[Verhängnüsz, rase fort, verlängre Zorn und Wüten] Auf Mons. Exners Begräbnüsz. 1718. den 24. Mart. Verhängnüsz, rase fort, verlängre Zorn und Wüten, Zerreib den Dornenwald mitsamt den bösen Blüthen Und schlag nur, wo du wilt, mit Brand und Schwefel ein; Denn schont dein Eifer nicht die Bäume guter Früchte Und macht dein heißer Grimm die Trauben so zu nichte, So darf kein wilder Stock noch Heerling übrig seyn. Verdreust es dich vielleicht, daß unsers Pindus Spizen Das Ansehn kluger Welt durch frische Cedern stüzen Und daß ihr junges Volck der Alten Thorheit schwächt? Wie, oder hat dich gar der Stagirit gedungen, Der, weil die Warheit hier sein Grillennest verdrungen, Sich etwan jezt durch dich an ihren Kindern rächt? Es graut uns oftermahls vor Bethlehems Gebürgen, Wo Furcht und Grausamkeit das Volck der Unschuld würgen, Allein wem graut nicht jezt vor unserm Helicon? Es hagelt um sein Haupt, es creuzen Bliz und Keile, Es splittern Stamm und Ast, es dampfen Gift und Fäule, Und wo man sieht und hört, da brennt, da fällt es schon. Beschau dir nur den Sarg, um den wir jezo klagen Und mit der Dämmerung ein gleiches Nachtkleid tragen, Er ist von unserm Weh und deiner Schande voll. Ach, brennt das Grüne so, wie wird das Dürre lodern? Verhängnüß, lästu denn den Purpur so vermodern, So sage, was hinfort ein Lump erwarthen soll. Dein ungerechter Stab, dein strenges Herrschaftszeichen Erlegt dies edle Haupt mit wiederholten Streichen Und schlägt und wirft mit ihm drey Ancker in den Grund: Der erst, auf welchen sich der Eltern Zuflucht stüzte, Der andre, so forthin der Weißheit Ruhm beschüzte, Der dritt, auf deßen Ruh des Nechsten Vortheil stund. Ach kurzgenoßner Freund, wie beugstu deine Lieben, Wie brünstig wird dein Fall das Mutterherz betrüben! Der Nagel deines Sargs durchfährt des Vaters Sinn; Ach, ruft er, treuer Sohn, wie hastu mich betrogen! Ich dacht, ich hätt an dir des Alters Trost erzogen, Ja, leider nur gedacht. O daß ich Vater bin! Ich baut auf deinen Fleiß die Freude dieser Erden, Mein Hauscreuz sollte mir durch dich erleichtert werden; Fiel Mangel und Verdruß in unsern Hütten ein, So macht ein Brief von dir mein Herzeleid gelinder, So weint ich freudenvoll und hies die andern Kinder Auf Gott und dich vertraun, du würdest Joseph seyn. So klagt der arme Mann; so klagt mit größern Rechte Das gute Musenchor, das zärtliche Geschlechte, In deßen Schooße sich dein muntrer Fleiß gewiegt; Sophia sah mit Lust den Eifer deiner Schlüße Und sprach: Vergönnt mir Gott, daß dieser wachsen müße, So weis ich, daß nunmehr die Warheit öfter siegt. Nun tritt Eusebie mit Jammer zu der Baare Und sieht dein todtes Bild und küst die welcken Haare Und läst die Thränen gehn und balsamirt dein Haupt Und spricht: Was hätt ich nicht vor Ehr und Lust empfangen, Wofern dies Kirchenlicht in Zion aufgegangen! O daß der Tod nicht mehr als blos den Wuntsch erlaubt! Wodurch eröfnen wir die Wehmuth feiger Sinnen, Wir, die wir durch Verlust ein müdes Herz gewinnen, Wir, die wir, kalter Freund, vor Angst und Liebe glühn, Wodurch bezeigen wir den Kummer der Gedancken? Mit Worten? Jeder fühlt, daß Lipp und Silbe wancken; Drum mag sich unser Leid in stumme Blätter ziehn. Du bist das erste Glied aus unserm Freundschaftsorden, Bey deßen Riße wir zu Trauerdichtern worden, Und unsre Poesie hat noch kein Lied geweint; Es läst, als hätten wir so lange sammlen müßen, Den desto häufiger mit Thränen zu begießen, Der heute solcher Fluth am meisten würdig scheint. Man senckt dich nun zur Ruh. Wir sind es kaum zufrieden Und gleichwohl müßen wir. So hat es der beschieden, Der allem, was geschicht, gemeßne Gränzen sezt. Die nun in unsrer Zunft durch dich geräumte Stelle Soll leer und heilig stehn, damit dein Lob erhelle, So oft ihr Anblick uns in Unterredung nezt.