Pfingstkantate 1773. Herr, wie lange Willst Du unser So gar vergessen, Daß unsre Feinde sagen sollen: »Wo ist nun Euer Gott?« Hat Jesus sie verlassen? Ihr Freund! Der's immer ihnen treu gemeint, Ihr Bruder, Retter in Gefahr Und Lehrer, Vater war, Hat er sie jetzo, Waisen, gar Verlassen? Der sich von ihnen schwang, nur ihnen Trost zu senden, Zu dem sie lange flehn! Um den sie beben! – Kann er sehn Sie um sich beben? untergehn Sein Evangelium? zum Spott sie Räuberhänden Girrend dahingegeben sehn? Gilt ihm kein Flehn? gilt ihm kein Flehn? Schlummert in der Gottheit Armen Dein Erbarmen? Brüder flehen unerhört? Oder in die Luft geschwunden, Trug, daß seine Heldenwunden Sonnenglanz verklärt? Ach! erwach' in Gottes Armen Dein Erbarmen! Brüder flehn und sind erhört! Komm, heiliger Geist, Himmelsgluth! Erfüll mit Deinem Freudenmuth Dieser Zagenden Herz, Muth und Sinn, Daß Gottheit, Gottheit flamme drin! Der Du durch Deines Lichtes Glanz Zum Glauben sollst Dir sammeln ganz Den Erdenball in allen Zungen, Wann wird, o Geist, Dein Lob gesungen? Hallelujah! Wie wird, wie wird es? Aller Himmel Brausen Umringet, füllt Den Tempel, wo sie zittern. Der Herr in Ungewittern? Heil uns! gestillt! Welch sanftes Sausen Umfleußt uns! – Duft! Himmelsluft! Seliger Klang! Engelssang! Sie singen! Alle singen Und flammen himmelan! Völker dringen Staunend hinan, Beten an, Staunen an: »In all, all unsern Zungen Wird Gott, wird Gott besungen!« Gesang, Gesang, fleug himmelan! 1. Ihr Stummen, singet! Stumme singen. 2. Frohlockt, Ihr Blöden! Blöde schwingen – Zu Gott welch hohen Jubel empor! Stimmt an ein Chor, stimmt an ein Chor! Gott giebt seinen Geist Ueber Alle! Jünglinge sehn die Zukunft! Greise den Himmel schaun! 1. Ihr Stummen, singet! Stumme singen. 2. Ihr Blöden, schwinget! Blöde schwingen – Zu Gott wie hohen Jubel empor! Die Welt wird Chor, die Welt wird Chor! Du heiliges Licht! Gottes Wort Laß leuchten hie und da und dort! Daß Gott, den Guten, All' erkennen, Daß Alle Vater ihn nennen! O Gott, der wahren Weisheit Lehr' Ist ewig Leben! – Läutre, mehr', O mehre Du der Weisheit Lehren, Daß Jesum Christum Alle ehren! Hallelujah! Ich seh', ich seh'! die Boten Jesu fliegen Wie Flammen Gottes in die Welt, Ins Dunkel aller Nationen! – Fällt Das Dunkel graus-uralter Nebel! Es fällt! Seht hin ins Dunkel! Aufgehellt Geht Himmel aus der Nacht. Jauchze, Welt! Morgen erwacht! – – Nicht mehr Höhl' ein, zu engen Kreisen, Umringt mit Abersagentand, Wird man um Weisheit reisen – Und finden Tand! Auf Weg und Stegen alles Land Wird Gott, den Einen, Gott, den Guten, preisen Und werden heilig Land! – Ich seh', ich sehe! Engel Jesu kriegen Mit Götzen, Priestern, Furienheer, Scheusalen kriegen. Siegen sie? Die Engel Jesu siegen; Die Götzen sind nicht mehr! Was seh' ich? Dort auch Märtyrer, Ein jauchzend, blutend Heer! Sie tragen Heldenwunden Wie Jesus! – Zittert nicht! – Sie haben Tod gefunden; Die Welt hat Licht! Terzett der verschiedenen Nationen. 1. Lang' ächzten wir in dunkeln Hainen: »Wann wird, wann wird uns Licht erscheinen?« Triumph! Triumph! mit Sonnenpracht Ist Wahrheit Euch gebracht! 2. Lang' ächzten wir in Sklavenketten: »Kommt auch ein Retter, uns zu retten?« Getrost, getrost! einst bruderfrei Die weite Erde sei! Noch leben wir ein dunkles Leben; Ist's Tod oder Himmel, dem wir beben? Getrost, getrost! Auf Grabes Nacht Des Himmels Morgenpracht! 1. So wandeln wir und fallen nicht; Der Herr ist unser Licht! 2. Und kämpfen mit uns edeln Krieg; Der Herr ist unser Sieg! Und eilen froh dem Tode zu; Im Tode wohnet Ruh! Lang' ächzten wir in dunkeln Hainen etc. – Morgenpracht. Du heilige Kraft, süßer Trost, Nun hilf uns, fröhlich und getrost In Deiner Hoffnung ewig bleiben, Daß Trübsal' nie uns abtreiben! Herr, Deine Kraft mach uns bereit Und stärk der Seele Mattigkeit, Daß wir als Ueberwinder ringen Und todt und lebend zu Dir dringen! Hallelujah! Sie waren All' ein Herz und eine Seele, Und große Freude bei ihnen Allen, Und beteten und lobeten Gott! Voll Gottes bin ich! Mich Regt Geistesodem! Mich Trägt seine Stimme! Wo nur ich Hingehe, strahlt sein Licht! Und folg' ich nicht, Wie klaget Es in mir! zaget Mein Wesen inniglich! Bis mein Sinn Vor Gott in Thränen Schmilzet hin, Wallt mit Sehnen, Zürnt zur Unschuld hin Und fühlt wie neue hohe Triebe Zu Gottessinne, Christusliebe, Wie Sonnenhelle, Sonnengluth! Dann bin ich gut! Und ob ermattet oft und müde, Ich stärke – nein, sie stärket mich, Die Flamm' in mir, mit Muth! Bezwinge mich, Klimm' auf, und Gottesfriede Geht auf in mir mit sanfter, süßer Ruh. O Tröster Du! o Tröster Du! Choral 1. Geist der Gnade, laß mein Herz Stets nur richtig winken, Nicht in Freude, nicht in Schmerz Steigen noch versinken! Himmelsruh Pflanze Du In die blöde Seele, Daß sie Wahrheit wähle! Welche der Geist Gottes treibt, Die sind Gottes Kinder! Geist der Liebe, laß, o laß Selbst mich überwinden! Mich dem Spotte, mich dem Haß Eigne Rach' nicht finden! Gutes thun! Edel ruhn! Ueber alle Kronen Ist's, mit Güte lohnen! So wir anders mit ihm leiden! Daß wir uns mit ihm freun! Geist des Trostes, Himmelspfand! Zeig uns, wenn wir scheiden, Droben unser Vaterland Für der Erde Leiden! Sinkt mein Blick Matt zurück, Hilf empor dem Blicke, Wenn er sinkt zurücke! Der Geist vertritt uns aufs Beste Mit unaussprechlichem Seufzen Und ruft in unsern Herzen: »Abba, Vater!«