Vom 18. März 1871 Der Vater spricht zu seinem Sohne: »Was weißt du von der Kommune, mein Sohn?! Der Einundsiebziger Revolution In Paris, dem riesigen Rattennest, Dem Hungerkessel voll Tod und Pest, Wo aufsprang im Märzensonnenstrahle Die purpurne Internationale. Du weißt von Sedan und Gravelotte, Wo sie geopfert dem alten Gott, Dem Gott der nationalen Revanche, Gloiren- und Mitrailleusenbranche, Mit Bajonetten und blauen Bomben Turmhohe Menschenhekatomben. Wir, Kind, wir haben den Frieden gewollt, Lilien auf rosigem Grund entrollt. Unsern Wehruf ließ man verhallen, In Gottes Namen sie mußten knallen, Knallen von Spichern bis nach Paris Und sich metzeln und morden mit Kugel und Spieß. Und wieder war es am achtzehnten März, Da war geschwollen der Zorn und der Schmerz, Da war geschwollen der Groll und die Not, Dumpf dröhnte des Elends Aufgebot. Schuld und Schande, die schrieen nach Sühne – Am achtzehnten März schlug durch die Kommune. Da hat auf dem Stadthaus salvenumknattert Die rote Fahne im Sturm geflattert. Da wuchsen in schäumenden Pulverschwaden Aus steinernem Boden die Barrikaden, Und um die geretteten Bürgerkanonen Brandet's von Arbeiterbataillonen. Da schwärmten die Linien der Tyrannei Zu ihren Brüdern und wurden frei. Der Arbeit Männer traten ins Amt, Sie haben die Frechheit der Fäulnis verdammt, Verdammt die hohnlachenden Volksausbeuter, Die Markaussauger und Lügenhäuter. Und mit Trommelwirbel und Donnerhall Ein Jubelwinken und Zinkenschall! Bajonette ins blinkende Licht gepflanzt, Auf blitzenden Spitzen Rotkäppis getanzt! Rotschärpig die Freiheit hoch auf der Tribüne; Die Marseillaise! Und: ›Vive la Commune!‹ Durch Paris im purpurnen Kleid Wandelte groß die Gerechtigkeit. Des Geldsacks Wuchergewalt zu schwächen, Dem Verbrechen den Star zu stechen, Reckte die Armut den Arm voll Mut. Auf beiden Seiten floß rotes Blut. Da ist auch in ihrer Kaiserpracht Die Dünkelsäule Vendôme zerkracht. Im Louvre die schönen Heidengötter Schreckt auf das Versailler Granatenwetter. Stolze Paläste zusammengeschossen, Nur meist von Turkos, Thiers und Genossen. Der Löwin gleich, der die Brut man verheert, Hat sich das Volk seiner Freiheit gewehrt. Da warfen Mädchen sich in die Lücken, Die Soldateska riß sie zu Stücken, Sterbenden Lieben mit stolzem Grauen Neigten sich vorwärtsstürmende Frauen. O tollkühn ging es um Freiheit und Tod! Dumpf stöhnte des Elends Aufgebot. Zu locker das Band, mein Sohn, um zu siegen! So mußt' es der Meute der Mannszucht erliegen, Und ein Schlachten, ein gräßlich Würgen begann, So wütet und rast ja kein trunkner Tyrann. Frauen und Kinder, des Volkes Blüte, Schluckte die ›Ordnung‹, verschlang die ›Güte‹. Sanfte Sensen, die Mitrailleusen, Durften vom schädlichen Licht sie erlösen, Und der Überrest aus Höllen-Paris Kam nach Cayenne ins Paradies. Zumal General Marquis Gallifet War milde wie eine Maienfee. Der ließ, um nicht einzeln zu genieren, Immer per Hundert sie wegrasieren; Rücklings in Bäder von brennendem Kalk, Ihren Durst zu löschen. So mild war der Schalk. Manch Opfer hat sich noch röchelnd gebäumt Und noch einmal den Sieg des Gerechten geträumt, Und den Tod schon trinkend, noch eh es vorbei: ›Es lebe die Freiheit!‹ sein letzter Schrei. Und die Kugel im Herzen, von Kolben zermalmt, In loderndem Öle verkohlt und verqualmt. Knabe! Die Sprache schaudert zusammen, Meine Lippen versengen die Flammen. Freiheit, o segenrauschendes Meer, Roll deine leuchtenden Wogen einher! Mit deinen leiderlösenden Fluten Lösche die Sehnsucht der Edlen, der Guten! Wir säen ja nimmer die rächende Saat, Wir zimmern die Zukunft mit Rat und mit Tat, Unseren Vorposten wollen wir danken, Die für die Rechte der Menschheit sanken. Komm, lies mir das Vorspiel der Freiheit, mein Kind, Und strafe Lügen, die Lügner sind!«