Die Auferweckung des Lazarus 1772. Er ist dahin, den Gott mir nahm! Wo nimmer Keiner wiederkam, Und was ich Thränen auf sein Grab Weine, kommen nicht hinab! Nein! Er ist dahin! liegt öd' allein Und droben sein Leichenstein. – War all mein Freund- und Bruderherz, Und nun zerrissen ist mein Herz! Ist bei ihm droben! Zu ihm hin, Seufzer! findet Ihr ihn? Nein! Ist hin, ist fern in Gottes Land, Ich nieden im Erdentand. Maria, ach, Du murrest Zu Gott empor! Du schiltst Des großen Vaters aller Lebenden Und Todten Rath umsonst! Kann Dich das Grab Erhören? kann Ihn Deine Thräne wecken? Und was ich denk' und red' und thu', Nichts giebt doch, nichts dem Herzen Ruh. »Blüht,« sprach ich, »Blumen, um ihn her, Trost mir!« Sie blühn nicht mehr! Nein! Ein Sturm, der kam! der Zweig, er brach, Sein Blättlein welket nach! Und ist Jesus, unser Freund, Der Mitleidvolle, nicht auf Erden? Kann Er ihn, o Schwester, kann er ihn Uns nicht auch wiedergeben? Ach! Da ich an seinen Worten hing Und, Engel, in den Himmel ging Und salbete mit Thränen Und trocknete mit meinem Haar Den Fuß des Lieben – ach, wie war Mir Freude da! Mein Herz Spricht: »Noch sei Freude da!« Spricht: »Jesus ist nah!« (Sie eilt hinweg.) All ihre Sorg' und Müh und Freude Ist mir nicht mehr, Bin für die Schattenerde Kaum Schatte mehr. In seiner Welt, Da ist mir Freude Und Herz und Theil! Wenn Trost und Rettung schwunden ist, Die uns die Welt erzeiget, So kommt in tiefster Jammersfrist Der Schöpfer selbst und neiget Die Vaterhand dem Kinde zu, Und schnell am Jammer wohnet Ruh, Und aus der Nacht bricht Morgen. Maria! unser Freund erscheinet. Auf! Vertrau und bete! Aria. Ach, wärst Du hie gewesen, Er wäre nicht verschieden, Mein Bruder, nicht verschieden! Dein Bruder, er soll auferstehn! Auferstehn am jüngsten, späten Tage! Und dann doch selig! frei von Plage, Von Trennung frei! Ich werd' ihn sehn! Den Bruder sehn! Ja, Arme! sollst ihn sehn. Ach, wärst Du hier gewesen! Christus ist Auferstehung und Leben; Wer an ihn glaubt, der Todte soll leben, Der Lebende sterben nimmermehr! Ich weiß, daß mein Erlöser lebt, Und mit ihm werd' ich leben, Aus meinem Grabe schweben, Wie er einst seinem Grab entschwebt'; Auf neuen Himmelsauen Den Herren werd' ich schauen, Mein Ich, mit neuer Hüll' umwebt, In diesen Augen schauen, Der für mich starb und für mich lebt; Drum sterb' ich ohne Grauen. Ach, Herr, da ist die Kluft! Er modert schon Vier lange Tag' und Nächte, In seiner Höhl' allein! Zuschauer. 1. O sieh, Ihm thränet selbst sein mildes Auge nun! Er hat fürwahr ihn sehr geliebet! 2. Und Der ihn so sehr geliebt Und Blinde wieder sehend wähnet, ja, Konnt' er nicht seinen Freund Unsterblich wähnen? 1. Schweig! Er zürnet! Alle weinen! (Klagende Accente der Musik sprechen allein und erheben sich allmählig.) Ich hab' Euch, Weinende, gesagt Und sage: »Könnt Ihr glauben? Und schauen Gottes Herrlichkeit?« Hinweg Den Fels! – Dir, Vater, Dank, Daß Du mich hörest! hörest allezeit, Den Du gesandt! – Komm, Lazarus, empor! O Gott, ein Weben! Schauer dringt Durch alle Wesen! Grab, Das Grab voll Feuerstrahl Und Leben! Seht, Der Todte regt sich! kommt empor Mit Grabesbinden! Löset ihn! Und Ihr, erzittert nicht! Maria, Nimm ihn, den Bruder! lebe Mit ihm gen Himmel, ein Herz und Sinn! Ihr sollet hier Nicht lange weilen! sollet bald In einem Kuß der Schwester-, Bruderliebe Zum schönern Leben scheiden! Mein Bruder, wieder mir gegeben. Nach Grab und Noth zum schönern Leben! Maria, wieder mir gegeben Aus Nacht und Traum zum schönern Leben! O Freund, nimm unsre Thränen an! Dem Moder hatt' ich ihn gegeben; O, sieh mich Dir zu Füßen beben! Wir wandeln Hand in Hand durchs Leben – Im Todeskuß zum schönern Leben – Gen Himmel hin, die schöne Bahn. O Freund, nimm unsre Thränen an! Choräle. (Alte Kirchenmelodie: Jesus Christus, unser Heiland etc.) 1. Auferstehung Gottes, Du wirst sein! Mit Jesu gehn wir ein Ins Himmelsleben. O Tod, wo ist Dein Beben? Wo wird es sein? Der Tod verschlungen in Sieg, Tod, wo ist Dein Pfeil? Hölle, Dein Sieg? 2. Auferstehung Gottes, Du wirst sein! Kein Pilger wallt allein, Sind Alle Brüder, Und Brüder Jesu! Glieder Der Krone sein! In der Auferstehung Gottes die Gerechten werden sein Wie Engel Gottes im Himmel! 3. Auferstehung Gottes, Du wirst sein, Nicht Schicksal mehr wird sein! Sind überwunden Der Trennung bange Stunden, Der Erde Pein! Meine Seele sterbe Des Todes der Gerechten! Mein Ende sei Ihr Ende!