Der Frühlingsmorgen Dieser Tag ist gänzlich mein! Und der Himmel ist so blau, Und die Tröpfchen Morgenthau Blinken so im Sonnenschein', Und die Tauber laufen so Hinter ihre Täubchen her, Und die Spatze, närrisch froh, Tanzen in die Kreuz und Queer, Und die Hühner wälzen sich In dem warmen Sand' herum, Und die Hähne fliegen mich, Blind vor Freuden, um und um; Alle Schnäbel, grad' und krumm, Wetzen sich zu Streit und Kuß, Und der Truthahn, stolz und dumm, Steht da, ärgert, brüstet sich, Wie ein junger Kritikus, Und der Pfau, mit seinem Schweif', Tritt einher so keck und steif, Wie die hochgebornen Herrn Mit erkrochnem Ordensstern'. Alles ziehet in die Brust Neues Leben, neue Lust, Mit der Frühlingsluft hinein! Alles schenkt' ich heute hin, So zufrieden wie ich bin! Selbst der Bosheit Spötterein Nähm' ich heute lachend hin, So zufrieden wie ich bin: Denn der schöne Tag ist mein! Heut' ist alles möglich mir, Was mir sonst unmöglich ist! Willst du Lieder, Ruhmbegier? Heute säng' ich Eins, so schön Wie von Gleimen, Nantchen küßt: Aber, laß mich heute gehn! Bringst du Akten, Dienstbegier? Heute referirt' ich schier Aus Geschmiere, bunt und kraus, Etwas menschliches heraus: Aber, packe dich von hier! Schade wär' es, diesen Tag So verschleudern, so entweihn. Renn' um Ehre, wer da mag! Wär' es auch mein Sterbetag, Dennoch wollt' ich mich erfreun! Sattelt! sattelt! ich muß hin Zu der großen Königin Meines Herzens! durch den Hain, Ueber Graben, Stock und Stein, Reit' ich heute ohne Scheu, Heut' einmal recht sorgenfrei Mit der Sängerin zu seyn. An dem Riesenhöhlenbach' 1 Wollen wir uns lagern, ach! Wollen da so fröhlich seyn Wie die Vögelchen im Hain'; Wollen da auf ihrem Schooß' Tafel halten, und du Moos Sollst uns wiegen, und du Hain Sollst ein Wiegenlied dazu Singen, und du Linde du, Statt des Sonnenschirmes seyn. Zäumt den Rappen! ich muß hin Zu der Liedersängerin! Welt! wie bist du heute schön! Was da siehet, starrt dich an, Doch, wer Nantchen sehen kann, Wird auf dich nicht lange sehn; Und, o Glück, ich bin der Mann? Und die deutsche Sapho soll Ruhn in diesem Arme hier? Clive! tauschtest du mit mir? O gewiß, du tauschtest wohl, Aber ich nur nicht mit dir. Hast Guineen Säcke voll, Geh, und kaufe denn dafür Ihre Freud' und ihren Scherz, Ihre Lieder und ihr Herz! Denk' einmal, das kostet mir Nur ein wenig wenig Schmerz. Bringt den Rappen! ich muß hin Zu der Freudengeberin! Zwar ihr Herz ist immer mein: Aber ach! die Hand! die Hand! – Zwinge mindstens in kein Band, Liebes Glück! sie sträubend ein! Laß sie, laß sie mein noch seyn! Und, wo nicht, so bitt' ich dich, Wiege heute Sie und mich, Brust an Brust, zum Schlummer ein, Aus dem Rausch' der Freuden, ach! Mit dem Morgenrothe, wach In Elysium zu seyn. Fußnoten 1 Eine Gegend bei Clettenberg, in der Grafschaft Hohnstein.