Ode Als Lenchen noch mit treuem Herzen Allein an Damons Lippen hing Und durch kein frech und eitles Scherzen Bey andren Buhlern naschen gieng, Da hätt ich mit dem grösten Kayser Warhaftig keinen Tausch gethan, Da sah ich auch die reichsten Häuser Ohn Ärgernüß und Sehnsucht an. So lang als Damons rein Gewißen Mir freundlich unter Augen trat, So lange noch kein andres Küßen Dem armen Lenchen Eintrag that, So lange machte mein Gerüchte Bey zärtlicher Zufriedenheit Den Ruhm Penelopens zu nichte; Allein was ändert nicht die Zeit? Jezt tröst ich mich mit Leonoren In heiß- und angenehmer Pein, Mein Vers ergözt ihr Geist und Ohren Und bringt mir manche Nachtlust ein. Sie ist ein Kind von edlen Sitten, Und eh ich sie verlieren kan, Eh will ich selbst den Himmel bitten, Er fang an mir die Trennung an. Mich feßeln auch Selanders Blicke, Und ihn entzückt mein weicher Arm, Die Eintracht schenckt uns Ruh und Glücke Und macht uns unter Rosen warm. Ich weis, wie viel ich an ihm habe, Wir sind ein Herz und auch ein Sinn; Erlöst ich ihn dadurch vom Grabe, So fiel ich selber zehnmahl hin. Wie, wenn ich Leonoren haste? Wie, wenn ich dich, mein erstes Licht, Mit neuer Reu und Huld umfaste? Ach, alte Liebe rostet nicht. Wie, wenn es zur Versöhnung käme Und Lenchen vor Selanders Brust Den treuen Damon wieder nähme? Ein kurzer Krieg mehrt oft die Lust. So scharf ich gegen ihn entbrenne, So schön, galant und treu er ist, So gut ich deine Regung kenne Und weis, was vor ein Rohr du bist, So wenig kan ich mich bezwingen, Dem Damon länger gram zu seyn. Komm, las uns miteinander singen: Ich leb und sterbe dir allein.