[Ich lieb den stillen Pfad/ die Ruh der Einsamkeit] Es hatte aber Strephon/ indem er besagten Brief her vorgelanget/ unvermerkt ein ander Papier mit ausgeschleudert/ welches Floridan aufgehebt/ und ihme/nach beschehener Ablesung des Rosenliedes/ wieder zustellete/ jedoch mit dem bittlichen Zusatz/ er wolte den Innhalt dessen ihnen auch nicht unwissend seyn lassen/ wo ferne er eben dergleichen behandlete und sonsten nicht etwan in heelen Sachen begriffen wäre. Worein Strephon verwilligte/ mit Vermeldung/ daß er ohne daß eine so merkliche Abenteuer ihnen zu entdekken langst gewillt gewesen/ Es solten aber Montano und Klajus gute acht darauf haben/ als die solche zugleich mit/ wiewohl ohne ihr Wissen/ betreffen würde. Fuhre darauf also fort: Es ist nicht so gar lang daß ich/ meinen Heerden eine fette Weide ausspürende/von ungeschicht auf einen Abweg gerahten/ welchen ich/ weil er mir zuvor unbekandt und daher wegen Neuheit desto annehmlicher/ so lang verfolget/ bis ich vermittels seiner Irrsteige endlich an einen öden Ort kame/ welcher mir wegen seiner einsamen und stillen Gelegenheit so wohl gefiele/ daß ich Papier und den Bleygriffel (allhier ist zu merken/ daß diese Schäfere sich immer zu mit Papier und Wasserbley in ihren Hirtentaschen versehen/ damit ja ihnē bey Gelegenheit an Matery zum Schreibē nicht ermangeln möchte/) ergriefe/ und meine Gedanken von dem alda-wesenden alt-verfallenē Schloß/ anrieslenden Deich/ beystehenden Morast/ und denen mit Baumen verwachsenen Klippen ausbildete in hiesigem Gedichte: Die Einsamkeit Ich lieb dē stillē Pfad/ die Ruh der Einsamkeit/ Entfernet vō geplär versüsend meine Zeit. Hier hat kein Wagenrad den seltnen Weg belastet/ Der Fisch in diesem Deich hat angelfrey gemastet/ Es hat kein Wandersmann/ in seinem Durst entbrandt/ Erhaben aus der Qwell hier Wasser mit der Hand/ Kein leichtgefüstes Reh hat man hier mögen fällen/ Noch in dem dikken Busch nach schwartzē Wildpret stellē/ Es hegt in jenem Schloß der Igel seine Zucht/ Da nur die Fledermauß ihr hole Wohnung sucht. Das unverschlossne Haus zeigt der gewölbte Bogen/ Der Last hat seinen Grund vorlangsten überwogen/ Das Käutzlein unn der Dachs sind wohnhaft hier zu Land/ Es dekkt das Marderthier mit Jungen diesen Sand/ Im Keller findet man ein Bret von dritten Gaden/ Die Kröten samt der Maus in Otterleiche baden. Ein Nusbaum wächset dort nächst der verfallnen Tür/ Er stehet Wurtzelfäst/ und grünet hoch herfür/ Der düsterrauhe Wald ümzirkt den öden Rangen/ Den nie-gepflügten Ort/ die dikkbebäumten Hangen. Wie nennet man den Fluß/ der keinen Namen hat? Sein Abfall dienet mir jetzt an Begleiters stat. Ist dann der Schattenwald in diesen Deich gestürtzet? Sein grünbelaubter Thron ist Mahlerrecht gekürtzet. 1 Hör/ leichtes Felsen-Kind/ bin ich hier gantz allein? Der gelblich-grüne Frosch quakkt aus der Pfützen/ nein. Mich dünkt in dieser Gruft solt Echo Lieb erfrieren/ Die pfleget meine Pfeiff und mein Gesang zu zieren. Ich liebe diesen Ort/ der ferne von Geschrey Mich auf so ödem Weg fürt aller Sorgen frey. Es überschatten mich der Felsen küle Schatten/ Wo sich mit dem Gesang die Nachtigallen gatten. Von welcher Brunstbegierd erschallt der schöne Schall/ Hört/ wie im Thal erklingt der hold und helle Hall. Wie? redet auch der Stein? so will ich gleichfalls singen/ Daß meiner Flöten Spiel soll in der Luft erklingen: Einsamkeit lehret die lieblichsten Lieder/ Lieder die lauten in Felsen herwieder. Aber wir sollen die Wildnisse hassen Weil sie verursacht die Schäfer zu lassen. Liebet doch/ liebet die Anger und Augen/ Liebet die Hürden und Herden zu schauen. Flöte/ wir wollen die Wildnisse hassen/ Weil sie verursacht die Schäfer zu lassen. Fußnoten 1 Nach der Sehkunst ( ad opticam) wann im Wasser die Bäume herwiederschatten.