40. Lob der zu Zeiten angenehmen Einsamkeit 1. Ach Einsamkeit / mein einigs Leben / du vielbeliebte Sinnen-Ruh! wie spricht der Geist so lieblich zu! es kan sich ungescheut erheben zu ihme die verlangens-Krafft / und nehmen seinen edlen Safft! 2. O Herz-erlesne liebe Stille! man hört in dir des Himmels Wort; die Seuffzer gehen richtig fort; man siht des Höchsten Ziel und Wille / du ungetrübter klarer Bach / zeigst mir die reine Gottes-Sach. 3. Du bist der rechte Wunder-Schatten / wann Weißheit-Sonn' in uns eingeht. In dir der geistig Geist versteht die unerforschbarn Gottes-Thaten. In deinem Dunkel / komt herfür die Strahlenreiche Sternen-Zier! 4. Verhinderung der Hindernüssen / Ausschlüssung aller Widrigkeit! der Tugend einig-eigne Zeit / in der wir ihre Lust geniessen / da uns der Welt Gerümpel nicht die süss' Ergetzung unterbricht! 5. Du offnes Feld des süssen Wesen / der Erzgab von des höchsten Hand / der Freyheit / die ohn' alle Band in dir / weil du sie aufzulösen begunst durch deine Eygenschafft / die nit mit Forcht und Scheu behafft. 6. Ununterbrochnes munders schlaffen / du kurzes Bild der Ewigkeit / von allem Streit befreyt und weit! du Hönig-König / sonder Waffen / schwingst dich in Gottes Blumen hin / und bringest süssen Safft Gewinn. 7. Du allerschönste Perlen-Mutter / die Geistes-Thau in dir erzeugt / und Weißheit selber in dir säugt! in dir bleibt Tugend also guter; kein Boßheit-Salz kommt nicht in dich / du bleibst süß-lieblich ewiglich. 8. Der Erzgefangenen du giebest / der Heimlichkeit / den Freyheitstand / du lösest das Verschweigungs-Band: so äusserst du das Wolthun liebest. Kurz! edler lieber Ruhe-Schatz! in dir hat Herz und Freyheit Platz.