Zweite Abteilung Siegfrieds Tod Ein Trauerspiel in fünf Akten Personen Personen. König Gunther. Hagen Tronje. Dankwart. Volker. Giselher. Gerenot. Wulf, Truchs, Recken. Siegfried. Ute. Kriemhild. Brunhild, Königin von Isenland. Frigga, ihre Amme. Ein Kaplan. Ein Kämmerer. Recken, Volk, Mägde, Zwerge. 1. Akt 1. Szene Erste Szene Brunhild und Frigga kommen von entgegengesetzten Seiten. Woher so früh? Dir trieft das Haar von Tau, Und dein Gewand ist blutbesprengt. Ich habe Den alten Göttern, eh der Mond zerbrach, Ein Opfer dargebracht. Den alten Göttern! Jetzt herrscht das Kreuz, und Thor und Odin sitzen Als Teufel in der Hölle. Fürchtest du Sie darum weniger? Sie können uns Noch immer fluchen, wenn auch nicht mehr segnen, Und willig schlacht ich ihnen ihren Bock. O, tätest du es auch! Du hättest Grund, Wie keine zweite. Ich? Ein ander Mal! Längst sollt ich dir erzählen. Heute ist Die Stunde endlich da. Ich glaubte schon, Sie werde erst mit deinem Tode kommen, Drum drängt ich dich nicht mehr. So merke auf! Urplötzlich trat aus unserm Feuerberg Ein Greis hervor, und reichte mir ein Kind, Samt einer Runentafel. In der Nacht? Wie weißt dus? Manches hast du schon im Schlaf Verraten, denn du sprichst, wenn dir der Mond Ins Antlitz scheint. Und du behorchst mich? – Wohl! – Um Mitternacht! Wir wachten bei der Leiche Der Königin. Sein Haar war weiß, wie Schnee, Und länger, als ichs je bei einem Weibe Gesehen habe, wie ein weiter Mantel Umwallt' es ihn, und hinten schleppt' es nach. Der Geist des Bergs! Ich weiß es nicht. Er sprach Kein einzges Wort. Das Mägdlein aber streckte Die Händchen nach der goldnen Krone aus, Die auf dem Haupt der Toten funkelte, Und, wunderbar, sie paßte. Wie! Dem Kinde? Dem Kinde! Ja! Sie war ihm nicht zu weit Und ward ihm später nie zu eng! Wie meine! Wie deine, ja! Und wunderbarer noch: Das Mägdlein war dem Kinde, das der Toten Im Arme lag, und das sogleich verschwand, Als wär es nie gewesen, an Gestalt So ähnlich, ja so gleich, daß es sich nur Durchs Atmen unterschied von ihm, es schien, Als hätte die Natur denselben Leib Für einen Zweck zwei Mal geschaffen und Das Blut bloß umgegossen. Hatte denn Die Königin ein Kind im Arm? Sie war An der Geburt gestorben und mit ihr Zugleich die Frucht. Das sagtest du noch nicht. So hab ichs nur vergessen. Sicher brach Ihr Herz aus Gram, daß sie es dem Gemahl Nicht zeigen konnte. Viele Jahre hatte Er sich umsonst dies holde Glück gewünscht, Und einen Monat früher, als es kam, Ereilte ihn ein jäher Tod. Nur weiter! Wir sahn uns nach dem Greise um. Er war Verschwunden, und der Berg, der, mitten durch Gespalten, wie ein Apfel, durch das Fenster Uns angegähnt, ging langsam wieder zu. Und kam der Greis nicht wieder? Höre nur! Wir ließen unsre Frau am nächsten Morgen Zur Gruft bestatten, und der Priester wollte Zugleich das Mägdlein taufen. Doch sein Arm Ward lahm, bevor er mit dem heilgen Naß Die Stirn ihr netzen konnte, und er hat Ihn niemals mehr gehoben. Niemals mehr! Nun, er war alt, und wir erschraken nicht, Wir riefen einen andern. Dem gelangs, Sie zu besprengen, doch er wurde stumm, Als er sie segnen wollte, und ihm kehrte Die Sprache niemals mehr zurück. Der dritte? Der fand sich lange nicht! Wir mußten einen Aus weiter Ferne rufen, der von allem Nichts wußte. Der vollbrachte dann das Werk, Doch als er kaum zu Ende war, so fiel Er um, und niemals stand er wieder auf! Das Mägdlein aber? Wuchs und wurde stark, Und seine kindschen Spiele dienten uns Als Zeichen unsres Lassens oder Tuns Und trogen nie, wie's uns die Runentafel Voraus verkündigt hatte. Frigga! Frigga! Ja! Ja! Du bist es selbst! Erkennst dus endlich? Nicht in der Kammer, wo die Toten stäuben, Im Hekla, wo die alten Götter hausen, Und unter Nornen und Valkyrien Such dir die Mutter, wenn du eine hast! – O, hätte nie ein Tropfen heilgen Wassers Die Stirne dir benetzt! Dann wüßten wir Wohl mehr! Was murmelst du? Wie ging es zu, Daß wir uns diesen Morgen, statt im Bett, Unausgekleidet auf den Stühlen fanden, Die Zähne klappernd und die Lippen blau, Wir müssen plötzlich eingeschlafen sein. Ist das uns schon begegnet? Nie zuvor. Nun denn! Der Greis war hier und wollte reden! Mir ist sogar, als hätt ich ihn gesehn, Wie er dich rüttelte und mich bedrohte, Dir aber ward durch einen dicken Schlaf Das Ohr verstopft, weil du nicht hören solltest, Was dir beschieden ist, wenn du beharrst, Drum bring ein Opfer dar und mach dich frei. O, hätte ich dem Priester nicht gehorcht, Als er mich drängte! Doch ich hatte noch Die Tafel nicht entziffert. Tu es, Kind, Denn die Gefahr ist nah. Gefahr? Gefahr! Du weißt, der Flammensee ist längst erloschen, Der deine Burg umgab. Und dennoch blieb Der Recke mit der Balmungklinge aus, Der hoch zu Rosse ihn durchreiten sollte, Nachdem er Fafners blutgen Hort erstritt. Ich las wohl falsch. Doch dieses zweite Zeichen Kann mich nicht täuschen, denn ich weiß es lange, Daß deiner in der Stunde der Entscheidung Die Offenbarung harrt. So opfre, Kind! Vielleicht stehn alle Götter unsichtbar Um dich herum und werden dir erscheinen, Sobald der erste Tropfen Blutes rinnt. Ich fürchte nichts. Man hört Trompeten. Trompeten! Hörst du sie Zum ersten Mal? Zum ersten Mal mit Angst. Die Zeit des Distelköpfens ist vorüber, Und eh'rne Häupter steigen vor dir auf. Heran! Heran! Damit ich dieser zeige, Daß ich noch immer siegen kann! Als hier Der See noch flammte, eilt ich euch entgegen, Und freundlich, wie ein Hund vor seinem Herrn Bei Seite springt, entwich das treue Feuer Vor mir und teilte sich nach links und rechts: Jetzt ist die Straße frei, doch nicht der Gruß. Sie besteigt währenddem ihren Thron. Nun stoßt die Pforten auf und laßt sie ein! Wer auch erscheinen mag: sein Kopf ist mein! 2. Szene Zweite Szene Es geschieht; Siegfried, Gunther, Hagen und Volker treten ein. Wer ists, der heute sterben will? Zu Siegfried. Bist dus? Ich will nicht sterben, und ich will nicht werben, Auch tust du mir zu viel der Ehre an, Mich vor dem König Gunther zu begrüßen, Ich bin hier nur sein Führer. wendet sich gegen Gunther. Also du? Und weißt du, was es gilt? Wohl weiß ich das! Der Ruf von deiner Schönheit drang gar weit, Doch weiter noch der Ruf von deiner Strenge, Und wer dir immer auch ins Auge schaut, Er wird es nicht im höchsten Rausch vergessen, Daß dir der dunkle Tod zur Seite steht. So ists! Wer hier nicht siegt, der stirbt sogleich, Und seine Diener mit. Du lächelst drob? Sei nicht zu stolz! Trittst du auch vor mich hin, Als könntest du den vollsten Becher Weins Dir unverschüttet überm Haupte halten Und mich dabei betrachten, wie ein Bild: Ich schwöre dirs, du fällst so gut, wie er. Zu Gunther. Dir aber rat ich, wenn du hören kannst: Laß dir von meinen Mägden doch die Recken Erst nennen, die von meiner Hand schon fielen, Vielleicht ist mancher drunter, der sich einst Mit dir gemessen hat, vielleicht gar einer, Der dich besiegt zu seinen Füßen sah! Der König Gunther ward noch nie besiegt. Hoch ragt sein Schloß zu Worms am Rhein empor, Reich ist sein Land an Zierden aller Art, Doch höher ragt er selbst noch vor den Recken, Und reicher auch an Ehren ist sein Haupt. Die Hand her, Niederland! Das war ein Wort! Und wärs dir denn so schwer, dies öde Land Und seine wüste Meeres-Einsamkeit Freiwillig zu verlassen und dem König Aus Höll und Nacht zu folgen in die Welt? Es ist ja gar kein Land, das noch zur Erde Gehört, es ist ein preisgegebnes Riff, Das die Lebendgen längst entsetzt verließen, Und wenn dus liebst, so kannst du es nur lieben, Weil du als letzte drauf geboren bist! Dies Stürmen in den Lüften, dies Getose Der Wellen, dies Gekeuch des Feuerbergs, Vor allem aber dieses rote Licht, Das von der Himmels-Wölbung niederrieselt, Als strömt es ab von einem Opfertisch, Ist fürchterlich und paßt nur für den Teufel: Man trinkt ja Blut, indem man Atem holt! Was weißt denn du von meiner Einsamkeit? Noch hab ich nichts aus eurer Welt vermißt, Und käme das dereinst, so holt ichs mir, Verlaßt euch drauf, und braucht es nicht geschenkt! Sagt ichs euch nicht voraus? Zum Kampf! Zum Kampf! Du mußt sie mit Gewalt von hinnen führen! Ist es nur erst geschehn, so dankt sies dir. Meinst du? Du kannst dich täuschen. Wißt ihr denn, Was ich euch opfern soll, Ihr wißt es nicht, Und keiner hats gewußt. Vernehmts zuvor, Und fragt euch, wie ich es verteidgen werde! Wohl steht die Zeit hier still, wir kennen nicht Den Frühling, nicht den Sommer, noch den Herbst, Das Jahr verändert niemals sein Gesicht, Und wir sind unveränderlich mit ihm. Doch, wenn auch nichts von allem hier gedeiht, Was euch entgegen wächst im Strahl der Sonne, So reift dafür in unsrer Nacht, was ihr Mitnichten säen oder pflanzen könnt. Noch freu ich mich des Kampfs, noch jauchze ich, Den übermütgen Feind zu überwinden, Der mir die Freiheit rauben will, noch ist Die Jugend, ist das schwellende Gefühl Des Lebens mir genug, und eh mich dieses Verlassen kann, hat mich das Schicksal schon, Mit Wundergaben unsichtbar mich segnend, Zu seiner Hohenpriesterin geweiht. Wie wird ihr? Wars genug an meinem Opfer? Die Erde wird sich plötzlich vor mir öffnen Und mir enthüllen, was sie birgt im Kern, Die Sterne droben werd ich klingen hören Und ihre himmlische Musik verstehn, Und noch ein drittes Glück wird mir zuteil, Ein drittes, das sich gar nicht fassen läßt! Du bists, Odin! Du hast ihr Aug entsiegelt, Weil dir zur Nacht ihr Ohr verschlossen war, Nun sieht sie selbst, was ihr die Norne spinnt! hoch aufgerichtet mit starren Augen. Einst kommt der Morgen, wo ich, statt den Bären Zu jagen, oder auch die eingefrorne Seeschlange zu erlösen aus der Haft, Damit sie den Planeten nicht zerpeitsche, Die Burg schon früh verlasse. Mutig tummle Ich meinen Rappen, fröhlich trägt er mich, Auf einmal halt ich ein. Der Boden vor mir Hat sich in Luft verwandelt! Schaudernd reiß ich Das Roß herum. Auch hinter mir. Er ist Durchsichtig. Farbge Wolken unter mir, Wie über mir. Die Mägde plaudern fort. Ich rufe: Seid ihr blind, daß ihr nichts seht? Wir schweben ja im Abgrund! Sie erstaunen, Sie schütteln ihre Häupter still, sie drängen Sich dicht um mich herum. Doch Frigga flüstert: Kam deine Stunde auch? Da merk ichs erst! Der Erdball wurde zum Kristall für mich, Und was Gewölk mir schien, war das Geflecht Der Gold- und Silberadern, die ihn leuchtend Durchkreuzen bis zum Grund. Triumph! Triumph! Ein Abend folgt. Nicht gleich. Vielleicht erst spät. Wir sitzen hier beisammen. Plötzlich fallen Die Mägde um, wie tot, das letzte Wort Zerbricht in ihrem Mund, mich aber treibts Zum Turm hinauf, denn über mir erklingts, Und jeder Stern hat seinen eignen Ton. Erst ist es bloß Musik für mich, doch wenn Der Morgen graut, so murml ich, wie im Schlaf: Der König stirbt vor Nacht noch, und sein Sohn Kann nicht geboren werden, er erstickt Im Mutterleib! Ich höre erst von andern, Daß ichs gesagt, und ahne selber nicht, Woher ichs weiß. Bald aber wirds mir klar, Und bald verbreitet sichs von Pol zu Pol. Dann ziehn sie noch, wie jetzt, zu mir heran, Doch nicht mit Schwertern, um mit mir zu kämpfen, Nein, demutvoll, mit abgelegten Kronen, Um meine Träume zu behorchen und Mein Stammeln auszudeuten, denn mein Auge Durchdringt die Zukunft, und in Händen halt ich Den Schlüssel zu den Schätzen dieser Welt. So thron ich schicksallos, doch schicksalkundig, Hoch über allen und vergesse ganz, Daß mir noch mehr verheißen ist. Es rollen Jahrhunderte dahin, Jahrtausende, Ich spür es nicht! Doch endlich frag ich mich: Wo bleibt der Tod? Da geben meine Locken Mir Antwort durch den Spiegel, sie sind schwarz Und ungebleicht geblieben, und ich rufe: Dies ist das dritte, daß der Tod nicht kommt! Sie sinkt zurück, die Mägde fangen sie auf. Was zag ich noch? Und wärs der Balmung-Schwinger: Jetzt hätte sie den Schild auch gegen ihn! Er fällt, wenn sie ihn liebt und doch bekämpft, Und sie wird kämpfen, nun sie dieses weiß. richtet sich hoch wieder auf. Ich sprach! Was wars? Nimm