90. Du fassest, Freund – da liegt der Fehler – Nicht richtig auf das was man spricht, Hörst du verständ'ge Männer sprechen, So zeihe sie des Irrthums nicht. Mein Haupt, es beugt sich nicht, und gälte Es diese und die and're Welt; Gelobt sei Gott für all' die Listen, Die mein verschmitztes Haupt enthält! Wer schlich – ich kann es nicht begreifen – Sich in mein krankes Herz hinein? Denn, während ich mich stumm verhalte, Hör' ich es lärmen d'rin und schrei'n. Mein Herz trat aus des Vorhang's Hülle: Wo weilest du, o Sänger, nun? Auf, klage! denn nur diese Weise Bringt reine Stimmung in mein Thun. Noch hat's der Welt und ihrem Treiben Mich zu erfreuen nie geglückt: Dein Antlitz nur hat für mein Auge Mit solchen Reizen sie geschmückt. Ein Traumbild liess mich Nachts nicht schlafen Und schwebte stets mir vor dem Sinn; Berauscht bin ich von hundert Nächten: – Wo führt der Weg zur Schenke hin? Da mit dem Blute meines Herzens Besudelt ward der Zelle Wand, So ist – wollt Ihr mit Wein mich waschen – Das volle Recht in Eurer Hand. Man hält mich in dem Maghen-Kloster Schon aus dem Grunde lieb und werth, Weil eine Gluth, die nie verlöschet, Beständig mir am Herzen zehrt. Auf welchem Instrumente spielte Vergang'ne Nacht der Sänger wohl? Schon schwand mein Leben, und noch immer Ist mein Gehirn von Klängen voll. Man rief den Aufruf deiner Liebe Vergang'ne Nacht mir in das Herz: Mein Busenfeld erfüllt noch immer Der Wiederhall im Sehnsuchtsschmerz. Seit jener Zeit, als zu Hafisen Des Freundes holde Stimme drang. Ist seines Herzens Berg in Sehnsucht Noch immer voll vom süssen Klang.