich aber hab es grade noch gesehn auf seinen Lippen. Matteo, nie hab ich für niedrig Sie gekannt! Was tun Sie jetzt an mir –! Sie wollen mich aus Trotz vor aller Welt kompromittieren! Unseliger Intrigant! so will er die Hand meines Kindes erschleichen! tut einen Schritt näher zu Matteo. »Außer–«! Heraus mit der verschwiegenen Wahrheit! fest. Kein Wort! Kein Wort! zu Arabella. Außer den Rechten, hat er sagen wollen – die diese Nacht verliehen hat! Versuchen Sie, vielleicht zu Ihnen ganz allein wird er ein Wörterl drüber sagen! zu Matteo. Haben Sie vor diesem Herrn mir etwas noch zu sagen? senkt den Kopf. Nein. Ich gratuliere Ihnen, Herr Leutnant, zu Ihrem Glück bei schönen Mädchen und zu Ihrer Diskretion. Die beiden sind gleich groß. Hast du gehört, Papa! Mandryka, dafür wirst du Rechenschaft mir geben! Komm her zu mir, mein Kind! bleibt stehen, wo sie ist, mit tief schmerzlichem Ausdruck. Soll alles gehen wie es will, das Leben ist nichts wert! Was ist an allem in der Welt, wenn dieser Mann so schwach ist und die Kraft nicht hat an mich zu glauben – und mich dahingibt wegen eines Nichts! oben auf der Treppe murmeln. Wie? Kennen Sie sich aus? Welcher hat wen erwischt? Was? Sie hat fort gewollt? Wie mit dem Leutnant? mit einer großen Gebärde auf Waldner zu. Nein, dieser junge Mensch ist es nicht wert vor dein Pistol zu kommen, Theodor! das ist die niederträchtige Kabale des abgewiesenen Freiers, und nichts weiter! Von dem da redet niemand. Der Mandryka – der ist Genugtuung mir schuldig. Auf der Stelle. Wo sind meine Pistolen? was – verkauft? o Sakrament! Ich werd mir andre zu verschaffen wissen. Wir protestieren! Zuerst kommt die revanche, die Sie uns schulden! Ich bin allein der Schuldige. Ich nehme jedes Wort zurück und jeden Blick! Mißdeutet hat man alles. Ich habe nichts von dem gemeint, was Sie zu hören glaubten. Wenn jemand Strafe hier verdient hat, so bin ichs. scharf. Eintunken und reinwaschen wiederum in einem Atem das war zu meiner Zeit nicht Brauch bei Offizieren! nur zu Arabella. Der junge Mensch benimmt sich brav wie möglich. Es wäre an der Zeit, daß Sie auf ihn ein bißl Rücksicht nehmen täten, schönes Kind. Gestehn Sie mir die Wahrheit, mir allein! Es ist Ihr Liebhaber! Ich werde alles tun – Sie können sich auf mich verlassen, Arabella! sieht ihn fest an. Bei meiner Seel' und Seligkeit, Mandryka, die Wahrheit ist bei mir! Nicht deine Seele so verschwören, Mädel! Mir tut das Herz zu weh um dich! Vor sich. O Gott, was tust du mir für eine Schande an durch dieses Weib! Nochmals zu Arabella, leise. Wenn ich den Buben doch gesehen hab, wie er den Schlüssel ihm hat übergeben zu Ihrem Zimmer. Was für einen Buben? Den Buben, Ihren groom, den Sie geschickt! Den Zdenko? Mein Gott! oder wen? Aha! Ich will, daß Sie gestehen! mir allein! für sich. Ist denn die Hölle gegen mich verschworen! Soll ich den Menschen dort, der mir mein Leben ruiniert hat, soll ich ihn schonen als Ihren Geliebten? Reden Sie! Die Wahrheit ist bei mir, Mandryka, nur die Wahrheit, denn alles sonst – das seh ich ja – ist gegen mich. Zum letzten Mal! Willst du heiraten dort den Menschen mit dem du hast das süße Stelldichein gehabt nach unserer Verlobung zehn Minuten! Ich habe nichts zu antworten, Herr von Mandryka, auf Ihre Fragen. Sie