Das Kreuz des Erschlagenen 1. Wieder seh' ein Kreuz ich ragen, – Ach, ich sah schon ihrer viel! – Wo ein Wandersmann, erschlagen, Unterm Dolch des Meuchlers fiel! Nacktes Kreuz, er sah dich sprossen Noch als grünen schlanken Baum, Und von deinem Duft umflossen Schritt er hin im Frühlingstraum. Du allein sahst ihn verbluten, Einsam, fremd und unbekannt Und auf deinen Blüthen ruhten Seine Blick' im Tod gebannt. Und du selbst, gefällt, erschlagen, Hütest jetzt den Schreckensort; Als ein Denkmal mußt du ragen Für so grausen Doppelmord. Nur der Vogel, der im Wipfel Deines Laubs dich preisend sang, Auf des Kreuzes nacktem Gipfel Klagt dein Todtenlied er bang. Und ein Rosenstrauch, als solle Schmücken er dieß kahle Holz, Klimmt hinan und pflanzt die volle Ros' am Kreuzesgiebel stolz. Ein Orangenbaum, als wolle Bergen er dieß Kreuz der Schmach, Hüllt es in das goldfruchtvolle, Silberblüthenreiche Dach. Doch es denken fern die Lieben Noch des Manns, der sie verließ, Als es ihn nach Süd getrieben In dieß Blüthenparadies. Und den Längstverschollnen sehen Sie in blühender Gestalt Fern noch durch die Rosen gehen, Schlummernd ruhn im Lorberwald.