2. Ja, es ist ein Jahr gerade! Eben um die Winterzeit Schritt ich an Sorrents Gestade, Ganz von Blüthen überschneit. Blüthen vom Orangengarten, Wo man eben Ernte hält, Wo die weiten Körbe warten, Daß die süße Last sie schwellt. Jedes Auge grüßt dich sehnlich, Schöner Baum, der, zwiefach reich, Einer jungen Mutter ähnlich, Trägt im Blühen Frucht zugleich! Muntre Nachbarkinder schnellen Duft'ge Früchte aus dem Laub, Und gleich jungen Sonnenbällen Fliegt und stürzt der goldne Raub. Wenn nach dir solch wildes Benglein Neckend mit dem Goldball zielt, Dünkt's dich schier ein nacktes Englein, Das mit den Gestirnen spielt. Unterm dunkeln Schirm der Aeste Lagern, blumenhaft geschaart, Holde jungfräuliche Gäste, Wie Madonnen schön und zart. Sterngeformte Blüthen fallen Von dem Baum in leisem Tanz, Daß die Häupter zu umwallen Scheint ein lichter Sternenkranz. Oder wehn die ersten Blüthen In den nahen Myrtenreif? Mög' ein Gott ihn mild behüten! Schnell nur blüht, was schnell auch reif. Rosen sind bei Lorberbüschen Aufgeglüht so früh im Jahr, Ungeduldig, sich zu mischen In ein dunkles Lockenhaar. Alles blüht hier um die Wette Lustberauscht im Sonnenschein; Selbst am Meeresbord die Städte Blühn, ein Blüthenkranz von Stein. Ja, das Wölkchen weißen Rauches, Das am Feuerberg sich zeigt, Scheint nur Duft des Frühlingshauches, Der dem Flammenkelch entsteigt. Segel schaukeln sich gleich hellen Wasserlilien auf der See, Und die Fluth gießt im Zerschellen Aufs Gestad nur Blüthenschnee. Wie verwehte Blumen fliegen Silberwolken durch die Luft, Und die Welt scheint sich zu wiegen Ganz in Licht und Glanz und Duft! Doch mein Sehnen und mein Sinnen Ist gar fern im Heimatland, Drüber jetzt sein weißes Linnen Rauher Winter hält gespannt; Wo im Eis die Schlitten gleiten Und die Schelle lustig klingt, Und der Stahlschuh in die Weiten Sich auf ehrnem Fittig schwingt; Wo im Schnee das Haus der Lieben Hegt ein Stübchen traulich still, Wie ein Herz, das warm geblieben, Wenn es ringsum wintern will. – – Doch wo bin ich? Diese Flaume Sind kein Blüthenschnee von dort! Flocken vom Orangenbaume Schmelzen auf der Hand nicht fort. Schüttle von der müden Schwinge Eisgestöber, Blüthenschnee! Sehnsucht geht im ew'gen Ringe, Im Genuß auch lauscht ihr Weh.