geht von ihm weg. O Gott – so ist der Richtige doch nicht der Richtige? Setzt sich. O Gott wie du mich demütigst bis ins Mark was von mir bleibt denn übrig noch nach dieser Stunde? grimmig. Auch gut. Aufsperren laß dir eine Waffenhandlung, Welko, soll kosten was es will, ich brauche Säbel! zwei schwere Säbel, scharfgeschliffene! Sofort hierher! und einen Doktor laß aufwecken, sonst brauch ich nichts. Dort ist der Wintergarten. Mit einer halben Wendung zu Matteo. Wir werden ohne Zeugen alles schon zu Ende bringen. Er nimmt seine Zigarrentasche heraus, überlegt, bietet Matteo eine an, der ablehnt; zündet sich selber eine an. Die Herrschaften vielleicht gestatten uns allein zu bleiben bis dahin. Er raucht. Dumpfe Erwartung. von oben. Papa! Mama! Alle sehen auf. in einem Negligé, mit offenem Haar, völlig Mädchen, kommt die Treppe heruntergestürzt, wirft sich vor ihrem Vater auf die Knie. Papa! Arabella steht auf. bedeckt Zdenka mit ihrer Mantille. Zdenka! was für ein Aufzug! welche Schande! Was ist geschehen! Zdenkerl! Red. Ich bin bei dir. Nur schnell Adieu sag ich euch allen. Ich muß fort. Ich muß ja in die Donau noch bevor es Tag wird. Was soll das heißen? murmeln. Wer ist wieder dieses hübsche Mädel? für sich. Ich hab doch das Gesicht schon heute wo gesehn! Verzeihts mir alles nur – und laßts mich fort! Ich schäm mich so – ich sterb vor Scham – so laßts mich fort! Vor Sonnenaufgang schon muß ich drin liegen – tief – nachher dann werden alle mir verzeihn, auch der Papa! umschlingt sie und zieht sie an sich. Du bleibst bei mir. Und was dir auch geschehen ist, an dir ist nichts geschehn, daß man dich weniger lieb müßt haben! auf Matteo deutend. Er ist unschuldig. Er hat nichts gewußt. Nur ich allein – Schweig, unglückseliges Kind! Schweig bis ans Grab! Schweig du sofort, und reden laß das Mädel! Da habts ihr jetzt den Lohn von euren Maskeraden. zu Arabella. Nur dir kann ich es sagen, dir nur, dir allein! Ich bin bei dir, ich laß dich nicht im Stich, ich bin bei dir! an sie geschmiegt. Er hat geglaubt, daß du es bist! ich habs getan aus Angst um ihn, Bella, verstehst du mich! Er weiß ja jetzt noch nicht, daß ich es war! Angstvoll. Matteo! Welche süße Stimme ruft mich an? schamhaft. Die Stimme der Betrügerin, Matteo! Dein Freund, dein einziger, dein Zdenko ruft zu dir! Ich bin ein Mädchen, o mein Gott, ich war ja nie was andres! O du mein Freund! Du meine Freundin! Du mein Alles! Dich muß ich um Verzeihung bitten, dich und sie, euch beide – o mein Gott! Sie bedeckt ihr Gesicht mit den Händen. Wenn zu viel Liebe um Verzeihung bitten muß, so bitte ihn halt um Verzeihung! Drückt sie an sich und küßt sie. Im Zimmer wars zu finster, deine Stimme hab ich nicht gehört – und doch ist mir als hätt ich es geahnt von Anfang an, o süßer kleiner Zdenko! Zdenka sieht ihn zärtlich an, bleibt aber in Arabellas Armen. vor sich. Das Mädel war der groom! Ich möcht in Boden sinken! Wie soll sie jemals mir verzeihen können wo ich mir selber nicht verzeihen kann! Welko kommt von rechts, zwei Kavalleriesäbel im Arm. Hinter ihm Djura mit zwei Pistolen in einem Kästchen, dahinter ein Arzt. Mandryka sieht sie, winkt ab. Sie bleiben rechts stehen. hat sie gleichfalls gesehen. Mit der kalten Entschlossenheit des Spielers. Sehr