Verteidigung Nein, das kannst du doch nicht im Ernste meinen, Daß in Freundschaft die Liebe sei verwandelt, Da ich längst mich des guten Brauchs entwöhnte, Dich in zärtlichen Liedern anzusingen. Pflegt doch selber die Nachtigall, sobald ihr Nest sie baute, die lyrischen Ergüsse Ihrer schmachtenden Brautzeit einzustellen. Denn, sein Weibchen zu loben, ist mit Recht wohl Unter Männern verpönt als höchst geschmacklos, Da man stets in der Frau sich selber lobe. Ich nun vollends – verdient' ich deine Klage, Da, gesteh es nur ein, auf all mein Dichten So bedenklichen Einfluß du geübt hast? Ach, ich höre von meinen hochwohlweisen Rezensenten noch heut den ew'gen Vorwurf, Daß, so alt ich geworden, ich noch immer Schönheitstrunken den schnöden Schattenseiten Dieser heutigen Welt den Rücken wende, Daß insonderheit meine Fraungestalten Stets von adligem Glanz umflossen schienen. Doch, Geliebteste, wenn in meiner Dichtung Holde weibliche Wesen dir begegnen, Liebevollen Gemüts, von feiner Klugheit, Auf sich selber beruhend und so weiter – Wer, du Zweiflerin, hat die große Sünde Meines Idealistentums verschuldet, Als die Eine, die mir an Durchschnittsweibern Ein für allemal den Geschmack verdorben?