Bubensonntag Wenn ich einst, ein kleiner Bube, Sonntags früh' im Bette lag, Und die helle Kirchenglocke All das Schweigen unterbrach: O, wie schlüpft' ich dann so hurtig Aus dem Bett in's Kleid hinein, Und wie gern ließ ich das Frühstück, Um zuerst bei Gott zu sein! Ein Gesangbuch unter'm Arme, Eh' ich's Lesen noch verstand, Ging ich fort, gebeugten Hauptes, Fromm verschränkend Hand in Hand. Kam mein Hündchen froh gesprungen, Schalt ich: komm mir nicht zu nah'! Kaum, daß ich, zur Seite schielend, Nach der Vogelfalle sah. Fiel die Kirchenthür nun knarrend Hinter meinem Rücken zu, Sprach ich furchtsam-zuversichtlich: Jetzt allein sind Gott und du! Längst mit ganzem, vollem Herzen Hing ich ja an meinem Gott, Doch, daß Niemand ihn erblicke, Hielt ich stets für eitel Spott. Und so hofft' ich jeden Morgen, Endlich einmal ihn zu seh'n; War's denn Nichts in meinen Jahren, Stets um Fünfe aufzusteh'n? Auf dem hohen Thurm die Glocke War schon lange wieder stumm, Der Altar warf düstre Schatten, Gräber lagen rings herum. Drang ein Schall zu mir herüber, Dacht' ich: jetzt wirst du ihn schau'n! Aber meine Augen schlossen Sich zugleich vor Angst und Grau'n. Und dies Zittern, dies Erbangen, Und mein kalter Todesschweiß – Daß der Herr vorbei gewandelt, Galt mir Alles für Beweis. Still und träumend dann zu Hause Schlich ich mich in süßer Qual, Und mein klopfend Herz gelobte Sich mehr Muth für's nächste Mal.