Kunstzopf Mel. In einem Thal bei armen Hirten Erschien mit jedem jungen Jahr. Aus deinem eignen Haar gewunden Ward dir ein ungeheurer Zopf. Schon hundert Jahre sind verschwunden, Dir aber blieb der Zopf am Kopf. Viel große Meister sahn ihn hangen, Und jeder nahm dir ab ein Stück; Sie alle sind dann heimgegangen, Dir aber blieb der Zopf zurück. Geheimnißvoll und zaubrisch schwebet Der Zopf ob allen Staffelein, Und keiner der da lebt und webet Will dich, o freie Kunst, befrei'n. Was dir noch blieb, wird werthgehalten In allen Kunstakademien: Die Alten bleiben gern beim Alten, Und keiner darf ein Haar draus ziehn. Drum mag's dich auch nicht weiter quälen, Wir alle tragen unser Leid; An Zöpfen wird's der Welt nicht fehlen Von nun an bis in Ewigkeit. Und wird dein alter Kopfschmuck schwinden, Dann sind die Meister gleich bereit, Dir einen neuen Zopf zu winden, Wie er sich passt für unsre Zeit.