An Leonoren Ach Kind, verschone mich in dir Und las mich unbetrübt von hier! Was quälstu dich mit so viel Thränen? Es sind die Kräfte meiner Brust. Ach, hastu denn bey so viel Sehnen Noch gar zu meiner Ohnmacht Lust? Ich bin wohl so genug geplagt, Verfolgt, verleumdet und verjagt, Und du wilst noch die Angst verstärcken? Was Günther fühlt, das weis sein Herz, Ich las es kaum die Hälfte mercken, Sonst macht ich dir noch schärfern Schmerz. Du bist ja meiner Treu gewis, Dies ist ein Band vor diesen Riß, An dem die Hofnung auch schon heilet. Ach, mildre doch nur den Verdruß, Dieweil die Zeit, so jezo theilet, Uns endlich wieder binden muß. Gesezt, du würdest ungetreu, Wovor doch Glück und Himmel sey, Ich könte dich unmöglich haßen; Mir wär es zwar die ärgste Pein. Hat sie dich, dächt ich, doch verlaßen, Will ich um desto treuer seyn. Ich weis, man tadelt mich darum; Der schilt mich weibisch, jener tumm. Die Großmuth adelt mein Gemüthe, Und daß ich zärtlich lieben kan, Das nehm ich von des Schöpfers Güte Wohl vor die gröste Wohlthat an. Sey arm, verlaßen und veracht, Verliere, was gefällig macht, Las Zahn und Farb und Jugend schwinden, Du bleibst in meinen Augen schön Und solt sie allemahl entzünden, So lange sie noch ofen stehn. Ein Augenblick der süßen Zeit, In welchem mich dein Scherz erfreut, Gilt mehr als alle Freudenfeste, Wo Dresden, jezt die halbe Welt, Das Herz der hohen Hochzeitgäste Mit tausend Wollust unterhält. Der Frühling ist nun nicht mehr weit; Spazier in grüner Einsamkeit In euren schönen Erlengängen Und denck in allem Ungemach, So sehr dich Neid und Freunde drängen, Den oft gegebnen Lehren nach. Dort soll der jungen Vögel Schreyn Die Botschaft meiner Sehnsucht seyn, Und scherzt der West mit Kleid und Wangen, So wiß und glaube sicherlich: Er meldet dir mein heiß Verlangen Und küst dich tausendmahl vor mich.