Das Grab des Heilandes So schläfst Du nun den Todesschlaf im Grabe, Du junger Held, der schöne Dornen trug. Dein Leben war für Tausend Lebensgabe, Dein Tod erquickt auch Sterbende mit Muth. Ruh denn, erlöst von allem Jammer, Womit Dich Menschenhärte traf, In Deiner stillen Kammer Den schwer errungnen Schlaf! Du aber, Freund, an diesem bittern Tage Komm, schau mit mir der Menschheit Scenen an! Sieh, welch ein Mensch! betracht ihn tief und sage, Wer Menschen segnender je werden kann! Komm, laß an seiner Gruft uns denken, Was uns im Tod allein erfreut! Aus Liebe sich zu kränken, Ist süße Dankbarkeit. In Nazareth, am Galiläermeere, Wer gab dem Jünglinge den hohen Geist, Der, wie entkommen schon der Erden Schwere, Sein Reich den Himmel, Gott nur Vater heißt, Und schaut, wie seine Sonne leuchtet Auf Bös' und Gute, wie sein Thau So Ros' als Dorn befeuchtet Auf einer Gottesau'! »Auf, laßt uns Kinder sein der Vatergüte, Vollkommen, wie der Herr vollkommen ist!« So pflanzt' er in der Sterblichen Gemüthe Unsterblich Wesen, das sich selbst vergißt Und im Verborgnen schafft und betet, Für Menschen schafft, für Feinde fleht, Still für die Zukunft säet Und still von dannen geht. »Glücksel'ge Armen! glücklich, die da leiden In sanfter Unschuld, die Erbarmenden, Die, reines Herzens, Menschen Fried' und Freuden Und Mitleid reichen und den Haß bestehn! Seid fröhlich und getrost! Euch lohnet Im Himmel ew'ger Trost und Lohn, Wo jeder Gute wohnet, Dem Haß der Welt entflohn. Ihr seid der Zeiten Licht, das Salz der Erde, Ein Stern der Nacht, ein Keim der Fruchtbarkeit; In Euch ist Glanz, damit Glanz um Euch werde, In Euch ist Reichthum, der die Erde weiht! Auf! dringet durch die enge Pforte! Eng ist die Pforte, schmal der Weg, Der zu dem Freudenorte Führt unbetretnen Steg.« So sprach er und ging selbst der Dornen Pfade, Die noch dem Sterbenden sein blutig Haupt Im Kranze schmückten. Haupt, Du lächelst Gnade, Als hätte Ros' und Lorbeer Dich umlaubt! Entschlummre! Bald wird Deine Krone, Siegprangend wie der Sterne Glanz, Dem Menschengott zum Lohne Ein ew'ger Gotteskranz. Denn sanft wie Gott, gefällig gleich den Engeln, War Güte nur und Huld sein Königreich. Mitfühlend unsrer Last und unsern Mängeln, Nur sich allein an Kraft und Würde gleich, Ein Gotteseifrer ohn' Entrüsten, Der, nie verhöhnend, oft beweint, Was Menschen dulden müßten, Ein ächter Menschenfreund. Wie? hatt' er nicht schon lebend g'nug gelitten? Er, dessen Herz das Mitleid selber war; Ein zarter Sproß, um den die Stürme stritten, Ein Arzt, dem fremdes eigen Leid gebar. »Laß diesen Kelch vorübergehen! Doch, Vater, Du hast ihn gefüllt; Dein Wille soll geschehen! Nicht ich – wie Du, Herr, willt.« Er trank ihn! Als nun seine zarten Glieder Gefühl der Gottverlassenheit durchdrang; Schon drückte Nacht die matten Augenlider, Des schweren Hohnes schwarze Wolke sank; Zerrissen war der letzten Schmerzen Geliebter Knote, der den Freund Mit Freund'- und Mutterherzen Im Tode noch vereint; Da blickt' er auf und sah die schönen Auen, Die er dem Sünder mitleidsvoll verhieß. »Gedenk an mich und laß Dein Reich mich schauen!« »Heut sollst Du's schau'n, der Freuden Paradies! – Empfang in Deine Vaterhände Den matten Geist! – Es ist vollbracht!« Da kam sein stilles Ende, Sein Auge schloß die Nacht. Nicht Thränen, Freund, ein Leben ihm zu weihen, Wie seines – das nur ist Religion. Was ihn erfreute, soll auch uns erfreuen; Was er verschmähte, sei uns schlechter Lohn! Mit Güte Bosheit überwinden, Den Haß der Welt, wie er, verzeihn, Im Wohlthun Rache finden, Soll Christenthum uns sein.