gut. Jetzt habe ich mein richtiges vis-à-vis. Die Sache geht allein den Vater an. Oho! oho! ohne auf Waldner zu achten; nur zu Arabella. Wie stehe ich vor Ihnen, Arabella! Ich weiß: nicht einen Blick von Ihnen bin ich wert mein Leben lang! So wie ein Tölpel, mit den beiden Fäusten da, hab ich gemeint, man dürfe greifen nach dem allergrößten Glück! und bin unwert geworden – so im Handumdrehn. Und jetzt bleibt Reue und Mich-schämen bis an meinen letzten Tag. Zdenkerl, du bist die Bessere von uns zweien, du hast das liebevollere Herz, und nichts ist da für dich nichts in der Welt, als was dein Herz dich heißt zu tun. Ich dank dir schön, du gibst mir eine große Lehre daß wir nichts wollen dürfen, nichts verlangen, abwägen nicht und markten nicht und geizen nicht, nur geben und lieb haben immer fort! Sie gibt dabei nicht Mandryka den sehnlich erwarteten Blick, der alles ausgleichen würde. zugleich mit ihr. Wie sanft du zu mir sprichst! du bist nicht bös auf mich! Du bist so unaussprechlich gut, ich kenn dich wie dich keiner kennt, und immer möcht ich alles dir zu liebe tun – Allein. und nur verschwinden hätt ich mögen still und euch nicht kränken! aber du verstehst mich, du, und wirst mich nicht verlassen, was auch jetzt noch kommt! vor sich, sehr zaghaft. Was jetzt noch kommt – O Gott! O Übermaß der Schande! Oh wäre dieser Abend nie gewesen! Das hat keine Prophetin uns vorausgesagt! fest. Was jetzt noch kommt, das ist ganz klar! Er tut einen entschlossenen Schritt, mit einem Blick auf die Pistolen. zu Zdenka. Was immer kommt, ich bin bei dir! den Blick auf Arabella, gepreßt. Was jetzt noch kommt – angstvoll. Papa! Engel vom Himmel, da sei Gott vor, daß dich die Welt beschmutzen dürfe! noch gepreßter. Was jetzt noch kommt – Er wendet sich zum Gehen. leise, über Zdenkas Schulter hin. Mandryka! Sie hält ihre Hand über Zdenka hin in die Luft. stürzt sich auf die Hand. Ich bin nicht wert solche Verzeihung! Still Mandryka! Wir sprechen jetzt nichts mehr. Wir haben jetzt vergessen, was uns hier geschehen ist! Es war nicht unsere Schuld. Wir wollen allen guten Willen haben, für das was jetzt noch kommt! Für das was jetzt noch kommt? Er greift schnell entschlossen Matteo's Hand und führt diesen auf Waldner zu. Brautwerbung kommt! Mit diesem Herrn da trete ich vor Ihnen, hochgeborener Herr, verneige mich und bitte vor für ihn als meinen Freund, daß Sie die Hand nicht weigern ihm von diesem jungen Fräulein. Waldner macht eine abwehrende Gebärde. Nicht weigern ihm was große Liebe ihm verliehen hat! schwach. Matteo! oh, Papa! was ist das alles? muß ich nicht fort? Du mußt jetzt glücklich sein wie dus verdienst! ist gerührt, küßt sie. So wein nicht, Kleine. Reichen Sie mir Ihre Hand, mein Herr. Er reicht Matteo die Hand. Oh Theodor, welch eine Wendung! Kolossal! in Tränen. Oh Theodor! umarmt Adelaide flüchtig, wendet sich dann gleich zu den Spielern. Ich stehe zur Verfügung, meine Herrn! Eilig ab in den Wintergarten, die Spieler mit ihm. murmeln. Wir gehen schlafen. Jetzt passiert nichts mehr. Verschwinden. Führ sie hinauf, Mama. Mandryka tritt einen Schritt auf Arabella zu. Wir sprechen jetzt nichts mehr, bis wieder heller Tag ist! Meinen Sie nicht auch? Adelaide und Zdenka steigen die Stiege hinauf in den ersten