deinen Bogen, Kind, Dein Pfeil wird heute fliegen, wie noch nie, Das andere nachher! zu den Recken. So kommt! zu Brunhild. Du schwörst, Uns gleich zu folgen, wenn du unterliegst? lacht. Ich schwörs! So mache! Ich richt indes das Schiff! zu Frigga im Abgehen. Du gehst in den Trophäensaal und schlägst Dort einen neuen Nagel ein! Zu den Recken. Wohlan! Alle ab. 2. Akt 1. Szene Erste Szene Rumolt und Giselher einander begegnend. Nun, Rumolt, soll ein Baum noch stehen bleiben? Du führst ja Wochen lang schon Wälder ein Und rüstest dich so grimmig auf die Hochzeit, Als kämen Mensch und Zwerg und Alf zugleich. Ich mache mich darauf gefaßt, und fänd ich Den Kessel irgendwo nicht recht gefüllt, So steckt ich flugs den säumgen Koch hinein Und rührte mit dem Küchenjungen um. So bist du denn des Ausgangs schon gewiß? Ich bins, weil Siegfried wirbt. Wer unterwegs Zwei Königssöhne fängt und sie uns schickt, Als ob es aufgescheuchte Hasen wären, Der nimmts wohl auch mit Teufelsweibern auf. Da hast du recht. Wir haben gute Pfänder An diesem Lüdegast und Lüdeger! Mit einem Heer gedachten sie zu kommen, Wie nie Burgund ein gleiches noch gesehn, Und als Gefangne stellten sie sich ein, Die nicht einmal des Hüters mehr bedurften: Koch zu, Gesell, an Gästen fehlts dir nicht! Gerenot kommt. Da ist der Jäger! Aber nicht mit Wild! Ich war auf unsrem Turm und sah den Rhein Mit Schiffen, wie bedeckt. Das ist die Braut! Da laß ich gleich zur Stunde alles schlagen, Was brummt und brüllt und blökt und grunzt im Hof, Damit sies in der Ferne schon vernimmt, Wie sie empfangen werden soll! Es wird geblasen. Zu spät! 2. Szene Zweite Szene tritt mit Gefolge auf. Da bin ich wieder! Ohne meinen Bruder? Sei ruhig! Als sein Bote steh ich hier! – Doch nicht, um dir die Meldung auszurichten! Sie geht an deine Mutter, und ich hoffe, Daß ich auch deine Schwester sehen darf. Das sollst du, Degen, denn wir schulden dir Den Dank noch für die beiden Dänenprinzen. Ich wollte jetzt, ich hätt sie nicht geschickt. Warum, Du konntest uns nicht besser zeigen, Was wir an deinem Arm gewonnen haben, Denn wahrlich, schlechte Männer warens nicht. Mag sein! Doch hätte ich das nicht getan, So hätt vielleicht ein Vogel das Gerücht Verbreitet, daß sie mich erschlagen hätten, Dann fragt ich nun: wie nahm Kriemhild es auf? Sie nützten dir auch so genug bei uns! Daß man sich die Metalle und das Erz Durch tüchtge Schläge zur Trompete rundet, Das hab ich längst gewußt, von Menschen wars Mir aber unbekannt, und diese beiden Beweisen, was ein Schmied, wie du, vermag. Sie lobten dich – wenn dus vernommen hättest, Du wärst noch heute rot! Und das nicht bloß Aus Klugheit, die den Feind wohl öfter preist, Weil sie die Schmach der eignen Niederlage Dadurch vergoldet, nein, aus wahrer Lust. Doch hörst du das am besten von Kriemhild, Die gar nicht müde ward, sie auszufragen: Da kommt sie her. 3. Szene Dritte Szene Ute und Kriemhild treten auf. Ich bitte dich! Was ist? Nie wünscht ich meinen Vater noch herbei, Daß er mir sage, wie ich kämpfen solle, Doch meine Mutter könnt ich heute brauchen, Um sie zu fragen, wie man reden muß. Gib mir die Hand, wenn du so blöde bist. Man nennt mich hier das Kind. So mag man sehen, Wie dieses Kind den Löwen führt! Er führt Siegfried den Frauen zu. Der Held Aus Niederland! Erschreckt nicht, edle Frauen, Daß ichs allein bin. Tapfrer Siegfried, nein! Das tun wir nicht, du bist der Recke nicht, Der übrig bleibt, wenn alle andern fallen, Damit das Unglück einen Boten hat. Du meldest mir die neue Tochter an Und Kriemhild ihre Schwester. Königin, So ists! So ists! Nichts weiter? Und auch das Noch schwer heraus gebracht? Mißgönnst du sie Dem König, meinem Bruder, oder hast du, Es ist bis jetzt kein Beispiel zwar bekannt, Im Kampf die Zunge dir verstaucht? Doch nein, Du brauchtest sie vorhin ja flink genug, Als du mir von Brunhildens braunen Augen Und schwarzem Haar erzähltest. Glaubt es nicht! Er hebt, um es mit Nachdruck abzuleugnen, Noch drei von seinen Fingern auf, und schwört Zu Blau und Blond. Dies ist ein arger Schalk, Der zwischen Birk und Haselstaude steht: Der Rute seiner Mutter längst entwachsen, Hat er des Vaters Gerte nie gespürt Und ist so übermütig, wie ein Füllen, Das nichts vom Zaum und von der Peitsche weiß. Vergib ihm, oder züchtge ihn! Das mögte Gefährlich sein! Ein wildes Füllen zäumen Ist schwer, und mancher hinkt beschämt davon, Bevor er es besteigen kann! So geht Er wieder ohne Strafe aus! Zum Dank Will ich dir was verraten. Giselher! Hast du was zu verbergen? Fürchte nichts! Ich kenne dein Geheimnis nicht und blase Von deinen Kohlen keine Asche ab. Was ist es denn? Jetzt hab ichs selbst vergessen! Wenn eine Schwester plötzlich so errötet, So denkt man doch als Bruder drüber nach Und fragt sich nach dem Grund. Ei nun, gleich viel! Mir fällts wohl noch vorm Sterben wieder ein, Und dann erfährt ers gleich. Du magst wohl spotten, Denn ich vergesse meinen Auftrag ganz, Und eh ich euch noch in die Sonntagskleider Getrieben habe, hört ihr die Trompeten, Und Gunther zieht mit seiner Braut hier ein! Siehst du den Küchenmeister denn nicht rennen? Dem hat dein Kommen schon genug gesagt! Doch helf ich ihm! Er geht zu Rumolt. So edlem Boten dürfen Wir keine Gabe bieten! Doch! O doch! nestelt an einer Spange und läßt dabei ihr Tuch fallen. hascht nach dem Tuch. Und diese seis! Die ziemt nicht dir, noch mir! Kleinodien sind mir, was den andern Staub, Aus Gold und Silber kann ich Häuser baun, Doch fehlt mir solch ein Tuch. So nimm es hin. Ich hab es selbst gewirkt. Und gibst dus gern? Mein edler Siegfried, ja, ich geb es gern! Doch nun erlaubt – es wird auch Zeit für uns! Ab mit Kriemhild. 4. Szene Vierte Szene So steht ein Roland da, wie ich hier stand! Mich wunderts, daß kein Spatz in meinem Haar Genistet hat. 5. Szene Fünfte Szene tritt heran. Verzeiht mir, edler Recke, Ist Brunhild denn getauft? Sie ist getauft! So ists ein christlich Land, aus dem sie kommt? Man ehrt das Kreuz. tritt wieder zurück. Man ehrts wohl so, wie hier, Wo man sichs neben einer Wodans-Eiche Gefallen läßt, weil man nicht wissen kann, Ob ihm kein Zauber inne wohnt, so wie Der frömmste Christ ein Götzenbild noch immer Nicht leicht zerschlägt, weil sich ein letzter Rest Der alten Furcht noch leise in ihm regt, Wenn er es glotzen sieht. 6. Szene Sechste Szene Fanfaren, Brunhild, Frigga, Gunther, Hagen, Volker. Gefolge. Kriemhild und Ute aus der Burg ihnen entgegen. Da ist die Burg, Und meine Mutter naht mit meiner Schwester, Dich zu begrüßen. zu Brunhild, während die Frauen sich entgegen schreiten. Sind die kein Gewinn? Siegfried, ein Wort mit dir! Dein Rat war schlecht. Mein Rat war schlecht? Ist sie nicht überwunden? Steht sie nicht da? Was ist damit erreicht? Ich denke, alles. Nichts! Wer ihr den Kuß Nicht rauben kann, der wird sie nimmermehr Bewältigen, und Gunther kann es nicht Hat ers versucht? Würd ich denn sonst wohl reden? Vorher! Im Angesicht der Burg. Sie sträubte Sich anfangs, wie es einer Magd geziemt, Und wie sich unsre Mütter sträuben mogten, Doch, als sie merkte, daß ein Daumendruck Genügte, um den Freier fort zu schnellen, Da ward sie toll, und als er doch nicht wich, Ergriff sie ihn und hielt ihn, uns und ihm Zur ewgen Schmach, mit vorgestrecktem Arm Weit in den Rhein hinaus. Ein Teufelsweib! Was schiltst du? Hilf! Ich denke, wenn der Priester Sie erst verband – Wär nur die Alte nicht, Die Magd, die sie begleitet. Diese späht Und fragt den ganzen Tag und sitzt bei ihr, Wie ihr Verstand von Siebzig oder Achtzig! Die fürcht ich mehr, als sie! zu Kriemhild und Brunhild. So liebt euch denn Und laßt den Ring, den eure Arme jetzt Im ersten Herzensdrang geschlossen haben, Allmählig sich zu einem Kreis erweitern, In dem ihr euch mit gleichem Schritt und Tritt Und gleicher Lust um einen Punkt bewegt. Ihr werdets besser haben, als ich selbst, Denn, was ich meinem Herrn nicht sagen durfte, Das mußt ich ganz verschlucken, und so konnt ich Zum wenigsten nicht klagen über ihn. Wir wollen Schwestern werden. Euretwegen Mag euer Sohn und Bruder noch vor Nacht Das Zeichen, das zu seiner Magd mich stempelt, Mir auf die Lippen drücken, denn ich bin Noch ungebrannt, wie ein zu junger Baum, Auch hielt ich mir, wenn ihr sie nicht versüßtet, Die Schmach, die mich bedroht, wohl ewig fern. Du sprichst von Schmach? Vergebt mir dieses Wort, Doch sprech ich, wie ich fühle. Ich bin fremd In eurer Welt, und wie die meine euch Erschrecken würde, wenn ihr sie beträtet, So ängstigt mich die eurige. Mir deucht, Ich hätt hier nicht geboren werden können Und soll hier leben! – Ist der Himmel immer So blau? Nicht immer. Doch die meiste Zeit. Wir kennen gar kein Blau, als das des Auges, Und das nur im Verein mit rotem Haar Und einem Milchgesicht! Und ist es immer So still hier in der Luft? Zuweilen steigen Auch Wetter auf, dann wirds bei Tage Nacht, Und Blitz und Donner rasen. Käme das Nur heute noch! Mir wärs, wie Heimatsgruß. Ich kann mich nicht an so viel Licht gewöhnen, Es tut mir weh, mir ists, als ging ich nackt, Als wäre kein Gewand hier dicht genug! – Das sind wohl Blumen? Rot und gelb und grün! Du sahst sie nie und kennst die Farben doch? Wir haben Edelsteine aller Art, Nur weiße nicht und schwarze, aber weiß Ist meine eigne Hand und schwarz mein Haar. So weißt du nichts vom Duft! Sie pflückt ihr ein Veilchen. O der ist schön! Und diese kleine Blume haucht ihn aus, Die einzge, die mein Auge nicht bemerkte? Der mögt ich einen süßen Namen geben, Doch hat sie wohl schon einen. Keine ist Demütiger, als sie, und keine hätte Dein Fuß so leicht zertreten, denn sie scheint Sich fast zu schämen, mehr zu sein, als Gras, So tief versteckt sie sich, und dennoch schmeichelt Sie dir die ersten sanften Worte ab. Sei sie dir denn ein Zeichen, daß sich manches Vor deinem Blick hier noch verbergen mag, Was dich beglücken wird. Ich hoffs und glaubs! – Doch tuts auch not! Du weißt nicht, was es heißt, Ein Weib zu sein und doch in jedem Kampf Den Mann zu überwinden, und die Kraft, Die ihn verläßt, aus dem verströmten Blut, Das dir entgegen dampft, durchs bloße Atmen In dich zu trinken! Immer stärker dich Zu fühlen, immer mutiger, und endlich, Wenn du des Siegs gewisser bist, als je – In plötzlicher Wendung. Frigga, ich frag dich noch einmal! Was wars, Was sah und sprach ich vor dem letzten Kampf? Du scheinst im Geist dies Land gesehn zu haben. Dies Land! Und warst entzückt. Ich war entzückt! – Doch deine Augen flammten. Weil ich dich So glücklich sah. Und diese Recken schienen Mir weiß, wie Schnee. Sie warens schon vorher. Warum verhehltest dus mir denn so lange? Es ward mir selbst erst diese Stunde klar, Wo ich vergleichen kann. Wenn ich entzückt Gewesen bin, als ich dies Land erblickte, So muß ichs wieder werden. Zweifle nicht. Es kommt mir doch so vor, als hätte ich Von Sternen und Metallen – Auch, ja wohl! Du sprachst, die Sterne funkelten hier heller, Doch Gold und Silber wären dafür blind. Ei so! zu Hagen. Nicht wahr? Ich hab nicht drauf gehört. Ich bitt euch alle, nehmt mich für ein Kind, Ich werde schneller wachsen, wie ein andres, Doch bin ich jetzt nicht mehr. Zu Frigga. Das also wars? Das wars! So ists ja gut! So ists ja gut! – zu dem heran getretenen Gunther. Mein Sohn, wenn sie zu herb ist gegen dich, Laß ihr nur Zeit! Bei dem Geschrei der Krähen Und Raben, das sie hörte, konnte sich Ihr Herz nicht öffnen, doch es wird geschehn Bei Lerchenruf und Nachtigallenschlag. So spricht der Spielmann, wenn ers Fieber hat Und junge Hunde streichelt. Seis darum. Der Jungfrau gönne Zeit, sich zu besinnen, Die Fürstin aber halte gleich beim Wort. Sie ist die deine durch das Recht der Waffen, So greife zu! Ruft. Kaplan! Schreitet voran. Ich folg dir gern! Halt, Gunther, halt, was hast du mir gelobt? Kriemhild, darf ich den Gatten für dich wählen? Mein Herr und Bruder, füg es, wie du magst! zu Ute. Ich habe keinen Widerspruch zu fürchten? Du bist der König, ich