7. Richtig, es lockt ein Stimmchen, ein Hauch nur, wie ihn ein Vogel Singt im grauenden Tag, wenn er die Eule noch scheut, Und da flattert ein Zipfel vom Kleid. Nun, Zoccolo, laß uns Zu ihr gehen; sie harrt deiner – und meiner? vielleicht. Sieh, da steht sie und tut ganz fremd und breitet gelassen Über die Fläche des Dachs sauber zum Bleichen das Garn. Komm nun oben hinauf. Hier trennt uns immer des Hofes Breite; doch oben berührt nahe sich Dach mit dem Dach. Leider, die Mauer verwehrt, mannshoch, hinüberzuwandern; Ach, es erbaute sie einst fluchend mit eigener Hand Unser verehrtes Familienhaupt, Francesco. Die kluge Schwester Luisa, sie war fast noch ein Kind und bereits Händeln der Liebe geneigt. Oft schlich zu der Kleinen der hübsche Britische Knabe, der Sohn jenes begüterten Paars, Welchem der Apotheker die oberen Zimmer vermietet; Nimmer den englischen Spleen spülten im Golfe sie ab. Aber das Söhnchen erkor sich ein Mittelchen wider die Langweil, Bis ihm die Kurzweil, ach! Tücke des Bruders verdarb. Fand er nun doch hinüber den Weg? Deß schweigt die Geschichte; Doch wo fände den Weg Liebe, die wagende, nicht? Mir war immer die Mauer zu hoch, zum klaren Beweise, Daß nicht Liebe den Fuß leitet' hinauf zum Altan. Ehrbar rückte den Schemel ich nah an die leidige Festung, Über die Zinne nach ihr schaut' ich bequemlich hinaus. Erst vollbrachte sie ganz ihr Werk, und den Finger am Munde Sah sie mich an; derweil dunkelte leise der Tag, Läuteten ferne die Glocken. Sie späht rings über die Brustwehr, Aber die Luft schien rein. Jetzt zu dem oberen Dach Kommt sie; ich seh's, sie zwingt sich ein ernstes Gesicht zu behaupten, Doch ein Lächeln umspielt heimlich den schwellenden Mund. Gebt mir den Zoccolo wieder, Signor! Ihr habt ihn, ich weiß es, Und was habt Ihr daran? – Dich, Mariuccia; du mußt Mir stillhalten, so lang mir beliebt. Nun sage vor allem: Hast du die Mutter versöhnt? – Reden wir leiser, Signor! Angiolina belauscht uns sonst. Die Schändliche! sie war's, Die mir den schimpflichen Streich heut bei der Mamma gespielt. Neidisch ist sie und jedem verhaßt, wie sehr sie gelehrt ist; Davon wird ihr Gesicht wie die Limone so gelb. Sagt, was konnt' ich dafür? Ich kam zu Luisa, zu Euch nicht; Und ein Wörtchen mit Euch – wäre die Sünde so groß? Doch gleich lief sie herum zu der Mutter und rief: Mariuccia Ist beim Fremden; sie stehn öffentlich auf dem Altan. Nun, Ihr wißt, wie Mütter sich gleich das Gefährlichste denken; Meine – sie ist nicht schlimm, doch wie die anderen auch. Mühsam hab' ich es ihr auseinandergesetzt. – Die verruchte Schwätzerin! Höre sie das, wenn sie auch jetzt spioniert! – Zitto! Seid vorsichtig, ums Himmelswillen. Ich darf nicht Tun, als wüßt' ich darum. Sehet, ich stelle mich auch Freundlich zu ihr. Denn es ginge vom Argen ins Ärgste, versäumt' ich's; Ja, und sie redet sich vor, daß sie mit Grund mich bewacht. Denn ihr Onkel – Ihr saht ihn wohl, er geht mit dem braunen Römischen Hute, wie Ihr – machte mir früher den Hof. Doch dann reist' er davon, und sie sagen, er sei in Milano Lange gewesen und gar weiter hinauf in Paris, Mit Mazzini und anderen Herrn, die alle zerstoben, Als sich die Könige dann wieder zu Meistern gemacht. Vor vier Monden erschien er auf einmal hier in Sorrento, Trat zum Bruder ins Haus, nur mit dem leichten Gewehr; Aber er trug in den Taschen ein wichtiges Häufchen Dukaten, Und sie schwatzten: er nimmt jetzt Mariuccia zur Frau. Seht, wir sind ein wenig verwandt. Doch meine Familie Kam seit Jahren zurück. Früher – da galt es ihm gleich. Jetzt – was ist Mariuccia dem Herrn? Mich kümmert es wenig, Angiolinen sogar freut es; sie gönnte mir's nicht. Und nun quält sie mich doch und paßt auf Schritt mir und Tritt auf, Daß sie an Gallen und Gift noch zur Orange vergilbt. Und doch tu' ich, wonach mein Sinn steht. Aber ich muß mich Hüten, ein anderes Mal offen wie heut es zu tun. Gebt nun, bitte, den Zoccolo, Herr! – Da ist er! – Ich reicht' ihn Über die Mauer, und warm fühlt' ich die Nähe der Hand. Wie sie den Fuß nun hob und gebückt anpaßte das Schühlein, Über das holde Gesicht fielen die Flechten herab. Und ich sagte: Wie ist's nur möglich, daß er dich täglich Sieht, Mariuccia, und nicht dich zu besitzen entbrennt? Und sie rümpfte das Mündchen und sprach: Habsüchtige Männer! Schönheit reizet sie wohl, doch es gewinnt sie das Gold. Oder vielleicht auch haben ihm andere besser gefallen. Saget, die Mädchen bei Euch sind sie denn schöner als hier? Eure Geliebte zum Beispiel gleich? – Mir ist sie die Schönste, Die ich irgend gesehn, aber die Liebste gewiß. – Diese Ringe – Ihr habt sie von ihr? da muß sie auch reich sein. Wie alt ist sie? und sagt, bitte, wie heißet sie auch? – Margherita; sie ist in deinen Jahren; im Wuchs auch Gleichet sie dir und im Mund, aber die Augen sind braun. – Seht, mich freut es; ich hab' Euch gern, Euch gönn' ich die Beste; Doch Ihr reiset gewiß bald zu der Liebsten zurück? – Wär' dir's leid, Mariuccia? – Sie schwieg. Ich höre die Tür gehn, Sagte sie rasch. Lebt wohl! – Bleib noch ein weniges! – Nein, Aber ich komm' schon wieder. Felice notte! – Sie lief zum Treppchen zurück und stand dorten und horchte hinab. Dann noch einmal blickte sie um und winkte mit beiden Bräunlichen Armen und ach! lachte mit Augen und Mund. Langsam stieg ich herab vom Schemel. Des Onkels gedacht' ich, Ballt' unwillig die Faust gegen den flüchtigen Mann. Einer von uns ist wahrlich ein Tor, so rief ich; mein Auge Narrt mich, oder der Mensch, der sie verschmäht, ist ein Narr.