13. »Der Brüder Mangel gab mir zu viel Würden! Im Büchersaal hüt' ich Foliantenhürden, Als Gärtner muß ich Kohl und Blumen treiben Und als Chronist des Klosters Chronik schreiben! Quartanten dort gleich Leichensteinen prangen, Dran Spinnennetz' als Todtenhemden hangen; Ich wehr' es nicht, da dieser Grüfte Blüthen Die Welt ja längst mit Duft und Glanz durchglühten. Die Chronik schlag' ich auf; da find' ich wieder Die Rose, die ich drein einst legte nieder Als Zeichen, wo mein Vorfahr stehn geblieben. Ach! meine Hand hat noch kein Wort geschrieben! Ist's meine Schuld, daß längst die Wunder schweigen, Kein Fürst sich zum Besuch am Thor will zeigen, Kein Bannstrahl blitzt, und in dem Klosterleben Sich's nur begibt, daß gar nichts sich begeben? Mich aber dünkt's, als ob die Weltgeschichte Sich mählich ganz in meinen Garten flüchte; Wenn draußen thatenleer die Tage wandern, Blüht drin ein hold Ereigniß nach dem andern. Als sich des Winters Wüsten in den Sonnen Des Lenzes zu bevölkern kaum begonnen, Da ward die Tulpe auf des Thrones Stufen Erhöht und laut als Kön'gin ausgerufen. Die Rose zeigt dem Volk sich vom Altane, Da wird entthront die eitle Tulipane! Die Rose prangt mit Duft und Dorn und Blüthe: Es herrsche Schönheit, Kraft und Herzensgüte! Deß nicht zufrieden, sind zum Bund verschworen Violen, die rebellisch tricoloren; Die Köpfchen stecken flüsternd sie zusammen, Gen die Tyrannin Wettkampf zu entflammen. Sieh Goldorangen, Kronen in den Händen, Granaten, die das Aug' mit Purpur blenden, Gesandte Wälschlands, Kron' und Purpur bietend, Das Glashaus, das Hotel der Fremden, hütend! Sieh hier des Fruchtbaums goth'schen Domthurm ragen, Darin als Glocken hell die Vögel schlagen, Um seinen Fuß die farb'gen Blumen alle, Wie Gläub'ge Sonntags um des Münsters Halle. Dort hüllt in Traubenschmuck und Laubgewebe Den kahlen Pfahl, der sie gestützt, die Rebe, Des Armen Blöße deckend und im Bilde Mir schön entschleiernd christlich echte Milde. Ich weiß mit Blüthenranken, Baumspalieren Die Wand, die von der Welt uns trennt, zu zieren; Was sollt' ich ob der Scheidemauern klagen, Die mir so schöne Blüth' und Früchte tragen! So ist, o Herr, ein stilles, schönes Schweben Durch Blüthenglanz und Sonnenduft mein Leben! So mag mein Geist zu deines Frühlings Hallen Durch Blüthenglanz und Sonnenduft einst wallen! – Ha, Zeit ist's, meine Blumen zu begießen! Ach, unbeschrieben muß mein Buch ich schließen! Dich, Rose meines Gartens, leg' ich wieder Als Zeichen in der Chronik Blätter nieder. Da magst du Würze hauchen in die Spalten Des vollgeschriebnen Säkulums, des alten, Und in das leere weiße Blatt des neuen Dein Morgenroth und deine Düfte streuen.«