Horaz Hier am Ufer des Sees, der mir von Süden her Unterm Hauche des Föhn hoch an die Brüstung spritzt, Wandl' ich lesend und sinnend, Meinen alten Horaz zur Hand; Noch das nämliche Buch, draus in der Prima schon Lang versunkener Welt Zauber mich angerührt; Denn es kehrt zu der ersten Lieb' uns immer das Herz zurück. Und ich denke, wie früh ernst ich beflissen war, Dem Venusischen Schwan zagenden Flügelschlags Mich auf rhythmischen Flügen Nachzuschwingen begeistrungsvoll; Wie ich groß mich gedünkt, wenn im alkäischen Oder sapphischen Maß eine der Oden mir Nachzustammeln geglückt war In pedantischem Schülerdeutsch. Damals zog ich zumeist jene Gedichte vor, Drin ein zärtlicher Hauch wittert der Leidenschaft Und des Leides, mit dem die Falschheit immer der Treue lohnt. Pyrrha glaubt' ich zu sehn, von dem begünstigten Neuen Liebsten umarmt unter der schattigen Rosenlaube, dieweil sich Stolz der Dichter zurückezog; Und in eigener Brust fühlt' ich der Eifersucht Brand, wenn Lydia frech rühmte des Telephus Ros'gen Nacken, die schönen Arme, weiß wie aus Wachs geformt. Gute Jugend! Es liest jeder ein andres sich Aus den Versen heraus eines Poeten, dem Als dem Liebling der Götter Wenig Menschliches ferne blieb. Jetzt, da längst ich wie du hing an der Tempelwand Auf mein triefendes Kleid, als ein Votivgeschenk Jenem Gott, der im Hafen Wohlbehalten mich landen ließ, Lausch' ich, alter Horaz, lieber verständnisvoll Deinem klugen Gespräch, wenn du vom Weltenlauf Mit gelassner Entsagung Sprichst und rühmst die Genügsamkeit. Dein Kollege Katull drüben auf Sirmio, Ruhlos bis an den Tod brannte das Herz in ihm. Du taugst besser zum weisen Hausfreund einem Gealterten.