2 Rings um Bethlehem erklang die Sichel, denn es war die Zeit der Gerstenernte, da Naemi und die Moabitin wiederkehrten in das Land der Juden. Bittre Noth bedrängte beide Frauen, und Naemi weinte laut und klagte: Voll und reich bin ich hinausgezogen ehmals in die Fremde – leer und ledig hat der Herr mich wieder heimgeleitet! Da sprach Ruth, die Moabitin, tröstend: Lass aufs Feld mich gehn, geliebte Mutter, lass aufs Feld mich gehn und Ähren lesen, wo ich Gnade finde bei den Schnittern, dass ich lindre deine Noth und meine. Und es war ein Mann mit Namen Boas, angesehn im Volk und wohlbegütert; viele Knaben, viele Mägde schnitten auf den reichen Feldern seine Garben, und auf seinem Acker las die Ähren Ruth und beugte sich nach jedem Halme. Doch aus Betlehem, der Stadt, am Abend kam hinaus auf seine Felder Boas. Und er sprach: Wes ist die fremde Dirne, die da hingeht hinter meinen Knechten? Und der Knabe, der die Schnitter führte, winkte sie herbei und sprach: Die Dirne hat Naemi aus dem Land der Heiden mitgebracht: sie sammelt auf dem Felde Ähren, die verloren liegen bleiben, und sie müht sich seit dem frühen Morgen. Auf die Kniee sank die Moabitin. Boas wandte seine milden Augen auf des jungen Weibes tiefe Demuth und erbarmte sich und sprach voll Güte: Gehe nicht von hinnen, meine Tochter, gehe nicht auf einen andern Acker! Siehe, wo sie schneiden auf dem Felde, gehe ihnen nach, und wenn dich dürstet, gehe hin, wo meine Knaben schöpfen: niemand soll dich kränken, wo ich Herr bin. Keine Fremde bist du mir: ich hörte, was du Gutes thatest an der Mutter deines Mannes, die du treu begleitet in ein Land, das du zuvor nicht kanntest. Möge dir der Herr die That gedenken! Von dem Gotte Israels, zu dem du fremd gewandert, dass du Zuflucht fändest unter seinen Flügeln – möge Segen, reicher Segen auf dich niedersinken! Und es sprach das Weib zu seinen Füssen: Lass mich fürder Gnade bei dir finden, Herr! Nun hast du deine Magd getröstet, denn du hast sie freundlich angesprochen.