An die Nachdrucker O Schiffchen! führst du gleich kein schwer Geschütz, an deinem Bord', So setz' auf Räubervollem Meer' Die Fahrt doch ruhig fort. Wer oft, wie ich, schon Feinde schlug, Dem wird's zuletzt ein Tanz; Drum segl' ich fort im vollen Flug', Mir selbst Assecuranz genug, Ohn' all' Assecuranz. Ich lag noch still im Hafen hier, Da forschte schon die Raubbegier: Wann? und wohin mein Lauf Gerichtet sey? da paßten mir Schon die Piraten auf. Im Angesicht' des Hafens, macht Das Raubgesindel auf mich Jagd, Und folgt mir Strich vor Strich. Heran, Gesindel, hast du Muth! Heran und entre! Ohne Blut Nimmt freilich keiner mich. Was soll das, Schurken! Warum steckt Ihr fremde Flaggen auf, Und haltet Euch am Bord' versteckt? Wer achtet wohl darauf? Schwärzt das Gesicht Euch wie ein Mohr, Nehmt noch so schöne Larven vor; Man kennt Euch wohl, ihr Herrn! Kauffahrer wäret ihr? O Brut Von David 1 ! dein geraubtes Gut Verräth dich schon von fern. Herab denn mit der Flagg', herab! Nehmt Eure plumpen Larven ab, Die Heidesheim erfand! Und raubt, wie Göbhard, der Corsar Von Bamberg, lieber offenbar, Denn wer thut Widerstand? Des Eigners Schrein, wenn über Bord Ihr nach der Beute springt, Ist alles; doch ihr segelt fort Mit Eurer Pris', und singt Und lacht, daß ihr sie auf im Port', Und schnell an Käufer bringt. Ein Schiff, das Sachsens Flagge führt, Bringt ihr zu Frankfurt auf; Ist's umgekehrt: ei nun! was schiert Euch das? Auf anderm Striche, führt Nach Leipzig Euer Lauf. Sperrt man Euch beide Hafen gleich, Berlin noch oben drauf: Mit Eurem Raube nehmen Euch Noch zwanzig Hanaus auf. Was ist es mehr? Ihr schiffet hier Die Waaren aus, statt dort; Wo nicht; so schickt von München ihr, Sie einzeln, sicher, fort. Die Mäkler, wenn sie gleich wie toll Als Räuber Euch verschrein, Ersparen dennoch gerne Zoll, Und schleppen heimlich Frachten voll Von Eurem Raub' sich ein, Denn ohne Hehler würden wohl Der Stehler wenig seyn 2 . Fahrt ihr – und was macht schneller reich? – Ins hohe Meer hinaus, So sucht ihr von den Schiffen Euch Die reichsten klüglich aus. Wer ohne Hortschiff fuhr, wie ich, Was Wunder! wenn der gleich Die Segel willig vor euch strich? Denn wie entflöh' er euch? Soll bei der Admiralität Er euch belangen? Hum! Der, dem ein Lamm verloren geht, Verklagt kein Schaf darum. Denn, sagt der Schäfer 3 , einerlei Am End' es freilich ist, Ob Herkul, ob der Wolf es sey, Der mir die Schafe frißt? Allein ein Hortschiff widersteht Euch Räubern, selbst nur schwach; Am Hafen der Neutralität Paßt ihr ihm auf, und sieh! es kräht Nicht Hahn noch Huhn darnach. So respectiret der Corsar Algiers, der Schweden Flagge zwar, Doch kaum ist seinem Netz' Der Schwed', als Schwede, noch entflohn, So kommt ein andrer Räuber schon, Und schleppt ihn mit nach Fez. Und wenn ein Hortschiff gleich einmal Von eurer Schiffe großen Zahl, Eins auf den Strand auch jug: O! das, was einer von euch stahl, Ist Lösegeld genug. Hispanien und Frankreich griff Algier vergebens an; So nimmt euch Eine Macht ein Schiff, Doch eure Werfte kann Die Eine nicht, so groß sie sey, Zerstören; ihr gewinnt Indeß, so wie Algier, dabei, Wenn von zehn Staaten, selten zwei In Deutschland einig sind. So ist's ein wahrer Markebrief, Den Schramm und Franke führt; Weg ist, was aus dem Hafen lief, Wenn sie die Ladung rührt. Mein kleines Schiff gehöret zwar Zur Silberflotte nicht, Und dennoch läßt es der Corsar Nie ganz aus dem Gesicht'. So kommt denn her und greift mich an! Ich halte sicher Stand. Mein Brander, wenn ich sonst nichts kann, Steckt wenigstens von allen dann Ein Raubschiff erst in Brand. Wenn's einem Theil' an Muth gebricht, Wird Sieg ein leichter Kauf; Ich aber streiche sicher nicht, Und flög' ich selbst mit auf. Allein genug Allegorie! Was nützt es, euch das Bild Der Wahrheit zeigen? Braucht ihr sie Doch selbst, – wie frech! – als Schild 4 . Der Schweden Banconote führt Die Warnung für den Hang, Der einen Strobel 5 selbst regiert: »Wer dieses nachdruckt, der verliert Das Leben durch den Strang!« Zum Glück' für euch, geht's zwar nicht an, Daß ich den Ersten gleich, Der wieder zum Lips Tullian An mir wird, hangen lassen kann, Doch zwingen kann ich euch, Daß, wie ein Goldstück ohne Rand, Ihr, halb verstümmelt, diesen Band Umher am Trödel treibt; Wo nicht: daß ihr mit eigner Hand Euch euer Urtheil schreibt; Mit eigner Hand den Pranger setzt, Woran der erste Dieb, zersetzt Von Geißeln, sterben soll; Denn eure Freiheitsbriefe sind Gerechter Rache, Spreu im Wind', Und euer Maß ist voll! Fußnoten 1 Ein berüchtigter Seeräuber. 2 Wer hat nicht schon, selbst in berühmten Buchhandlungen, Nachdrücke aller Art, von unsern besten Schriften, zum Verkaufe ausliegen gefunden? 3 In der griechischen Anthologie. 4 Ich erinnere mich, eine Vignette mit der Wahrheit und Tugend, auf dem Titel eines Nachdrucks gesehen zu haben, kann mich aber auf das Buch selbst nicht mehr besinnen. 5 Ein bekannter Nachdrucker, und (welches wohl zu merken!) Professor der Moral in München.