Ein Rosengrab Ein Kindlein war geboren, Ein Mägdlein zart und licht; Ach, ist es denn verloren? Ich such', und find' es nicht. Die blauen Augen blickten Mich an so fromm und mild, Und goldne Locken schmückten Das liebe klare Bild. Es saß so lieb und sinnig Auf grüner Frühlingsau Und lächelte so innig Hinauf in's Himmelsblau. Ich sah es wol im Garten, Wenn hell der Lenz erschien, Der Maienblumen warten Und selbst wie Blümlein blühn. Es ging so gern alleine Im frühen Morgenroth; Wo ist das Kindlein reine? Sagt, Blumen, ist es todt? »Wie man so pflegt zu sagen, Du fremder Wandersmann; Doch laß Dein ängstlich Fragen Und sieh uns Rosen an. Wir weißen Rosen scheinen Von einem Hügel klein, Da legten sie mit Weinen Ein Mägdlein jüngst hinein, Das schlief auf Maienglocken So still, unschuldig, fein, Das schmückten goldne Locken Fast wie ein Engelein. Wir weißen Rosen blühen Gern über seiner Brust; Doch was wir aus ihm blühen, Das ist uns unbewußt. Hast Du nach ihm Verlangen, So sieh zum Himmel auf; Es ist nur heimgegangen; Willst Du nicht auch hinauf? Wir Rosen müssen stehen Hier als des Todes Zier, Und wenn wir welk vergehen, Mein Freund, dann sprechen wir: Staub wird dies Lustgewimmel Der Blumen Glanz und Gluth. Der Vater in dem Himmel Allein ist schön und gut.« Berlin, 1815.