101. Wem immer durch den Morgenwind Dein Wohlduft nahe kam, Dem schien's, dass er vom lieben Freund Ein liebes Wort vernahm. Es ziemt sich nimmer für mein Herz, Das Dank erkennt als Pflicht, Zu hören was vom Busenfreund Unziemendes man spricht. Sieh, König, auf den Bettler doch Herab vom Schönheitsthron! Vom König, der den Bettler liebt, Hört' ich gar vieles schon. Nicht erst seit heute trink' ich Wein Bei frohem Harfenklang: Es hörte diesen lauten Ton Das Himmelsrad schon lang. Nicht erst seit heute zech' ich Wein Schlau unter'm Ordenskleid; Schon hörte hundertmal der Wirth Von der Begebenheit. Von dem Geheimniss Gottes schwieg Des weisen Wand'rers Mund: Wie ward's – darüber staune ich – Dem Weinverkäufer kund? Bin ich verbannt aus Seinem Gau, Wohlan, so mag es sein! Wer sog im Rosenhain der Zeit Den Duft der Treue ein? O Herr! Wo weilt ein trauter Freund, Auf dass ihm ungestört Das Herz vertraue was es sah, Und was es schon gehört? Komm, Schenke, denn der Liebe Ruf Tönt also überlaut: »Wer, was mir widerfuhr, erzählt, Dem hab' nur ich's vertraut.« Mit Moschuswein durchwürze ich Des Geist's Geruchsorgan: Denn aus des Mönches Zelle weht Der Falschheit Duft mich an. Ein Quell des Guten und des Recht's Ist eines Weisen Rath; Beglückt, wer mit geneigtem Ohr Ihn stets vernommen hat! Von mir und meinem Herzen sprach Allabendlich der Nord; Und schwätzten wir, vernahm der Ost Am Morgen jedes Wort. Gebete für Sein Wohlergeh'n, Hafis , sind deine Pflicht; Doch kümm're nimmer dich, ob Er Sie hörte oder nicht.