bin Magd, wie sie! So bitt ich dich inmitten meiner Sippen: Lös einen Eid für mich und sie, und reiche Dem edlen Siegfried deine Hand. Ich kann Nicht reden, wie ich mögte, wenn ich dir Ins Antlitz sehe, und von meinem Stottern Hast du vorhin wohl schon genug gehabt, Drum frag ich dich, wie jeder Jäger fragt, Nur, daß ich nicht dabei vom Hut die Federn Herunter blase: Jungfrau, willst du mich? Doch, daß dich nicht die Einfalt selbst besteche, Und du nicht völlig unberaten seist, So laß dir noch vor Ja und Nein vermelden, Wie meine Mutter mich zu schelten pflegt. Sie sagt, ich sei zwar stark genug, die Welt Mir zu erobern, aber viel zu dumm, Den kleinsten Maulwurfshügel zu behaupten, Und wenn ich nicht die Augen selbst verlöre, So lägs allein an der Unmöglichkeit. Auch magst du ihr das eine willig glauben, Das andre aber werd ich widerlegen, Denn wenn ich dich nur erst erobert habe, So soll man sehn, wie ich behaupten kann! Nun denn, noch einmal: Kriemhild, willst du mich? Du lächelst, Mutter! O, ich habe nicht Vergessen, was ich träumte, und der Schauder Ist nicht entflohn, er warnt mich mehr, als je, Doch eben darum sag ich mutig: Ja! tritt zwischen Kriemhild und Siegfried. Kriemhild! Was willst du? Mich als Schwester dir Beweisen! Jetzt? Worin? zu Siegfried. Wie darfst dus wagen, Die Hand nach ihr, nach einer Königstochter, Nur auszustrecken, da du doch Vasall Und Dienstmann bist! Wie? Kamst du nicht als Führer Und gingst als Bote? Zu Gunther. Und wie kannst dus dulden Und unterstützen, daß ers tut? Er ist Der erste aller Recken! Dafür weis ihm Den ersten Platz an deinem Throne an. Er ist an Schätzen reicher, als ich selbst! Pfui! Gibt ihm das ein Recht auf deine Schwester? Er hat mir tausend Feinde schon erschlagen. Der Held, der mich besiegte, dankt ihm das? Er ist ein König, wie ich selbst. Und stellte Doch zu den Knechten sich? Dies Rätsel will ich Dir lösen, wenn du mein geworden bist! Nie werd ichs, eh ich dein Geheimnis weiß. So willst du mich durchaus nicht Mutter nennen? Verschieb es nicht zu lange, ich bin alt, Auch trug ich manches Leid! Ich folge ihm Zur Kirche, wie ich schwur, und werde dir Mit Freuden Tochter, aber ihm nicht Weib. zu Frigga. Beschwichtge sie! Was braucht es mein dazu? Wenn er sie einmal überwunden hat, So wirds ihm auch das zweite Mal gelingen, Doch ists ein Recht der Magd, daß sie sich sträubt. Kriemhild bei der Hand fassend. Daß ich mich gleich als König hier erweise, So schenk ich dir den Nibelungenhort. Und nun zu meinem Recht und deiner Pflicht. Er küßt sie. Zum Dom! Hat er den Nibelungenhort? Du hörst. Trompeten! Auch die Balmung-Klinge? Warum nicht? Holla, blast die Hochzeit ein! Rauschende Musik. Alle ab. 7. Szene Siebente Szene Halle. Truchs und Wulf treten auf. Zwerge tragen Schätze über die Bühne. Ich steh zu Kriemhild. So? Zu Brunhild ich. Warum, wenns dir beliebt? Wie brächtest du Dein Lanzenspiel zusammen, wenn wir alle Dieselbe Farbe hielten? Diesen Grund Muß ich dir gelten lassen, aber sonst Wärs Tollheit. Ho! Das sag nur nicht zu laut, Denn viele gibts, die zu der Fremden schwören. Es ist ein Unterschied, wie Tag und Nacht. Wer leugnet das? Doch mancher liebt die Nacht! Zeigt auf die Zwerge. Was schleppen die? Ich denk, es ist der Hort, Denn Siegfried hat ihn von den Nibelungen, Als er sie zum Geleit hieher entbot, Gleich mit herauf gebracht, und wie ich höre, Ist er zum Wittum für Kriemhild bestimmt. Unholde, diese Zwerge! Hohl im Rücken! Kehr einen um, so liegt ein Backtrog da. Sie hausen auch ja mit dem Wurm-Geschlecht Im Bauch der Erde und in Berges-Höhlen, Und sind des Maulwurfs Vettern. Aber stark! Und klug! Der braucht nach der Alraunen-Wurzel Nicht mehr zu spähn, der die zu Freunden hat. zeigt auf die Schätze. Wer das besitzt, braucht alle beide nicht. Ich mögt es kaum. Es ist ein altes Wort, Daß Zaubergold noch durstiger nach Blut, Als ausgedörrter Schwamm nach Wasser ist; Auch führen diese Nibelungen-Recken Gar wunderliche Reden. Von dem Raben! Was war es doch? Ich habs nur halb gehört. Ein Rabe hat sich auf das Gold gesetzt, Als mans zum Schiff hinunter trug, und so Gekrächzt, daß Siegfried, weil er ihn verstand Sich erst die Ohren zugehalten und Gepfiffen, dann nach ihm mit Edelsteinen Geworfen, und zuletzt, weil er nicht wich, Sogar den Speer geschleudert haben soll! Das will was heißen! Denn er ist im Grunde So sanft, als tapfer. Es wird geblasen. Horch, das gilt auch uns! Sie sammeln sich. Hie Brunhild! Kriemhild hie! Ab. Andere Recken, die sich inzwischen gesammelt haben, schließen sich an und wiederholen den Ruf. Es wird nach und nach dunkel. 8. Szene Achte Szene Hagen und Siegfried treten auf. Was willst du, Hagen? Warum winkst du mich Hinweg von dem Bankett? Ich werde nie So wieder sitzen, wie ich heute sitze, So gönnt mir doch den Tag, ich habs ja wohl Um euch verdient. Es gibt noch mehr zu tun. Verschiebts auf morgen! Die Minute gilt Mir heut ein Jahr, ich kann die Worte zählen, Die ich mit meiner Braut gesprochen habe, So laßt mir doch den Abend für mein Weib. Verliebte und Berauschte störte ich Noch niemals ohne Not. Es hilft dir nichts, Daß du dich sträubst, du mußt. Was Brunhild sprach, Hast du gehört, und wie sie Hochzeit hält, Siehst du ja wohl, sie sitzt bei Tisch und weint. Kann ich es ändern? Daß sie halten wird, Was sie gelobte, ist nicht zweifelhaft, Und daß die Schande unauslöschlich wäre, Noch weniger! Dies leuchtet dir doch ein? Was folgt daraus? Daß du sie bändgen mußt! Gunther tritt herzu. Ich? Hör mich an! Der König geht mit ihr Ins Schlafgemach. Du folgst ihm in der Kappe. Er fordert, eh sie sich das Tuch noch lüftet, Mit Ungestüm den Kuß. Sie weigert ihn. Er ringt mit ihr. Sie lacht und triumphiert. Er löscht, als wärs von ungefähr, das Licht Und ruft: So weit der Spaß und nun der Ernst, Hier wird es anders gehn, als auf dem Schiff! Dann packst du sie und zeigst ihr so den Meister, Bis sie um Gnade, ja ums Leben fleht. Ist das geschehn, so läßt der König sie Zu seiner untertän'gen Magd sich schwören, Und du entfernst dich, wie du kamst! Bist du Bereit, mir diesen letzten Dienst zu leisten? Ich fordre niemals einen mehr von dir. Er wird und muß. Er hat es angefangen, Wie sollt ers nicht auch enden? Wollt ich auch, Und wahrlich, ihr verlangt ein Stück von mir, Das ich wohl auch an einem andern Tage, Als an dem Hochzeitstag, euch weigern dürfte, Wie könnt ich nur? Was sagt ich zu Kriemhild? Sie hat schon jetzt so viel mir zu vergeben, Daß mir der Boden unterm Fuße brennt; Wollt ich den Fehl noch einmal wiederholen, So könnte sies im Leben nicht verzeihn. Wenn eine Tochter von der Mutter scheidet, Und aus dem Zimmer, wo die Wiege stand, Ins Brautgemach hinüber schreiten soll, So gibt es einen langen Abschied, Freund! Die Zeit reicht hin für dich und also – Topp! Da Siegfried die Hand weigert. Brunhild ist jetzt ein angeschoßnes Wild, Wer wird es mit dem Pfeil so laufen lassen, Ein edler Jäger schickt den zweiten nach. Verloren ist verloren, hin ist hin, Die stolze Erbin der Valkyrien Und Nornen liegt im Sterben, töt sie ganz, Dann lacht ein muntres Weib uns morgen an, Das höchstens spricht: ich habe schwer geträumt! Ich weiß nicht, was mich warnt. Du denkst, Frau Ute Ist fertig, eh du selbst! Verlaß dich drauf, Sie ruft Kriemhild nach Segen und Umarmung Noch drei Mal wieder um! Und dennoch: Nein! Was? Wenn in diesem Augenblick ein Bote Erschiene und dir meldete, dein Vater Läg auf den Tod darnieder, riefest du Nicht gleich nach deinem Roß, und triebe dich Dein Weib nicht selbst hinauf? Nun kann ein Vater Doch selbst als Greis genesen, doch die Ehre, Einmal erkrankt, und dann nicht rasch geheilt, Steht niemals wieder von den Toten auf. Und eines Königs Ehre ist der Stern, Der alle seine Recken mit beleuchtet Und mit verdunkelt! Weh dem Zauderer, Der ihm nur einen seiner Strahlen raubt. Vermögte ichs, so bät ich dich nicht länger, Ich tät es selbst und wäre stolz darauf, Doch Zauberkünste habens angefangen, Und Zauberkünste müssens nun auch enden: So tus denn! Soll ich knien? Ich tus nicht gern! Wer hätt sich das gedacht! Und dennoch lags So nah! O, drei Mal heilige Natur! Mich widerts, wie noch nie in meinem Leben, Doch was du sagst, hat Grund, und also seis. Ich gebe meiner Mutter einen Wink – Nein! Nein! Kein Weib! Wir stehn allhier zu dreien Und haben, hoff ich, keine einzge Zunge, Der vierte in unsrem Bunde sei der Tod! Alle ab. 3. Akt 1. Szene Erste Szene Rumolt und Dankwart treten gerüstet auf. Drei Tote! Nun, für gestern wars genug, Es war ja nur ein Vorspiel! Heute wirds Wohl anders kommen. Diese Nibelungen Sind mit den Totenhemden gleich versehn, Ein jeder führt es bei sich, wie sein Schwert. Man hat im Norden wunderliche Bräuche, Denn, wie die Berge wilder werden, wie Die muntren Eichen düstern Tannen weichen, So wird der Mensch auch finstrer, bis er endlich Sich ganz verliert, und nur das Tier noch haust! Erst kommt ein Volk, das nicht mehr singen kann, An dieses grenzt ein andres, das nicht lacht, Dann folgt ein stummes, und so geht es fort. 2. Szene Zweite Szene Musik. Großer Zug. Wulf und Truchs unter den Recken. indem er sich mit Dankwart anschließt. Wird Hagen jetzt zufrieden sein? Ich denks! Das ist ein Aufgebot, wie für den Krieg! Doch hat er recht, denn diese Königin Braucht andre Morgenlieder, als die Lerche Sie hören läßt, die in der Linde pfeift! Gehen vorüber. 3. Szene Dritte Szene Siegfried erscheint mit Kriemhild. auf ihr Gewand deutend. Nun? Dankst dus mir? Ich weiß nicht, was du meinst. Sieh mich nur an! Ich dank dir, daß du bist, Daß du so lächelst, daß du blaue Augen Und keine schwarze hast – Du lobst den Herrn In seiner Magd! Du Tor, hab ich mich selbst Geschaffen, und die Augen, die du rühmst, Mir ausgesucht? Die Liebe, dünkt mich, könnte So seltsam träumen! Ja, an einem Morgen, Wo alles mailich funkelte, wie heut, Hast du die beiden hellsten Tropfen Taus, Die an den beiden blausten Glocken hingen, Dir weg gehascht, und trägst seitdem den Himmel Zwiefach im Antlitz. Lieber danks mir doch, Daß ich als Kind so klug gefallen bin, Denn diese Augen waren arg bedroht, Als ich mir hier die Schläfe zeichnete. Laß mich die Narbe küssen! Hitzger Arzt, Verschwende deinen Balsam nicht, die Wunde Ist längst geheilt! Nein, weiter! Nun, so danke Ich deinem Mund – Mit Worten? will sie umarmen. Darf ich so? weicht zurück. Glaubst du, ich fordre auf? Mit Worten denn Für Worte! Nein, für Süßeres, als Worte, Für dein Gelispel holder Heimlichkeiten, Dem Ohr so köstlich, wie dein Kuß der Lippe, Und für die Heimlichkeiten selbst, fürs Lauschen Am Fenster, als wir in die Wette warfen, O, hätte ichs geahnt! und für dein Höhnen Und Spotten – Um mit Ehren zu verweilen, Nicht wahr, so legst dus aus? Wie boshaft, Freund! Das sagt ich dir im Dunkeln! Willst du sehn, Ob ich erröte, wenn dus jetzt bei Tage Mir wiederholst? Mein Blut ist gar zu dumm, Es steigt und fällt zu rasch, und meine Mutter Vergleicht mich oft mit einem Rosenstock, Der Rot und Weiß auf einem Stengel trägt. Sonst hättst du nichts von alledem erfahren, Doch fühlt ichs wohl, wie meine Wangen brannten, Als mich mein Bruder gestern morgen neckte, Da mußt ich dir die Missetat gestehn! Daß der den besten Hirsch noch heute träfe! Und ihn verfehlte! Ja! Das wünsch ich auch. – Du bist wohl einer, wie mein Ohm, der Tronjer, Der einen neuen Rock, den man ihm stickt Und heimlich vor sein Bette legt, nur dann Bemerkt, wenn er zu eng geriet? Warum? Du siehst nur das, was Gott und die Natur An mir getan, mein eigenes Verdienst Entgeht dir, das beginnt erst bei den Kleidern, Und nicht einmal der Gürtel fällt dir auf. Nun, der ist bunt! Doch lieber mögt ich noch Den Regenbogen um den Leib dir winden, Mir deucht, der paßt zu dir und du zu ihm. Bring mir ihn zur Nacht, so wechsle ich, Doch wirf ihn nicht so hin, wie diesen andern, Ich hätte dein Geschenk fast übersehn! Was redest du? Wenn nicht die Steine wären, So läge