Den Vogel an den Federn! Gegenüber der Hofburg steht Der Thurm der Kathedrale, Drauf des Landes Banner weht Prunkhaft im Sonnenstrahle. Sein Nest an der Stange flicht Ein Vogel dort alljährlich: Ward ihr des Baues Gewicht, Das Picken der Jungen gefährlich? Hat mitgeholfen der Wind, Die Zeit mit zermalmendem Zahne? Eines Tages pfeilgeschwind Vom Thurme stürzte die Fahne. Der Fürst sieht vom Balkon Des Banners Sinken und Fallen: »Verrath und Rebellion! Herbei zum Kampf, ihr Vasallen! Die Meuter erklommen den Thurm, Zu läuten des Aufstands Glocken! Sie stürzten mein Banner im Sturm!« So rief der Fürst erschrocken. Das ist durch Gang und Gemach Ein Rufen, Rennen und Schreien! Hofdamen flüchten aufs Dach, In den Keller die Lakaien. Es sprengen rechts und links Ordonnanzen und Staffeten, Und aus den Kasernen rings Hallt's von Trommeln und Trompeten. Den friedlichen Bürger verschlingt Des Marktes Drängen und Tosen, Der Staatsminister springt Verkehrt in die Galahosen. Von Bajonetten ein Strom Quillt blitzend hervor aus den Gassen, Es dröhnen Palast und Dom Vom Trabe der Reitermassen. Zur Stadt im Flügelschritt Zieht Landsturm aller Farben Und jammernde Bauern mit, Ob der zertretenen Garben. Kanonen rasseln heran, Die Lunte glimmt schlagfertig, Entrollt steht auf dem Plan Das Heer, des Kampfes gewärtig. In der Lüfte sonnigen Strom, In der Wolken stummen Reigen Ragt still und tief der Dom, Am Thurm die Glocken schweigen. Wer hat in dieß Volk hinein Gesä't des Unheils Samen? Ein winziges Vögelein! Wer nennt uns seinen Namen? Den Namen kennt man kaum, Er klingt fast wie Gewissen; Man macht aus des Vogels Flaum Allerhand Ruhekissen.