Stock. zärtlich. Matteo! Geh nur, er kommt morgen früh. Dann hast du ihn für immer. Matteo verschwindet. Mandryka steht ängstlich gespannt da. zu Mandryka hin, sehr leicht. Kann Ihr Diener im Hof zum Brunnen gehn und mir ein Glas recht frisches Wasser bringen dort hinauf? Welko eilt ab. Ich glaub' es täte mir ganz gut! Sie geht die Stiege hinauf. sieht ihr nach, bis sie oben ist. Jemand muß noch eine Lampe ausgedreht haben, es ist jetzt merklich finsterer. Sie gibt mir keinen Blick, sie sagt nicht Gute Nacht, sie läßt mich stehn und geht. Hab ich was anderes verdient? Was ist verdient auf dieser Welt? Verdient ist nichts, Stockprügel sind verdient für einen Kerl wie mich – aber geschenkt hätt ich gern einen Blick genommen – so einen halben Blick! Welko erscheint, mit einem Glas Wasser auf einem Tablett, sieht Mandryka fragend an. Geh nur hinauf! Welko geht hinauf. traurig vor sich. Sie hat gar nichts gemeint, als ein Glas Wasser haben und Ruh vor meinem Anblick. Oder spotten hat sie wollen, vielleicht –? Wenn sie nur spottet wenigstens, ists doch schon eine Gnade, eine unverdiente, das weiß Gott! Er wendet sich zum Gehen, zögert, wendet sich wieder, schwer, zum Gehen. Arabella erscheint oben, sieht hinunter, ob er da ist, ihr Gesicht leuchtet auf. Sie nimmt das Glas, und steigt mit dem Glas langsam hinunter. Welko hinter ihr. Mandryka schon fast nicht mehr da, wendet sich, sieht Arabella mit dem Glas, das sie mit beiden Händen auf dem Tablett trägt, langsam und feierlich herunterkommen. Vor freudigem Schrecken tritt er hinter sich. von der letzten Stufe. Das war sehr gut, Mandryka, daß Sie noch nicht fortgegangen sind – Mandryka Schritt für Schritt näher. Das Glas da habe ich austrinken wollen ganz allein auf das Vergessen von dem Bösen, was gewesen ist und still zu Bett gehn, und nicht denken mehr an Sie und mich, und an das Ganze was da zwischen uns gewesen ist bis wieder heller Tag gekommen wäre über uns, vielleicht – vielleicht auch nicht. Das war in Gottes Hand. Dann aber, wie ich Sie gespürt hab hier im Finstern stehn hat eine große Macht mich angerührt von oben bis ans Herz daß ich mich nicht erfrischen muß an einem Trunk: nein, mich erfrischt schon das Gefühl von meinem Glück, daß ich gefunden hab den, der mich angebunden hat an sein Geschick mich angebunden daß ich mich nicht mehr losmachen kann – und diesen unberührten Trank kredenz ich meinem Freund, den Abend, wo die freie Mädchenzeit zu Ende ist für mich. Sie steigt von der Stufe und reicht ihm das Glas hin. Welko nimmt ihr geschickt das leere Tablett aus der Hand und verschwindet. indem er schnell in einem Zug austrinkt und das Glas hoch in seiner Rechten hält. So wahr aus diesem Glas da keiner trinken wird nach mir, so bist du mein und ich bin dein für ewige Zeit! Er schmettert das Glas auf die Steinstufen. steht wieder auf der Stufe und legt ihm die Hand auf die Schulter. Und so sind wir Verlobte und Verbundene auf Freud und Leid, und Wehtun und Verzeihn! Auf immer, du mein Engel, und auf alles was da kommen wird! Und du wirst glauben –? Du wirst bleiben wie du bist? Ich kann nicht anders werden, nimm mich wie ich bin! Sie sinkt ihm in die Arme, er küßt sie, sie macht sich schnell los und läuft die Stiege hinauf. Er sieht ihr nach. Vorhang.