er wohl jetzt noch unterm Tisch, Doch Feuer kann sich freilich nicht verstecken. Der wär von mir? Gewiß! Kriemhild, du träumst! Ich fand ihn in der Kammer. Deine Mutter Wird ihn verloren haben! Meine Mutter! O nein, ich kenne ihren Schmuck! Ich dachte, Er stamme aus dem Nibelungenhort, Und legt ihn eilig an, dich zu erfreun! Das dank ich dir, allein ich kenn ihn nicht! nimmt den Gürtel ab. Dann mach der goldnen Borte wieder Platz, Die du bedeckst! Ich war schon ganz geschmückt Und schnallte ihn nur über, um die Mutter Und dich zugleich zu ehren, denn die Borte Ist von der Mutter! Das ist wunderlich! – Du fandst ihn an der Erde? Ja! Zerknüllt? Siehst du, daß du ihn kennst! Der zweite Spaß Gelang dir, wie der erste, und ich habe Zwiefache Müh! Sie will den Gürtel wieder umschnallen. Um Gottes willen, nein! Ist das dein Ernst? für sich. Sie suchte mir die Hände Zu binden. Lachst du nicht? für sich. Da ward ich wütend Und brauchte meine Kraft. Noch immer nicht? für sich. Ich riß ihr etwas weg! Bald werd ichs glauben. für sich. Das pfropft ich, weil sie wieder darnach griff, Mir in den Busen, und – – Gib her, gib her, Kein Brunnen ist so tief, den zu verbergen, Ein Stein daran, und in den Rhein hinab! Siegfried! Er ist mir dann entfallen! – Gib! Wie kam er denn in deine Hand? Dies ist Ein furchtbar unglückseliges Geheimnis, Verlange keinen Teil daran. Du hast Mir doch ein größres anvertraut, ich kenne Die Stelle, wo der Tod dich treffen kann. Das hüte ich allein! Das andre hüten Wohl zwei! für sich. Verflucht! Ich eilte mich zu sehr! bedeckt sich das Gesicht. Du schwurst mir etwas! Warum tatst du das? Ich hatt es nicht verlangt. Bei meinem Leben, Ich habe nie ein Weib erkannt! hält den Gürtel in die Höhe. Ich wurde Damit gebunden! Wenns ein Löwe sagte, Es wäre glaublicher! Und doch ists wahr! Dies schmerzt! Ein Mann, wie du, kann keinen Fehler Begehn, der ihn, wie schlimm er immer sei, Nicht doch noch besser kleidet, als die Lüge, Womit er ihn bedecken will! Gunther und Brunhild treten auf. Weg, weg! Man kommt! Wer kommt? Brunhild? Kennt die den Gürtel? Verbirg ihn doch! Nein, nein, ich zeige ihn! Verstecke ihn, so sollst du alles wissen. indem sie den Gürtel verbirgt. Sie kennt ihn also wirklich? Hör mich an! Beide folgen dem Zuge. 4. Szene Vierte Szene War das nicht Kriemhild? Ja. Wie lange bleibt Sie noch am Rhein? Sie wird wohl nächstens ziehn, Denn Siegfried muß zu Haus. Ich geb ihm Urlaub Und schenke ihm den Abschied obendrein. Ist er dir so verhaßt. Ich kanns nicht sehn, Daß deine edle Schwester sich erniedrigt. Sie tut, wie du. Nein, nein, du bist ein Mann! Und dieser Name, der mir sonst so feindlich Erklang, erfüllt mich jetzt mit Stolz und Lust! Ja, Gunther, ich bin wunderbar verwandelt: Du siehsts ja wohl? Ich könnte dich was fragen Und tu es nicht! Du bist mein edles Weib! Ich hör mich gern so nennen, und es kommt Mir jetzt so seltsam vor, daß ich das Roß Getummelt und den Speer geworfen habe, Als säh ich dich den Bratenwender drehn! Ich mag die Waffen nicht mehr sehn, auch ist Mein eigner Schild mir jetzt zu schwer, ich wollte Ihn auf die Seite stellen, und ich mußte Die Magd um Beistand rufen! Ja, ich mögte Jetzt lieber lauschen, wie die Spinnen weben, Und wie die Vögel ihre Nester baun, Als dich begleiten! Dies Mal muß es sein! Ich weiß warum. Vergib mir! Großmut wars! Was ich für Ohnmacht hielt. Du wolltest mich Nur nicht beschämen, als ich auf dem Schiff So unhold trotzte! Davon wohnte nichts In meiner Brust, und darum ist die Kraft, Die sich in einer Laune der Natur Zu mir verirrte, heimgekehrt zu dir! Versöhne dich, da du so milde bist, Denn auch mit Siegfried! Diesen nenne nicht! Doch hast du keinen Grund, ihm gram zu sein. Ich hab auch keinen! Wenn ein König sich So weit erniedrigt, Führerdienst zu leisten Und Boten abzulösen, ist es zwar So wunderlich, als ließe sich der Mensch Fürs Pferd den Sattel auf den Rücken schnallen Und bellte oder jagte für den Hund, Allein, wenns ihm gefällt, was kümmerts mich! So war es nicht. Auch wirds nur um so lustger, Wenn er dabei so hoch an Haupt und Gliedern Hervorragt vor den andern, daß man glaubt, Er sammle sich von allen Königen Der Welt die Kronen ein, um eine einzge Daraus zu schmieden und die Majestät Zum ersten Mal im vollen Glanz zu zeigen, Denn, das ist wahr, solange auf der Erde Noch mehr, als eine, glänzt, ist keine rund, Und statt des Sonnenringes trägst auch du Nur einen blassen Halbmond auf der Stirn! Siehst du, daß du ihn schon mit andern Augen Betrachtet hast? Ich habe ihn vor dir Begrüßt! Das räche! Fordre – töte ihn! Brunhild! Er ist der Gatte meiner Schwester, Und sein Blut ist das meinige. So kämpfe Mit ihm und wirf ihn nieder in den Staub Und zeige mir, wie herrlich du erscheinst, Wenn er der Schemel deiner Füße ist. Auch das ist hier nicht Brauch. Ich laß nicht ab, Ich muß es einmal sehn. Du hast den Kern, Das Wesen, er den Schein und die Gestalt! Zerblase diesen Zauber, der die Blicke Der Toren an ihn fesselt. Wenn Kriemhild Die Augen, die sie jetzt an seiner Seite Doch fast zu kühn erhebt, auch senken muß, So schadets ja wohl nicht, ich aber werde Dich noch ganz anders lieben, wenn dus tust. Auch er ist stark! Ob er den Lindwurm schlug Und Alberich bezwang: das alles reicht Noch nicht von fern an dich. In dir und mir Hat Mann und Weib für alle Ewigkeit Den letzten Kampf ums Vorrecht ausgekämpft. Du bist der Sieger, und ich fordre nichts, Als daß du dich nun selbst mit all den Ehren, Wornach ich geizte, schmücken sollst. Du bist Der Stärkste auf der Welt, drum peitsche ihn Zu meiner Lust aus seiner goldnen Wolke Heraus, damit er nackt und bloß erscheint, Dann leb er hundert Jahre oder mehr. Beide ab. 5. Szene Fünfte Szene Frigga und Ute kommen. Nun, Brunhild blickt schon heute fröhlicher, Wie gestern. Königin, sie ist es auch. Ich habs mir wohl gedacht. Ich nicht! Ich nicht! Ihr Sinn ist so verwandelt, daß ich nicht Erstaunen würde, wenn sich auch ihr Wesen Verwandelte, und wenn sie blonde Locken Bekäme, statt der schwarzen, die so lange Mir unterm goldnen Kamme knisterten. Das ist dir doch nicht leid? Mich wunderts nur, Und hättest du dies Heldenbild erzogen, Wie ich, und wüßtest alles, was ich weiß, So würdest du dich wundern, wie ich selbst. indem sie wieder in die Burg geht. Tu nur das deinige! Ich tat schon mehr, Als Ihr Euch träumen laßt! Daß dies so kam, Begreif ich nicht, doch wenn sie glücklich ist, So bin ich still und werde sie gewiß Nicht mahnen an die Zeit, die sie vergaß! 6. Szene Sechste Szene Kriemhild und Brunhild kommen Hand in Hand, es sammeln sich viele Recken und Volk. Nun, ists nicht besser, Kämpfe anzusehen, Als selbst zu kämpfen? Hast du beides schon Versucht, daß du vergleichen kannst? Ich mögt es Auch nimmermehr. So spiele nicht so kühn Die Richterin! – Ich meine das nicht schlimm, Du kannst mir deine Hand noch immer lassen, Auch mags so sein, nur, dächt ich, diese Lust Wär mir allein bestimmt. Wie meinst du das? Es kann doch keine jubeln, die den Gatten Erliegen sieht! Gewiß nicht! Noch sich täuschen, Wenn er nur darum fest im Bügel bleibt, Weil ihn sein Herr verschonte. Auch wohl kaum! Nun denn! Davor bin ich doch wohl geschützt? Du lächelst? Weil du gar zu sicher bist. Ich darf es sein! Zur Probe kommts wohl nicht, Und auch ein Traum ist süß. Schlaf zu, schlaf zu, Ich wecke dich nicht auf! Wie redest du! Mein edler Gatte ist nur viel zu mild, Um den Verwaltern seiner Königreiche So weh zu tun, sonst hätt er seinen Degen Schon längst zu einem Zepter umgeschmiedet Und über die ganze Erde ausgestreckt. Denn alle Lande sind ihm untertan, Und sollte eins es leugnen, bät ich mirs Sogleich von ihm zum Blumengarten aus. Kriemhild, was wäre da der meinige? Er ist mein Bruder und erhält den Stempel, Wie schwer er immer sei, man wiegt ihn nicht. Nein, denn er selbst ist das Gewicht der Welt, Und wie das Gold der Dinge Preis bestimmt, So er den Wert der Recken und der Helden! Du mußt nicht widersprechen, liebes Kind, Ich will dafür geduldig auf dich hören, Wenn du mir zeigst, wie man die Nadel braucht. Brunhild! Ich sagt es wahrlich nicht im Hohn, Ich mögt es können, und es ist mir nicht So angeboren, wie das Lanzenwerfen, Für welches ich des Meisters nicht bedurfte, So wenig, wie fürs Gehen oder Stehn. Wir können gleich beginnen, wenn du willst, Und da du doch am liebsten Wunden machst, So fangen wir beim Sticken an, ich habe Ein Muster bei mir! Sie will den Gürtel hervorziehen. Nein, ich irre mich! Du blickst nicht mehr, wie sonst, auf deine Schwester, Auch ist es gar nicht freundlich, mir die Hand, Die ich so liebreich faßte, zu entziehn, Bevor ich selbst sie lasse, unsre Sitte Zum wenigsten verlangt das Gegenteil. Kannst du es nicht verwinden, daß das Zepter, Von dem du träumst, in deines Bruders Hand Gegeben ist? Du solltest doch als Schwester Dich trösten, denn der Ruhm des Bruders ist Zur Hälfte dein, auch, dächt ich, müßtest du Vor allen andern mir die Ehre gönnen, Die dir nun einmal doch nicht werden konnte, Denn keine hätt dafür bezahlt, wie ich! Ich seh, wie alle Unnatur sich rächt: Du hast der Liebe widerstrebt, wie keine, Nun macht sie dich zur Strafe doppelt blind. Du sprichst von dir und nicht von mir! Es ist Kein Grund zum Streit. Das weiß die ganze Welt! Eh ich geboren wurde, wars bestimmt, Daß nur der Stärkste mich besiegen solle – Ich glaubs ja gern. Und doch? lacht. So bist du toll! Ist deine Angst so groß, daß wir zu streng Mit den Vasallen sind? Besorge nichts! Ich lege keinen Blumengarten an, Und auch den Vortritt werde ich nur einmal Verlangen, wenn du nicht zu störrig bist, Nur heut, nur hier am Dom, und niemals mehr. Ich hätte dir ihn wahrlich nicht versagt, Doch da es meines Gatten Ehre gilt, So weich ich keinen Schritt. Er wird es dir Schon selbst gebieten. Wagst dus, ihn zu schmähn? Er trat bei mir zurück vor deinem Bruder, Wie ein Vasall vor seinem Herrn, und wehrte Dem Gruß, den ich ihm bot. Das fand ich auch Natürlich, als ich ihn – er nannte sich Ja selber so – für einen Dienstmann hielt, Nun aber kommts mir anders vor. Und wie? Ich sah den Wolf wohl so vor einem Bären Bei Seite schleichen, oder auch den Bären Vor einem Auerstier. Er ist Vasall, Wenn er auch nicht geschworen hat. Nicht weiter! Du willst mir drohn? Vergiß dich nicht, mein Kind! Ich bin bei Sinnen! Bleibe du es auch! Es mußte doch ein Grund vorhanden sein. Es war ein Grund! Und schaudern würdest du, Wenn du ihn ahntest. Schaudern! Schaudern! Ja! Doch fürchte nichts! Ich liebe dich auch jetzt Noch viel zu sehr und kann dich nie so hassen, Um dir den Grund zu nennen. Wäre mirs Geschehn, ich grübe mir mit eignen Händen In dieser Stunde noch das Grab! Nein, nein! Nicht ich will das elendeste Geschöpf, Das auf der ganzen Erde atmet, machen, Sei stolz und frech, ich bin aus Mitleid stumm! Du prahlst, Kriemhild, und ich verachte dich! Das Kebsweib meines Gatten mich verachten! Legt sie in Ketten! Bindet sie! Sie rast! zieht den Gürtel hervor. Kennst du den Gürtel? Wohl! Es ist der meine, Und da ich ihn in fremden Händen sehe, So muß er mir bei Nacht gestohlen sein! Gestohlen! Dennoch gab ihn mir kein Dieb! Wer sonst? Der Mann, der dich bewältigt hat! Doch nicht mein Bruder! Kriemhild! Diesen hättest Du Mannweib ja erwürgt und dann vielleicht Zur Strafe in den Toten dich verliebt: Mein Gatte gab ihn mir! Nein! nein! So ists! Nun setz ihn noch herab! Gestattest du Mir jetzt, daß ich den Dom vor dir betrete? Zu ihren Frauen. Folgt mir! Ich muß ihr zeigen, was ich darf! Ab in den Dom. 7. Szene Siebente Szene Wo sind die Herren von Burgund? – O Frigga! Hast dus gehört? Ich habs gehört und glaubs. Du tötest mich! Es wäre so? Sie sagte Gewiß zu viel, doch dieses steht mir fest, Daß du betrogen bist! Sie löge nicht? Der Balmung-Schwinger wars. Er stand am See, Als er verlosch. So hat er mich verschmäht, Denn ich war auf der Zinne, und er mußte Mich sehn. Er war gewiß schon voll von ihr. Und daß du weißt, um was man dich betrog: Ich täuschte dich! ohne auf sie zu hören. Daher die stolze Ruhe, Womit er mich betrachtete. Nicht bloß Dies schmale Land, dir war die ganze Erde Zum Eigentum bestimmt, auch sollten dir Die Sterne reden und sogar dem Tod Die Herrschaft über dich genommen sein. Schweig mir von dem! Warum? Du kannst es dir Zwar nicht zurück erobern, doch du kannst Dich rächen, Kind! Und rächen werd ich mich! Verschmäht! Weib, Weib, wenn du in seinen Armen Auch eine Nacht gelacht hast über mich, So sollst du viele Jahre dafür weinen, Ich will – – Was red ich! Ich bin schwach, wie sie. Stürzt Frigga an die Brust. 