Maria Antoinette Wie heiter im Tuilerienschloß Blinken die Spiegelfenster, Und dennoch dort am hellen Tag Gehn um die alten Gespenster. Es spukt im Pavillon de Flor' Maria Antoinette; Sie hält dort morgens ihr Lever Mit strenger Etikette. Geputzte Hofdamen. Die meisten stehn, Auf Taburetts andre sitzen; Die Kleider von Atlas und Goldbrokat, Behängt mit Juwelen und Spitzen. Die Taille ist schmal, der Reifrock bauscht, Darunter lauschen die netten Hochhackigen Füßchen so klug hervor – Ach, wenn sie nur Köpfe hätten! Sie haben alle keinen Kopf, Der Königin selbst manquieret Der Kopf, und Ihro Majestät Ist deshalb nicht frisieret. Ja, sie, die mit turmhohem Toupet So stolz sich konnte gebaren, Die Tochter Maria Theresias, Die Enkelin deutscher Cäsaren, Sie muß jetzt spuken ohne Frisur Und ohne Kopf, im Kreise Von unfrisierten Edelfraun, Die kopflos gleicherweise. Das sind die Folgen der Revolution Und ihrer fatalen Doktrine; An allem ist schuld Jean Jacques Rousseau, Voltaire und die Guillotine. Doch sonderbar! es dünkt mich schier, Als hätten die armen Geschöpfe Gar nicht bemerkt, wie tot sie sind Und daß sie verloren die Köpfe. Ein leeres Gespreize, ganz wie sonst, Ein abgeschmacktes Scherwenzen – Possierlich sind und schauderhaft Die kopflosen Reverenzen. Es knickst die erste Dame d'atour Und bringt ein Hemd von Linnen; Die zweite reicht es der Königin, Und beide knicksen von hinnen. Die dritte Dam' und die vierte Dam' Knicksen und niederknien Vor Ihrer Majestät, um Ihr Die Strümpfe anzuziehen. Ein Ehrenfräulein kommt und knickst Und bringt das Morgenjäckchen; Ein andres Fräulein knickst und bringt Der Königin Unterröckchen. Die Oberhofmeisterin steht dabei, Sie fächert die Brust, die weiße, Und in Ermanglung eines Kopfs Lächelt sie mit dem Steiße. Wohl durch die verhängten Fenster wirft Die Sonne neugierige Blicke, Doch wie sie gewahrt den alten Spuk, Prallt sie erschrocken zurücke.