8. Szene Achte Szene Gunther, Hagen, Dankwart, Rumolt, Gerenot, Giselher und Siegfried kommen. Was gibt es hier? richtet sich hoch auf. Bin ich ein Kebsweib, König? Ein Kebsweib? Deine Schwester nennt mich so! zu Frigga. Was ging hier vor? Ihr seid entdeckt! Wir kennen Den Sieger jetzt, und Kriemhild sagt sogar, Daß er es zwei Mal war. zu Gunther. Er hat geschwatzt! Er redet heimlich mit ihm. 9. Szene Neunte Szene die währenddem aus dem Dom getreten ist. Vergib mir, mein Gemahl! Ich tat nicht recht, Doch wenn du wüßtest, wie sie dich geschmäht – zu Siegfried. Hast du dich je gerühmt? legt die Hand auf Kriemhilds Haupt. Bei ihrem Leben, Ich tat es nicht. Das glaub ihm ohne Eid! Er sagte nur, was wahr ist. Und auch das Nicht ohne Not! Ich zweifle nicht daran! Das Wie ein ander Mal. Jetzt bringe nur Die Weiber auseinander, die noch immer Die Schlangenkämme wieder sträuben können, Wenn sie zu früh sich in die Augen sehn. Ich ziehe bald von dannen. Kriemhild, komm! zu Brunhild. Wenn du bedenkst, wie schwer du mich gereizt, So wirst auch du – wendet sich. Du liebst ja meinen Bruder, Kannst du das Mittel schelten, das dich ihm Zu eigen machte? O! Hinweg! Hinweg! indem er Kriemhild abführt. Hier wurde nicht geschwatzt, ihr werdet sehn! Ab. 10. Szene Zehnte Szene Nun tretet um mich her und haltet gleich Das peinliche Gericht. Wie redest du? Fehlts hier am Grund? Dort steht die Königin Und weint die heißen Tränen, welche ihr Der Schimpf entpreßt! Zu Brunhild. Du edles Heldenbild, Du einzges, dem auch ich mich willig beuge: Der Mann muß sterben, der dir das getan! Hagen! zu Brunhild. Der Mann muß sterben, wenn du selbst Nicht zwischen ihn und deinen Rächer trittst. Ich eß nicht mehr, bis ihr den Spruch vollzieht. Vergib mir, König, daß ich sprach vor dir, Ich wollte dir nur zeigen, wie es steht, Doch kannst du dich noch immer frei entscheiden, Dir blieb die Wahl ja zwischen ihm und ihr. So wird das Ernst? Um einen kleinen Fehl Wollt ihr den treusten Mann der Erde morden? Mein König und mein Bruder, sage nein! Wollt ihr Bastarde ziehn an eurem Hof? Ich zweifle, ob die trotzigen Burgunden Sie krönen werden! Doch du bist der Herr! Der tapfre Siegfried wird sie schon bezwingen, Sobald sie murren, wenns uns selbst nicht glückt. zu Gunther. Du schweigst! Wohlan! Das übrige ist mein! Ich scheide mich von eurem Blutrat ab! Ab. 11. Szene Eilfte Szene Frigga, mein Leben oder auch das seine! Das seine, Kind! Ich ward nicht bloß verschmäht, Ich ward verschenkt, ich ward wohl gar verhandelt! Verhandelt, Kind! Ihm selbst zum Weib zu schlecht, War ich der Pfenning, der ihm eins verschaffte! Der Pfenning, Kind! Das ist noch mehr, als Mord, Und dafür will ich Rache! Rache, Rache! Alle ab. 4. Akt 1. Szene Erste Szene Halle. Gunther mit seinen Recken. Hagen trägt einen Wurfspieß. Ein Lindenblatt muß selbst der Blinde treffen; Ich will mich trauen, eine Haselnuß Auf funfzig Schritt mit diesem Spieß zu öffnen. Was ziehst du solche Künste jetzt hervor? Wir wissens lange, daß bei dir nichts rostet. Er kommt! Nun zeigt mir, daß ihr düster blicken Und das Gesicht verziehn könnt, wenn euch auch Kein Vater starb. 2. Szene Zweite Szene tritt auf. Ihr Recken, hört ihr nicht Die Bracken heulen und den jüngsten Jäger Sein Hifthorn prüfen? Auf! Zu Pferd! Hinaus! Der Tag wird schön! Und wards euch nicht gesagt, Daß sich die Bären in die Ställe wagen, Und daß die Adler vor den Türen stehn, Wenn man sie morgens öffnet, ob vielleicht Ein Kind heraus hüpft? Ja, das kam schon vor. Indes wir freiten, ward hier schlecht gejagt! Kommt, werft den übermütgen Feind mit mir Zurück und zehntet ihn. Mein Freund, wir müssen Die Klingen schärfen und die Speere nageln. Warum? Du hast in diesen letzten Tagen Zu viel gekost, sonst wüßtest du es längst. Ich rüste mich zum Abschied, wie ihr wißt! Doch sprecht, was gibts? Die Dänen und die Sachsen Sind wieder unterwegs. Sind denn die Fürsten Gestorben, die uns schwuren? O, nicht doch, Sie stehen an der Spitze. Lüdegast Und Lüdeger, die ich gefangen nahm, Und ohne Lösegeld entließ? Sie sagten Uns gestern wieder ab. Und ihren Boten, In wie viel Stücke habt ihr ihn zerhauen? Hat jeder Geier seinen Teil gehabt? So redest du? Wer solchen Schlangen dient, Der wird, wie sie, zertreten. Höll und Teufel, Ich fühle meinen ersten Zorn! Ich glaubte Schon oft zu hassen, doch ich irrte mich, Ich liebte dann nur weniger. Ich kann Nichts hassen, als den Treubruch, den Verrat, Die Gleisnerei und all die feigen Laster, Auf denen er herankriecht, wie die Spinne Auf ihren hohlen Beinen. Ist es möglich, Daß tapfre Männer, denn das waren sie, Sich so beflecken konnten? Liebe Vettern, Steht nicht so kalt herum und schaut auf mich, Als ob ich raste oder klein und groß Verwechselte! Uns allen ist bis jetzt Kein Unglimpf widerfahren. Streicht die Rechnung Gelassen durch bis auf den letzten Posten, Nur diese zwei sind schuldig. Schändlich ists, Mir klingt es noch im Ohr, wie sie dich lobten, Wann war denn dieser Bote da? Du hast Ihn gleichfalls nicht gesehn? Ei nun, er trollte Sich rasch von dannen, als er fertig war, Und sah sich nach dem Botenbrot nicht um. O, pfui, daß ihr ihn für seine Frechheit Nicht züchtigtet! Ein Rabe hätt ihm dann Die Augen ausgehackt und sie verächtlich Vor seinen Herren wieder ausgespien; Das war die einzge Antwort, die uns ziemte. Hier gilts ja keine Fehde, keinen Kampf Nach Recht und Brauch, hier gilt es eine Jagd Auf böse Tiere! Hagen, lächle nicht! Mit Henkerbeilen sollten wir uns waffnen, Anstatt mit unsren adeligen Klingen, Und die sogar erst brauchen, da sie doch Von Eisen sind und so dem Schwert verwandt, Wenn zu dem Hundefang kein Strick genügt. Wohl wahr! Du spottest meiner, wie es scheint. Das faß ich nicht, Du brennst doch sonst so leicht! Wohl weiß ichs, daß du älter bist, als ich, Jetzt aber spricht die Jugend nicht aus mir Und auch nicht der Verdruß, daß ich es war, Der euch zur Milde riet. Mir deucht, ich stehe Hier für die ganze Welt, und meine Zunge Ruft, wie die Glocke zum Gebet, zur Rache Und zum Gericht, was Mensch mit Menschen ist. So ists. zu Hagen. Kennst du den Treubruch? Den Verrat? Schau ihm ins Angesicht und lächle noch. Du stellst dich ihm in ehrlich-offnem Streit Und wirfst ihn nieder. Aber viel zu stolz, Wenn nicht zu edel, um ihn zu vernichten, Gibst du ihn wieder frei und reichst ihm selbst Die Waffen dar, die er an dich verlor. Er stößt sie nicht zurück und knirscht dich an, Er dankt es dir, er rühmt und preist dich gar Und schwört sich dir zum Mann mit tausend Eiden: Doch wenn du, all den Honig noch im Ohr, Dich nun aufs Lager müde niederstreckst Und nackt und wehrlos daliegst, wie ein Kind, So schleicht er sich heran und mordet dich, Und spuckt vielleicht auf dich, indem du stirbst. zu Hagen. Was sagst du dazu? zu Gunther. Dieser edle Zorn Macht mich so mutig, unsern Freund zu fragen, Ob er uns abermals begleiten will. Ich zieh allein mit meinen Nibelungen, Denn ich bin schuld daran, daß diese Arbeit Doch einmal kommt! So gern ich meiner Mutter Mein Weib auch zeigte, um zum ersten Mal Ein volles Lob von ihr davon zu tragen: Es darf nicht sein, solange diese Heuchler Noch Öfen haben, um sich Brot zu backen, Und Brunnen, um zu trinken! Gleich bestell ich Die Reise ab, und dies gelob ich euch: Ich bringe sie lebendig, und sie sollen Fortan vor meiner Burg in Ketten liegen Und bellen, wenn ich komme oder geh, Da sie nun einmal Hundeseelen sind! Eilt ab. 3. Szene Dritte Szene Er rennt in seiner Wut gewiß zu ihr, Und wenn er fertig ist, so folg ich nach. Ich will nicht weiter gehn. Wie meinst du, König? Laß neue Boten kommen, die uns melden, Daß alles wieder ruhig ist. Das wird Sogleich geschehn, wenn ich bei Kriemhild war Und das Geheimnis habe. Hast du denn Metallne Eingeweide, daß du dich Nicht auch erschüttert fühlst? Sprich deutlich, Herr, Das kann ich nicht verstehn. Er soll nicht sterben. Er lebt, solange dus befiehlst! Und ständ ich Im Wald schon hinter ihm, den Speer gezückt, Du winkst, und statt des Frevlers stürzt ein Tier! Er ist kein Frevler! Konnte er dafür, Daß er den Gürtel mitgenommen hatte, Und daß Kriemhild ihn fand? Er ist ihm ja Entfallen, wie ein Pfeil, der sitzen blieb, Weil mans vergaß, sich nach dem Kampf zu schütteln, Und den man selbst am Klirren erst bemerkt. Sprich selbst, sprecht alle: Konnte er dafür? Nein! Nein! Wer sagts? Auch dafür konnt er nichts, Daß ihm der Witz gebrach, sich auszureden, Er ward gewiß schon beim Versuche rot. Nun denn! Was bleibt? Der Schwur der Königin! Sie töt ihn selber, wenn sie Blut verlangt. Wir streiten, wie die Kinder. Darf man denn Nicht Waffen sammeln, wenn man auch nicht weiß, Ob man sie jemals brauchen wird? Man forscht Ein Land doch aus mit allen seinen Pässen, Warum nicht einen Helden? Ich versuche Mein Glück jetzt bei Kriemhild, und wärs auch nur, Damit die schönste List, die wir erdachten, Doch nicht umsonst ersonnen sei! Sie wird Mir nichts verraten, wenn er selbst ihr nichts Vertraut hat, und es steht ja ganz bei euch, Ob ihr das nützen wollt, was ich erfahre; Ihr könnt ja wirklich tun, wenns euch gefällt, Was ich nur heucheln will, und ihm im Krieg Die Stelle decken, wo er sterblich ist, Doch immer müßt ihr wissen, wo sie sitzt. Ab. 4. Szene Vierte Szene zu Gunther. Du bist von selbst zu Edelmut und Treue Zurück gekehrt, sonst sagt ich: dieses Spiel War keines Königs würdig! Deinen Zorn Begreift man leicht, du wurdest selbst getäuscht. Nicht darum. Doch ich will mit dir nicht streiten, Es steht ja alles wieder gut. Wie das? Wie das? Ich hörte, daß die Königin In Trauerkleidern geht und Trank und Speise Verschmäht, sogar das Wasser. Leider! Ja. Wie stehts denn gut? Was Hagen sprach, ist wahr. Sie scheint nicht angetan, um vor dem Hauch Der Zeit, wie andre, wieder hinzuschmelzen, Und darum bleibts dabei: Er oder sie! Zwar hast du Recht, er ist nicht schuld daran, Daß dieser Gürtel sich, wie eine Schlange, Ihm anhing, nein, es ist ein bloßes Unglück, Allein dies Unglück tötet, und du kannst Nur noch entscheiden, wen es töten soll. So sterbe, was nicht leben will! Die Wahl Ist fürchterlich. Ich warnte dich vorher, Die Straße zu betreten, aber jetzt Ist dies das Ziel. Und muß denn nicht ein jeder, Nach unsrem Recht, auch für sein Unglück stehn? Wer seinen besten Freund bei Nacht durchrennt, Weil er die Lanze unvorsichtig trug, Der kauft sich nicht mit seinen Tränen los, So heiß und rasch sie ihm entströmen mögen, Es gilt sein Blut. Ich geh einmal zu ihr. Ab. 5. Szene Fünfte Szene Dort kommt Kriemhild mit Hagen. Ganz verstört, Wie er sichs dachte. Gehn wir auch! Alle ab. 6. Szene Sechste Szene Hagen und Kriemhild treten auf. So früh Schon in der Halle? Ohm, ich halt es drinnen Nicht länger aus. Wenn ich nicht irrte, ging Dein Gatte eben von dir. Ganz erhitzt, Als ob er zornig wäre. Ist der Friede Noch zwischen euch nicht wieder hergestellt? Will er vielleicht sein Mannesrecht mißbrauchen? Sags mir, so rede ich mit ihm. O nein! Wenn mich nichts andres an den bösen Tag Mehr mahnte, wär er schon ein Traum für mich: Mein Gatte hat mir jedes Wort erspart! Mich freuts, daß er so mild ist. Lieber hätt ichs, Wenn er mich schölte, doch er mag wohl wissen, Daß ich es selber tu! Nur nicht zu hart! Ich weiß, wie schwer ich sie gekränkt, und werde Mirs nie vergeben, ja, ich mögte eher, Daß ichs erlitten hätte, als getan. Und treibt dich das so früh aus deiner Kammer? Das? Nein! Das triebe eher mich hinein! Mich quält die Angst um ihn. Die Angst um ihn? Es gibt ja wieder Streit. Ja, das ist wahr. Die falschen Buben! Sei nicht gleich so bös, Daß du im Packen unterbrochen wirst! Fahr ruhig fort und laß dich gar nicht stören, Du legst nachher den Panzer oben auf. Was schwatz ich da! Er trägt nicht einmal einen Und hats ja auch nicht nötig. Glaubst du das? Fast mögt ich lachen. Wenn ein andres Weib So greinte, spräch ich: Kind, von tausend Pfeilen Kommt einer nur auf ihn, und der zerbricht! Doch deiner muß ich spotten und dir raten: Fang eine Grille ein, die klüger singt! Du sprichst von Pfeilen! Pfeile eben sinds, Die ich so fürchte. Eines Pfeiles Spitze Braucht höchstens meines Daumennagels Raum Um einzudringen, und er tötet auch. Besonders, wenn man ihn vergiftet hat, Und diese Wilden, die den Damm durchstachen, Wohinter wir uns alle angebaut, Und den wir selbst im Krieg noch heilig halten, Sind wohl im Stande, dies, wie das, zu tun. Du siehst! Was geht das deinen Siegfried an? Er ist ja fest. Und wenn es Pfeile gäbe, Die sichrer, wie die Sonnenstrahlen, träfen, Er schüttelte sie ab, wie wir den Schnee! Das weiß er auch, und dies Gefühl verläßt Ihn keinen Augenblick im Kampf. Er wagt, Was uns, die wir doch auch nicht unter Espen Geboren wurden, fast zum Zittern bringt. Wenns ers bemerkt, so lacht er, und wir lachen Von Herzen mit. Das Eisen kann ja ruhig Ins Feuer gehn: es kommt als Stahl heraus. Mich schaudert! Kind, du bist zu kurz vermählt, Sonst freut ich mich, daß du so schreckhaft bist. Hast dus vergessen, oder weißt du nicht, Was doch in Liedern schon gesungen wird, Daß er an einem Fleck verwundbar ist? Das hatt ich ganz vergessen, es ist wahr, Allein ich weiß, er sprach uns selbst davon. Es war von irgend einem Blatt die Rede, Doch frag ich mich umsonst, in welchem Sinn. Von einem Lindenblatt. Ja wohl! Doch sprich: Wie hat ein Lindenblatt ihm schaden können? Das ist ein Rätsel, wie kein zweites mehr. Ein rascher Windstoß warfs auf ihn herab, Als er sich salbte mit dem Blut des Drachen, Und wo es sitzen blieb, da ist er schwach. So fiel es hinten, weil ers nicht bemerkte! – Was tuts! Du siehst, daß deine nächsten Vettern, Ja, deine Brüder, die ihn schützen würden, Wenn nur ein Schatten von Gefahr ihn streifte, Den Fleck nicht kennen, wo er sterblich ist: Was fürchtest du? Du marterst dich um nichts. Ich fürchte die Valkyrien! Man sagt, Daß sie sich stets die besten Helden wählen, Und zielen die, so trifft ein blinder Schütz. Da wär ihm denn ein treuer Knappe nötig, Der ihm den Rücken deckte. Meinst du nicht? Ich würde besser schlafen. Nun, Kriemhild! Wenn er – du weißt, er war schon nah daran – Aus schwankem Nachen in den tiefen Rhein Hinunterstürzte und die Rüstung ihn Hernieder zöge zu den giergen Fischen, So würde ich ihn retten oder selbst Zu Grunde gehn. So edel denkst du, Ohm? So denk ich! Ja! – Und wenn der rote Hahn Bei dunkler Nacht auf seine Burg sich setzte, Und er, schon vorm Erwachen halb erstickt, Den Weg nicht fände, der ins Freie führt, Ich trüge ihn heraus auf meinen Armen, Und glückt es nicht, so würden zwei verkohlt. will ihn umarmen. Dich muß ich – wehrt ab. Laß. Doch schwör ichs, daß ichs täte. Nur setze ich hinzu: seit kurzem erst! Er ist seit kurzem erst dein Blutsverwandter! Und hab ich dich verstanden? Wolltest du, Du selbst? – So meint ichs! Ja! Er kämpft für mich Und tritt das kleinste von den tausend Wundern Mir ab, die er vollbringt, sobald er zieht, Ich aber schirme ihn! Das hätt ich nie Von dir gehofft! Nur mußt du mir den Fleck Bezeichnen, daß ichs kann. Ja, das ist wahr! Hier! In der Mitte zwischen beiden Schultern! In Scheibenhöhe! Ohm, Ihr werdet doch An ihm nicht rächen, was nur ich verbrach? Was träumst du da. Es war die Eifersucht, Die mich verblendete, sonst hätt ihr Prahlen Mich nicht so aufgebracht! Die Eifersucht! Ich schäme mich! Doch wenns auch in der Nacht Bei Schlägen blieb, und glauben will ichs ja, Selbst seine Schläge gönnte ich ihr nicht! Nun, nun, sie wirds vergessen. Ist es wahr, Daß sie nicht ißt und trinkt? Sie fastet immer Um diese Zeit. Es ist die Nornenwoche, Die man in Isenland noch heilig hält. Es sind drei Tage schon! Was kümmerts uns? Nichts mehr. Man kommt. Und? – Scheint es dir nicht gut, Ihm aufs Gewand ein feines Kreuz zu sticken? Das Ganze ist zwar törigt, und er würde Dich arg verhöhnen, wenn dus ihm erzähltest, Doch da ich nun einmal sein Wächter bin, So mögt ich nichts versehn. Ich werd es tun! Schreitet Ute und dem Kaplan entgegen. 7. Szene Siebente Szene ihr nach. Nun ist dein Held nur noch ein Wild für mich! Ja, hätt er Strich gehalten, wär er sicher, Doch wußt ich wohl, es werde nicht geschehn. Wenn man durchsichtig ist, wie ein Insekt, Das rot und grün erscheint, wie seine Speise, So muß man sich vor Heimlichkeiten hüten, Denn schon das Eingeweide schwatzt sie aus! Ab. 8. Szene Achte Szene Ute und der Kaplan treten auf. Es gibt dafür kein Bild auf dieser Welt! Ihr wollt vergleichen, und Ihr wollt begreifen, Doch hier gebrichts am Zeichen, wie am Maß. Werft Euch vor Gott darnieder im Gebet, Und wenn Ihr in Zerknirschung und in Demut Euch selbst verliert, so werdet Ihr vielleicht, Und wärs nur für so lange, als der Blitz Auf Erden weilt, zum Himmel aufgezückt. Kann das geschehn? Der heilge Stephanus Sah, als das grimmentbrannte Volk der Juden Ihn steinigte, des Paradieses Tore Schon offen stehn und jubelte und sang. Sie warfen ihm den armen Leib zusammen, Ihm aber wars, als rissen all die Mörder, Die ihn in blinder Wut zu treffen dachten, Nur Löcher in sein abgeworfenes Kleid. zu Kriemhild, die sich hinzugesellt hat. Merk auf, Kriemhild! Ich tus. Das war die Kraft Des Glaubens! Lernt nun auch den Fluch Des Zweifels kennen! Petrus, der das Schwert Der Kirche trägt, und ihre Schlüssel führt, Erzog sich einen Jünger, welchen er Vor allen liebte. Dieser stand einmal Auf einem Felsen, den das wilde Meer Umbrauste und bespülte. Da gedacht er Der Zuversicht, mit der sein Herr und Meister Auf unsres Heilands ersten Wink das Schiff Verließ, und festen Schritts die See betrat, Die ihn bedrohte mit dem sichren Tod. Ein Schwindel faßte ihn bei dem Gedanken An diese Probe, und das Wunder schien Ihm so unmöglich, daß er eine Zacke Des Felsens packte, um nur nicht zu fallen, Und ausrief: Alles, alles, nur nicht dies! Da blies der Herr, und plötzlich schmolz der Stein Zu seinen Füßen ein, er sank und sank Und schien verloren, und vor Furcht und Grauen Sprang er hinunter in die offne Flut. Doch diese hatte, von demselben Hauch Des Ewgen still getroffen, sich verfestigt, Sie trug ihn, wie die Erde mich und euch, Und reuig sprach er: Herr, das Reich ist Dein! In Ewigkeit! So bete, frommer Vater, Daß Er, der Stein und Wasser so verwandelt, Auch meinen Siegfried schützt. Für jedes Jahr, Das mir beschieden wird an seiner Seite, Erbau ich einem Heilgen den Altar. Ab. Du staunst das Wunder an. Laß dir noch sagen, Wie ich zu meiner Priesterkutte kam. Ich bin vom Stamm der Angeln, und als Heide Geboren unter einem Volk von Heiden. Wild wuchs ich auf, und ward mit funfzehn Jahren Schon mit dem Schwert umgürtet. Da erschien Der erste Bote Gottes unter uns. Er ward verhöhnt, verspottet und zuletzt Getötet. Königin, ich war dabei Und gab ihm, von den andern angetrieben, Mit dieser Hand, die ich seitdem nicht brauche, Obgleich der Arm nicht lahm ist, wie Ihr glaubt, Den letzten Schlag. Da hört ich sein Gebet. Er betete für mich, und mit dem Amen Verhaucht' er seinen Geist. Das wandte mir Das Herz im Busen um. Ich warf mein Schwert Zu Boden, hüllte mich in sein Gewand Und zog hinaus und predigte das Kreuz. Dort kommt mein Sohn! O, daß es dir gelänge, Den Frieden, welcher ganz von hier entwich, Zurück zu führen! Beide ab. 9. Szene Neunte Szene Gunther tritt mit Hagen und den andern auf. Wie ich euch gesagt: Sie rechnet auf die Tat, wie wir auf Äpfel, Wenns Herbst geworden ist. Die Alte hat, Um sie zu reizen, hundert Weizenkörner In ihrer Kammer still herumgestreut: Sie liegen unberührt. Wie ist es möglich, Daß sie so Leben gegen Leben setzt? So mögt ich selber fragen. Und dabei Kein Treiben und kein Drängen, wie's bei Dingen, Die doch an Ort und Zeit und Menschenwillen Gebunden sind, natürlich ist, kein Fragen, Kein Wechsel in den Zügen, nur Verwundrung Daß man den Mund noch öffnet und nicht meldet: Es ist vollbracht! So sage ich dir eins: Sie liegt in seinem Bann, und dieser Haß Hat seinen Grund in Liebe! Meinst du auch? Doch ists nicht Liebe, wie sie Mann und Weib Zusammenknüpft. Was dann? Ein Zauber ists, Durch den sich ihr Geschlecht erhalten will, Und der die letzte Riesin ohne Lust, Wie ohne Wahl, zum letzten Riesen treibt. Was ändert das? Den löst man durch den Tod! Ihr Blut gefriert, wenn seins erstarrt, und er War dazu da, den Lindwurm zu erschlagen Und dann den Weg zu gehn, den dieser ging. Man hört Tumult. Was ist denn das? Das sind die falschen Boten, Die Dankwart hetzt. Er macht es gut, nicht wahr? Auch der wirds hören, der gerade küßt! 10. Szene Zehnte Szene Siegfried kommt; als Hagen ihn bemerkt. Bei Höll und Teufel: Nein! und zehn Mal: Nein! Es wäre Schmach für uns, und Siegfried denkt Gewiß, wie ich. Da kommt er eben her. Nun sprich, du magst entscheiden! Als Dankwart auftritt. Freilich ändert Dein Wort nicht mehr, die Antwort ist gegeben, Zu Dankwart. Du hast die Peitsche sicher nicht geschont? Zu Siegfried. Doch setze immerhin dein Siegel bei! Was gibts? Die Hunde bitten jetzt aufs neue Um Frieden, doch ich ließ die lumpgen Boten Vom Hof herunter hetzen, ehe sie Noch ausgesprochen hatten. Das war recht! Der König schilt mich zwar, er meint, man könne Nicht wissen, was geschehn – Nicht wissen! Ha! – Ich weiß es, ich! Packt einen Wolf von hinten, So gibt er Ruh von vorn! Das wird es sein! Was sonst! Es wimmelt ja in ihrem Rücken Von wilden Stämmen. Nun, die säen nicht Und wollen dennoch ernten. Seht ihrs nun? Nur werdet ihr den Wolf nicht schonen wollen Weil er nicht grade Zeit hat, sich zu wehren – Gewiß nicht, Stehen wir den Füchsen bei Und treiben ihn ins letzte Loch hinein, In ihren Magen, mein ich! Tun wir das, Doch scheints nicht nötig, daß wir uns erhitzen, Drum rat ich heut zur Jagd. Ich zieh nicht mit. Ich wahrlich auch nicht. Seid ihr jung und keck Und wollt von einer Jagd zu Hause bleiben? Mich hätt man binden müssen, und ich hätte Den Strick noch abgenagt. O Jägerlust! Ja, wenn man singen könnte! Ists dir recht? Recht? Freund, ich bin so voll von Wut und Groll, Daß ich mit einem jeden zanken mögte, Drum muß ich Blut sehn. Mußt du? Nun, ich auch! 11. Szene Eilfte Szene Kriemhild kommt. Ihr geht zur Jagd? Ja wohl! Bestell dir gleich Den Braten! Teurer Siegfried, bleib daheim. Mein Kind, eins kannst du nicht zu früh erfahren, Man bittet einen Mann nicht: bleib daheim! Man bittet: nimm mich mit! So nimm mich mit! Das wird nicht gehn! Warum nicht? Wenn sies wagt? Es wird ja wohl das erste Mal nicht sein! Den Falken her! Ihr, was da fliegt, und uns, Was hüpft und springt. Das gibt die beste Lust. Die eine sitzt voll Scham in ihrer Kammer, Die andre zöge in den Wald hinaus? Es wär, wie Hohn! Das hab ich nicht bedacht. Ja wohl, es kann nicht sein. So wechsle nur Das Kleid! Noch einmal? Jeden deiner Wünsche Erfüll ich, keine Grille. Du bist herb. Laß mich hinaus! Die Lust nimmt alles weg, Und morgen abend bitte ich dir ab! So kommt. Ja wohl. Nur noch den Abschiedskuß. Er umarmt Kriemhild. Du sträubst dich nicht? Du sagst nicht: morgen abend! Wie ich? Das nenn ich edel. Kehr zurück! Ein wunderlicher Wunsch! Was hast du nur? Ich zieh hinaus mit lauter guten Freunden, Und wenn die Berge nicht zusammenbrechen Und uns bedecken, kann uns nichts geschehn! O weh! Gerade das hat mir geträumt. Mein Kind, sie stehen fest. umschließt ihn nochmals. Kehr nur zurück! Die Recken ab. 12. Szene Zwölfte Szene Siegfried! wird noch einmal sichtbar. Was ist? Wenn du nicht zürnen wolltest – folgt Siegfried rasch. Nun, hast du deine Spindel schon? zu Kriemhild. Du hörst, Daß sich die Hunde nicht mehr halten lassen, Was soll ich? Warte doch auf deinen Flachs! Du sollst im Mondschein mit den Druden spinnen. Geht! Geht! Ich wollte dich nur noch mal sehn! ab. 13. Szene Dreizehnte Szene Ich finde nicht den Mut, es ihm zu sagen, Und rief ich ihn noch zehn Mal wieder um. Wie kann man tun, was man sogleich bereut! 14. Szene Vierzehnte Szene Gerenot und Giselher treten auf. Ihr noch nicht fort? Die schickt mir Gott hieher! Ihr lieben Brüder, laßt euch herzlich bitten, Gewährt mir einen Wunsch, und wenn er euch Auch törigt scheint. Begleitet meinen Herrn Auf Schritt und Tritt und bleibt ihm stets im Rücken. Wir gehn nicht mit, wir haben keine Lust. Ihr keine Lust! Wie sprichst du? Keine Zeit! Es gibt so viel für diesen Zug zu ordnen. Und eure Jugend ward damit betraut? Wenn ich euch teuer bin, wenn ihr es nicht Vergessen habt, daß eine Milch uns nährte, So reitet nach. Sie sind ja längst im Wald. Und einer deiner Brüder ist ja mit. Ich bitte euch! Wir müssen Waffen mustern, Du wirst es sehn. Will gehen. So sagt mir nur noch eins: Ist Hagen Siegfrieds Freund? Warum denn nicht? Hat er ihn je gelobt? Er lobt ja schon, Wenn er nicht tadelt, und ich hörte nie, Daß er ihn tadelte. Beide ab. Dies ängstigt mich Noch mehr, als alles andre. Die nicht mit! 15. Szene Funfzehnte Szene Frigga tritt auf. Du, Alte? Suchst du mich? Ich suche niemand. So willst du etwas für die Königin? Auch nicht. Die braucht nichts. Nichts und immer nichts! Kann sie denn nicht verzeihn? Ich weiß es nicht! Sie hatte keinen Anlaß, es zu zeigen, Sie wurde nie gekränkt! Ich hörte Hörner, Gibts heute Jagd? Hast du sie wohl bestellt? Ich! – Nein! Ab. 16. Szene Sechszehnte Szene O hätte ichs ihm doch gesagt! Du teurer Mann, du hast kein Weib gekannt, Jetzt seh ichs wohl! Sonst hättst du nimmermehr Dem zitternden Geschöpf, das sich aus Furcht Verrät, ein solch Geheimnis anvertraut! Noch höre ich den Scherz, mit welchem dus Mir in die Ohren flüstertest, als ich Den Drachen pries! Ich ließ dich schwören, Es keinem Menschen weiter zu entdecken, Und jetzt – Ihr Vögel, die ihr mich umkreist, Ihr weißen Tauben, die ihr mich begleitet, Erbarmt euch meiner, warnt ihn, eilt ihm nach! Ab. 5. Akt 1. Szene Erste Szene Hagen, Gunther, Volker, Dankwart und Knechte treten auf. Dies ist der Ort. Den Brunnen hört ihr rauschen, Die Büsche decken ihn. Und steh ich hier, So spieß ich jeden, der sich bückt und trinkt, An das Gemäuer. Noch befahl ichs nicht. Du wirst es tun, wenn du dich recht bedenkst, Es gibt kein andres Mittel, und es kommt Kein zweiter Tag, wie dieser. Darum sprich, Und wenn du lieber willst, so schweig! Zu den Knechten. Holla! Hier ist die Rast! Die Knechte ordnen ein Mahl. Du warst ihm immer gram. Nicht leugnen will ichs, daß ich meinen Arm Mit Freuden leihe und mit einem jeden Erst kämpfen würde, der sich zwischen mich Und ihn zu drängen suchte, doch ich halte Die Tat darum nicht minder für gerecht. Und dennoch rieten meine Brüder ab Und wandten uns den Rücken. Hatten sie Zugleich den Mut, zu warnen und zu hindern? Sie fühlens wohl, daß wir im Rechte sind, Und schaudern nur, wie's ihrer Jugend ziemt, Vor Blut, das nicht im offnen Kampfe fließt. Das ists! Er hat den Tod ja abgekauft Und so den Mord geadelt. Zu den Knechten. Stoßt ins Horn, Daß man sich sammelt, denn wir müssen ja Erst essen. Es wird geblasen. Nimm die Dinge, wie sie stehn, Und laß mich machen. Fühlst du selbst dich nicht Gekränkt und willst vergeben, was geschehn, So tus, nur wehre deinem Diener nicht, Dein Heldenweib zu rächen und zu retten! Sie wird den Eid nicht brechen, den sie schwur, Wenn ihre stille Zuversicht auf uns Sie täuscht, daß wir ihn lösen werden, Und alle Lust des Lebens, die sich wieder In ihren jungen Adern regen mag, Sobald die Todesstunde sie umschattet, Wird sich nur noch in einem Fluch entladen, In einem letzten Fluche über dich! Es ist noch Zeit! 2. Szene Zweite Szene Siegfried tritt auf mit Rumolt und mit Knechten. Da bin ich! Nun, ihr Jäger, Wo sind die Taten? Meine würden mir Auf einem Wagen folgen, doch er ist Zerbrochen! Nur den Löwen jag ich heut, Allein, ich traf ihn nicht. Das glaub ich wohl, Ich hab ihn selbst erlegt! – Da wird gedeckt: Ein Tusch für den, der das geordnet hat, Jetzt spürt man, daß mans braucht. Verfluchte Raben, Auch hier? Laßt blasen, daß die Hörner springen! Mit jeglichem Getiere warf ich schon Nach diesem Schwarm, zuletzt mit einem Fuchs, Allein sie weichen nicht, und dennoch ist Mir nichts im frischen Grün so widerwärtig, Als solch ein Schwarz, das an den Teufel mahnt. Daß sich die Tauben nie so um mich sammeln! Hier bleiben wir wohl auch die Nacht? Wir dachten – Ei wohl, der Platz ist gut gewählt. Dort klafft Ein hohler Baum! Den nehm ich gleich für mich! Denn so bin ichs von Jugend auf gewohnt, Und Beßres kenn ich nicht, als eine Nacht, Den Kopf ins mürbe Glimmholz eingewühlt, So zwischen Schlaf und Wachen zu verdämmern Und an den Vögeln, wie sie ganz allmählig, Der eine nach dem andern, munter werden, Die Stunden abzuzählen. Tick, Tick, Tick! Nun ist es zwei. Tuck, Tuck! Man muß sich recken. Kiwitt, Kiwitt! Die Sonne blinzelt schon, Gleich öffnet sie die Augen. Kikriki! Springt auf, wenn ihr nicht niesen wollt. Ja wohl! Es ist, als ob die Zeit sie selber weckte, Indem sie sich im Dunkeln weiter fühlt, Um ihr den Takt zu ihrem Gang zu schlagen. Denn in gemeßnen Pausen, wie der Sand Dem Glas entrinnt, und wie der lange Schatten Des Sonnenweisers fortkriecht, folgen sich Der Auerhahn, die Amsel und die Drossel, Und keiner stört den andern, wie bei Tage, Und lockt ihn einzufallen, eh er darf. Ich hab es oft bemerkt. Nicht wahr? – Du bist Nicht fröhlich, Schwächer. Doch, ich bins! O nein! Ich sah schon Leute auf die Hochzeit gehn Und hinter Särgen schreiten, und ich kann Die Mienen unterscheiden. Machts, wie ich, Und tut, als hätten wir uns nie gekannt, Und uns zum ersten Mal, der eine so, Der andre so versehn, im Wald getroffen. Da schüttet man zusammen, was man hat, Und teilt mit Freuden mit, um zu empfangen. Wohlan, ich bringe Fleisch von allen Sorten, So gebt mir denn für einen Auerstier, Fünf Eber, dreißig oder vierzig Hirsche Und so viel Hühner, als ihr sammeln mögt, Des Löwen und der Bären nicht zu denken, Nur einen einzgen Becher kühlen Weins. O weh! Was gibts? Das Trinken ist vergessen. Ich glaubs. Das kann dem Jäger wohl begegnen, Der statt der Zunge eine Feuerkohle Im Munde trägt, wenns Feierabend ist. Ich soll nur selber suchen, wie ein Hund, Obwohl mir seine Nase leider mangelt, Es sei darum, ich störe keinen Spaß. Er sucht. Hier nicht! Auch dort nicht! Nun, wo steckt das Faß? Ich bitt dich, Spielmann, rette mich, sonst werd ich Euch aus dem lautesten der stillste Mann. Das könnte kommen, denn – Es fehlt am Wein. Zum Teufel eure Jagden, wenn ich nicht Als Jäger auch gehalten werden soll! Wer hatte denn für das Getränk zu sorgen, Ich! – Doch ich wußte nicht, wohin es ging, Und schickt es in den Spessart, wos vermutlich An Kehlen mangelt. Danke dir, wer mag! Gibts hier denn auch kein Wasser? Soll man sich Am Tau des Abends letzen und die Tropfen Der Blätter lecken? Halt nur erst den Mund, So wird das Ohr dich trösten! horcht. Ja, es rauscht! Willkommen, Strahl! Ich liebe dich zwar mehr, Wenn du, anstatt so kurz vom Stein heraus Zu quellen und mir in den Mund zu springen, Den krausen Umweg durch die Rebe nimmst, Denn du bringst vieles mit von deiner Reise, Was uns den Kopf mit muntrer Torheit füllt, Doch sei auch so gepriesen. Er geht auf den Brunnen zu. Aber nein, Erst will ich büßen, und ihr sollts bezeugen, Daß ichs getan. Ich bin der Durstigste Von allen, und ich will als letzter trinken, Weil ich ein wenig hart mit Kriemhild war. So fang ich an. Er geht zum Brunnen. zu Gunther. Erheitre dein Gesicht, Ich hab ein Mittel, Brunhild zu versöhnen, Du hast es nicht mehr weit zum ersten Kuß, Und ich will mich enthalten, wie du selbst. kommt wieder und entwaffnet sich. Man muß sich bücken, und das geht nicht so. Wieder ab. Kriemhild will sie vor allem deinem Volk, Bevor wir ziehen, um Verzeihung bitten, Das hat sie frei gelobt, nur will sie gleich Mit dem Erröten fort. kommt wieder. So kalt, wie Eis. Wer folgt? Wir essen erst. Wohlan! Er geht auf den Brunnen zu, kehrt aber wieder um. Ja so! Er entwaffnet sich und geht. auf die Waffen deutend. Hinweg damit. trägt die Waffen fort. der seine Waffen wieder aufgenommen und Gunther fortwährend den Rücken zugewendet hat, nimmt einen Anlauf und wirft seinen Speer. schreit auf. Ihr Freunde! ruft. Noch nicht still? Zu den andern. Kein Wort mit ihm, was er auch sagen mag! kriecht herein. Mord! Mord! – Ihr selbst? Beim Trinken! Gunther, Gunther, Verdient ich das um dich? Ich stand dir bei In Not und Tod. Haut Zweige von den Bäumen, Wir brauchen eine Bahre. Aber starke, Ein toter Mann ist schwer. Rasch! Ich bin hin, Doch noch nicht ganz! Er springt auf. Wo ist mein Schwert geblieben? Sie trugens fort. Bei deiner Mannheit, Hagen, Dem toten Mann ein Schwert! Ich fordre dich Noch jetzt zum Kampf heraus! Der hat den Feind Im Mund und sucht ihn noch. Ich tropfe weg, Wie eine Kerze, die ins Laufen kam, Und dieser Mörder weigert mir die Waffe, Die ihn ein wenig wieder adeln könnte. Pfui, pfui, wie feig! Er fürchtet meinen Daumen, Denn ich bin nur mein Daumen noch. Er strauchelt über seinen Schild. Mein Schild! Mein treuer Schild, ich werf den Hund mit dir! Er bückt sich nach dem Schilde, kann ihn aber nicht mehr heben und richtet sich taumelnd wieder auf. Wie angenagelt! Auch für diese Rache Ists schon zu spät! Ha! wenn der Schwätzer doch Die lose Zunge, die noch immer plappert, Zermalmte mit den Zähnen, zwischen denen Sie ungestraft so lange sündigte! Da wär er gleich gerächt, denn die allein Hat ihn so weit gebracht. Du lügst! Das tat Dein Neid! Schweig! Schweig! Du drohst dem toten Mann? Traf ichs so gut, daß ich dir wieder lebe? Zieh doch, ich falle jetzt von selbst, du kannst Mich gleich bespein, wie einen Haufen Staub, Da lieg ich schon – Er stürzt zu Boden. Den Siegfried seid ihr los! Doch wißt, ihr habt in ihm euch selbst erschlagen, Wer wird euch weiter traun! Man wird euch hetzen, Wie ich den Dänen wollte – Dieser Tropf Glaubt noch an unsre List! So ists nicht wahr? Entsetzlich! Furchtbar! Kann der Mensch so lügen! – Nun wohl! Da seid ihrs ganz allein! Man wird Euch immer mit verfluchen, wenn man flucht, Und sprechen: Kröten, Vipern und Burgunden! Nein, ihr voran: Burgunden, Vipern, Kröten, Denn alles ist für euch dahin, die Ehre, Der Ruhm, der Adel, alles hin, wie ich! Dem Frevel ist kein Maß, noch Ziel gesetzt, Es kann der Arm sogar das Herz durchbohren, Doch sicher ist es seine letzte Tat! Mein Weib! Mein armes, ahnungsvolles Weib, Wie wirst dus tragen! Wenn der König Gunther Noch irgend Lieb und Treu zu üben denkt, So üb er sie an dir! – Doch besser gehst du Zu meinem Vater! – Hörst du mich, Kriemhild? Er stirbt. Jetzt schweigt er. Aber jetzt ists kein Verdienst! Was sagen wir? Das Dümmste! Sprecht von Schächern, Die ihn im Tann erschlugen. Keiner wirds Zwar glauben, doch es wird auch keiner, denk ich, Uns Lügner nennen! Wir stehn wieder da, Wo niemand Rechenschaft von uns verlangt, Und sind, wie Feuer und Wasser. Wenn der Rhein Auf Lügen sinnt, warum er ausgetreten, Ein Brand, warum er ausgebrochen ist, Dann wollen wir uns quälen. Du, mein König, Hast nichts befohlen, des erinnre dich, Ich hafte ganz allein. Nun fort mit ihm! Alle ab mit der Leiche. 3. Szene Dritte Szene Kriemhilds Gemach. Tiefe Nacht. Es ist noch viel zu früh, mich hat mein Blut Geweckt und nicht der Hahn, den ich so deutlich Zu hören glaubte. Sie tritt zum Fenster und öffnet einen Laden. Noch erlosch kein Stern, Zur Messe ists gewiß noch eine Stunde! Heut sehn ich mich nach dem Gebet im Dom. 4. Szene Vierte Szene Ute tritt leise ein. Schon auf, Kriemhild? Das wundert mich von dir, Du pflegst ja erst des Morgens einzuschlafen Und auf dein Mutterrecht, von deiner Tochter Geweckt zu werden, wie sie einst von dir, Dich zu verlassen. Heute konnt ich nicht, Es war zu laut. Hast du das auch bemerkt? Ja, wie von Männern, wenn sie stille sind. So irrt ich nicht. Das hält den Odem an, Doch dafür fällt das Schwert! Das geht auf Zehen Und stößt den Ofen um! Das schweigt den Hund Und tritt ihn auf den Fuß! Sie sind vielleicht Zurück. Die Jäger? Einmal kams mir vor, Als ob man bis an meine Tür sich schliche, Da dacht ich, Siegfried seis. Und gabst du ihm Ein Zeichen, daß du wachtest? Nein. So kann Ers auch gewesen sein! Nur wäre das Doch fast zu schnell. So wills mich auch bedünken! Auch hat er nicht geklopft. Sie zogen ja, So viel ich weiß, nicht für die Küche aus, Sie wollen unsern Meiern Ruhe schaffen, Die ihre Pflüge zu verbrennen drohn, Weil stets der Eber erntet, wo sie sä'n! So? Kind, du bist schon völlig angekleidet Und hast nicht eine Magd um dich? Ich will Die kennen lernen, die die Frühste ist, Auch hat es mich zerstreut. Ich hab sie alle Der Reihe nach beleuchtet mit der Kerze. Ein jedes Jahr schläft anders! Funfzehn, sechszehn Noch ganz, wie fünf und sechs. Mit siebzehn komme Die Träume und mit achtzehn die Gedanken, Mit neunzehn schon die Wünsche – 5. Szene Fünfte Szene vor der Tür schreit. Heilger Gott! Was ists? Was gibts? tritt ein. Ich wäre fast gefallen. Und darum dies Geschrei? Ein toter Mann! Wie? Was? Ein toter Mann liegt vor der Tür. Ein toter Mann? fällt um. So ists auch mein Gemahl! sie auffangend. Unmöglich! Zum Kämmerer. Leuchte! tut es und nickt dann. Siegfried? – Mord und Tod! Auf, auf, was schläft! Zu Hülfe! Die Mägde stürzen herein. Ärmstes Weib! sich erhebend. Das riet Brunhild, und Hagen hats getan! – Ein Licht! Mein Kind! Er – ergreift eine Kerze. Ists! Ich weiß, ich weiß! Nur, daß man ihn nicht tritt. Du hörtest ja, Die Kämmrer stolpern über ihn. Die Kämmrer! Sonst wichen alle Kön'ge aus. So gib. Ich setz es selber hin. Sie stößt die Tür auf und fällt zu Boden. O Mutter, Mutter, Warum gebarst du mich! – Du teures Haupt, Ich küsse dich und such nicht erst den Mund, Jetzt ist er überall. Du kannst nicht wehren, Sonst tätest dus vielleicht, denn diese Lippen – – Es tut zu weh. Sie stirbt. Ich könnt ihr wünschen, Es wäre so! 6. Szene Sechste Szene Gunther kommt mit Dankwart, Rumolt, Giselher und Gerenot. Gunther entgegen. Mein Sohn, was ist geschehn? Ich mögte selber weinen. Doch wie habt Ihrs schon erfahren? Durch den heilgen Mund Des Priesters sollte euch die Kunde werden, Ich trugs ihm in der Nacht noch auf. mit einer Handbewegung. Du siehst, Der arme Tote meldete sich selbst! heimlich zu Dankwart. Wie ging das zu? Mein Bruder trug ihn her! O pfui! Er war davon nicht abzubringen, Und als er wiederkehrte, lacht' er auf: Dies ist mein Dank für seinen Abschiedsgruß. 7. Szene Siebente Szene tritt ein. ihm entgegen. Zu spät! Und solch ein Mann im Tann erschlagen! Der Zufall hat des Schächers Speer gelenkt, Daß er die Stelle traf. So können Riesen Durch Kinder fallen. fortwährend mit den Mägden um Kriemhild beschäftigt. Steh nun auf, Kriemhild! Noch eine Trennung? Nein! Ich faß ihn so, Daß ihr mich mit begraben, oder mir Ihn lassen müßt. Ich hab den Lebenden Nur halb umarmt, das lern ich jetzt am Toten. O wär es umgekehrt! Ich küßt ihn noch Nicht einmal auf die Augen! Alles neu! Wir glaubten, Zeit zu haben. Komm, mein Kind! Er kann doch nicht im Staub so liegen bleiben. O, das ist wahr! Was reich und köstlich ist, Muß heute wohlfeil werden. Sie steht auf. Hier die Schlüssel! Sie wirft Schlüssel von sich. Es gibt ja keinen Festtag mehr! Die Seide, Die goldnen Prachtgewänder und das Linnen, Bringt alles her! Vergeßt die Blumen nicht, Er liebte sie! Reißt alle, alle ab, Sogar die Knospen derer, die erst kommen, Wem blühten sie wohl noch! Das tut hinein In seinen Sarg, mein Brautkleid ganz zu oben, Und legt ihn sanft darauf, dann mach ich so Sie breitet die Arme aus. Und deck ihn mit mir selber zu! zu den Seinigen. Ein Eid! Ihr tut kein Mensch mehr weh. wendet sich. Die Mörder da? Hinweg! Damit er nicht aufs neue blute! Nein! Nein! Heran! Sie faßt Dankwart. Damit er für sich zeuge! Sie wischt sich die Hand am Kleide ab. O pfui, nun darf ich ihn mit meiner Rechten Nicht mehr berühren! Kommt das arme Blut? Mutter, sieh hin! Ich kann nicht! Nein? So sinds Nur noch die Hehler, und der Täter fehlt. Ist Hagen Tronje hier, so tret er vor, Ich sprech ihn frei und reiche ihm die Hand. Mein Kind – Geh nur hinüber zu Brunhild, Sie ißt und trinkt und lacht. Es waren Schächer – Ich kenne sie. Sie faßt Giselher und Gerenot bei der Hand. Du warst nicht mit dabei! – Du auch nicht! Hör doch nur! Wir hatten uns Im Wald verteilt, es war sein eigner Wunsch, Auch ist es Brauch, und fanden ihn im Sterben, Als wir zusammentrafen. Fandet ihr? Was sprach er da? Ein Wort! Sein letztes Wort! Ich will dir glauben, wenn dus sagen kannst, Und wenns kein Fluch ist. Aber hüte dich, Denn leichter wächst dir aus dem Mund die Rose, Als dus ersinnst, wenn du es nicht gehört. Da Rumolt stockt. Du logst! Doch kanns so sein! Die Elstern ließen Schon Messer fallen, welche töteten, Was Menschenhänden unerreichlich war, Und was ein solcher Dieb der Lüfte trifft, Weil ihm sein blanker Raub zu schwer geworden, Das trifft wohl auch der Schächer. Frommer Vater, Du weißt nicht! Fürstin, heilig ist dein Schmerz, Doch blind zugleich und ungerecht. Dir zeugen Die ehrenwertsten Recken – Inzwischen ist die Tür zugemacht worden und die Leiche nicht mehr sichtbar. als sie dies bemerkt. Halt? Wer wagts – Eilt zur Türe. Bleib! Bleib! Er wird nur leise aufgehoben, Wie du es selber wünschtest – Her zu mir! Sonst wird er mir gestohlen und begraben, Wo ich ihn nimmer finde. In den Dom! Ich folge nach, denn jetzt gehört er Gott. Ab. 8. Szene Achte Szene Wohl! In den Dom! Zu Gunther. Es waren also Schächer? So stell dich dort mit allen deinen Sippen Zur Toten-Probe ein. Es mag geschehn. Mit allen, sag ich. Aber alle sind Hier nicht versammelt. Ruft auch den, der fehlt! Alle ab, aber Männer und Frauen aus verschiedenen Türen. 9. Szene Neunte Szene Dom. Fackeln. Der Kaplan mit anderen Priestern seitwärts vor einer eisernen Tür. Im Portal sammeln sich Hagens Sippen bis zu sechzig. Zuletzt Hagen, Gunther und die übrigen. Es klopft. Wer klopft? Ein König aus den Niederlanden, Mit so viel Kronen, als er Finger hat. Den kenn ich nicht. Es klopft wieder. Wer klopft? Ein Held der Erde, Mit so viel Trophäen, als er Zähne hat. Den kenn ich nicht. Es klopf wieder. Wer klopft? Dein Bruder Siegfried, Mit so viel Sünden, als er Haare hat. Tut auf! Die Türe wird geöffnet und Siegfrieds Leichnam auf der Bahre hereingetragen. Ihm folgen Kriemhild und Ute mit den Mägden. gegen den Sarg. Du bist willkommen, toter Bruder, Du suchst den Frieden hier! Zu den Frauen, die er vom Sarge abschneidet, indem er, während dieser niedergesetzt wird, zwischen sie und ihn tritt. Auch ihr willkommen, Wenn ihr den Frieden sucht, wie er ihn sucht. Er hält Kriemhild das Kreuz vor. Du kehrst dich ab von diesem heilgen Zeichen? Ich suche hier die Wahrheit und das Recht. Du suchst die Rache, doch die Rache hat Der Herr sich vorbehalten, er allein Schaut ins Verborgne, er allein vergilt! Ich bin ein armes, halb zertretnes Weib, Und kann mit meinen Locken keinen Recken Erdrosseln: welche Rache bliebe mir? Was brauchst du denn nach deinem Feind zu forschen Wenn du an ihm nicht Rache nehmen willst, Ists nicht genug, daß ihm sein Richter kennt? Ich mögte dem Unschuldigen nicht fluchen. So fluche keinem, und du tust es nicht! – Du armes Menschenkind, aus Staub und Asche Geschaffen und vom nächsten Wind zerblasen, Wohl trägst du schwer und magst zum Himmel schrein, Doch schau auf den, der noch viel schwerer trug! In Knechts-Gestalt zu uns herabgestiegen, Hat er die Schuld der Welt auf sich genommen Und büßend alle Schmerzen durchempfunden, Die von dem ersten bis zum letzten Tage Die abgefallne Kreatur verfolgen, Auch deinen Schmerz, und tiefer, als du selbst! Die Kraft des Himmels saß auf seinen Lippen, Und alle Engel schwebten um ihn her, Fr aber war gehorsam bis zum Tode, Er war gehorsam bis zum Tod am Kreuz. Dies Opfer bracht er dir in seiner Liebe, In seinem unergründlichen Erbarmen, Willst du ihm jetzt das deinige verweigern? Sprich rasch: Begrabt den Leib! und kehre um! Du hast dein Werk getan, nun ich das meine! Sie geht zum Sarg und stellt sich zu Häupten. Tritt jetzt heran, wie ich, und zeuge mir! geht gleichfalls zum Sarg und stellt sich zu Füßen. Drei Posaunenstöße. zu Gunther. Was ist geschehn? Es ward ein Mann erschlagen. Und warum steh ich hier? Dich trifft Verdacht. Den werden meine Sippen von mir nehmen, Ich frage sie. – Seid ihr bereit, zu schwören, Daß ich kein Meuchler und kein Mörder bin? Wir sind bereit. Mein Giselher, du schweigst? Bist du bereit für deinen Ohm zu schwören, Daß er kein Meuchler und kein Mörder ist? die Hand erhebend. Ich bin bereit. Den Eid erlaß ich euch. Er tritt in den Dom, zu Kriemhild. Du siehst, ich bin gereinigt, wann ich will, Und brauche mich am Sarg nicht mehr zu stellen, Allein ich tus, und will der erste sein! Er schreitet langsam hinauf zum Sarg. Schau weg, Kriemhild. Laß, laß! Er lebt wohl noch! Mein Siegfried! O, nur Kraft für einen Laut, Für einen Blick! Unglückliche! Das ist Nur die Natur, die sich noch einmal regt. Furchtbar genug! Es ist der Finger Gottes, Der still in diesen heilgen Brunnen taucht, Weil er ein Kainszeichen schreiben muß. neigt sich über den Sarg. Das rote Blut! Ich hätt es nie geglaubt! Nun seh ich es mit meinen eignen Augen. Und fällst nicht um? Sie springt auf ihn zu. Jetzt fort mit dir, du Teufel. Wer weiß, ob ihn nicht jeder Tropfen schmerzt, Den deine Mörder-Nähe ihm entzapft! Schau her, Kriemhild. So siedets noch im Toten, Was willst du fordern vom Lebendigen? Hinweg! Ich packte dich mit meinen Händen, Wenn ich nur einen hätte, der sie mir, Zur Reinigung, dann vom Leib herunter hiebe, Denn Waschen wäre nicht genug, und könnt es In deinem Blut geschehn. Hinweg! Hinweg! So standest du nicht da, als du ihn schlugst, Die wölfschen Augen fest auf ihn geheftet, Und durch dein Teufelslächeln den Gedanken Voraus verkündigend! Von hinten schlichst Du dich heran und miedest seinen Blick, Wie wilde Tiere den des Menschen meiden, Und spähtest nach dem Fleck, den ich – Du Hund, Was schwurst du mir? Ihn gegen Feuer und Wasser Zu schirmen. Nicht auch gegen Feinde? Ja. Das hätt ich auch gehalten. Um ihn selbst Zu schlachten, nicht? Zu strafen! Unerhört! Ward je, solange Himmel und Erde stehn, Durch Mord gestraft? Den Recken hätte ich Gefordert, und mir ists wohl zuzutraun, Allein er war vom Drachen nicht zu trennen, Und Drachen schlägt man tot. Warum begab sich Der stolze Held auch in des Lindwurms Hut! Des Lindwurms Hut! Er mußt ihn erst erschlagen, Und in dem Lindwurm schlug er alle Welt! Den Wald mit allen seinen Ungeheuern Und jeden Recken, der den grimmgen Drachen Aus Furcht am Leben ließ, dich selber mit! Du nagst umsonst an ihm! Es war der Neid, Dem deine Bosheit grause Waffen lieh! Man wird von ihm und seinem Adel sprechen, Solange Menschen auf der Erde leben, Und ganz so lange auch von deiner Schmach. Es sei darum! Er nimmt dem Leichnam den Balmung von der Seite. Nun hörts gewiß nicht auf! Er umgürtet sich mit dem Schwert und geht langsam zu den Seinigen zurück. Zum Mord den Raub! Gegen Gunther. Ich bitte um Gericht. Gedenke dessen, der am Kreuz vergab. Gericht! Gericht! Und wenns der König weigert, So ist er selbst mit diesem Blut bedeckt. Halt ein! Du wirst dein ganzes Haus verderben – Es mag geschehn! Denn hier ists überzahlt! Sie wendet sich gegen den Leichnam und stürzt an der Bahre nieder.