Leopold Friedrich Günther von Goeckingk Episteln Erster Theil An Goldhagen, in Petershagen Ellrich, 1771. Wenn ich Dein Herz – mein Ideal Der Tugend! – wenn ich die Talente, Die Du vereinigst, – mir ein Stral Zum Ziel des Ruhms! – belohnen könnte: Du solltest nicht in Werther 1 seyn. Hoch stellt' ich Dich, mit Deinem Strale Die dicken Nebel in dem Thale Des Aberglaubens zu zerstreun. Jetzt aber, Freund, da Dich, versteckt In einem Dörfchen, die Kabale, Der Du zu hell noch leuchtest, neckt: Jetzt kann ich nur in Dir den Weisen Bewundern, und mein Schicksal preisen, Das Dich zum Freunde mir geschenkt. Denn seit ich sah, wie Dich, – des Glückes So werth! – kein Schlag des Mißgeschickes, Kein Pfeil der dummen Bosheit kränkt: Verging mir schnell der Eigendünkel, Für hart gestraft mich anzusehn, Daß ich auch, hier in diesen Winkel Geworfen, mich soll müde stehn. Wenn aber auch der Mann von Geist, Wie Du, im dunkeln Thal verborgen, Die Ketten, die die Hand der Sorgen Um seine Weisheit legt, zerreißt; So kennt er dennoch seinen Werth. Ist's Unrecht denn, wenn er begehrt, Was er verdient, und Thoren haben? Der Weise könnte bei den Gaben Des Glückes mehr als König seyn, Denn, Freund, für Krieg ist er zu klein. Wenn Thoren nun dieß Glück vergraben, Und öfter noch, den bessern Mann, Bloß weil er besser ist, zu quälen, Dieß Glück gebrauchen: sprich, wie dann? Sich wie ein Höfling zu verhehlen, Und, wo nicht dieß, ein Engelherz Gehört dazu, es ohne Schmerz, Und ohn' es Schwiftisch zu bespotten, Und ohne Wunsch, es schnell so schön, Wie man's im Kopf' hat, auszurotten, So Tag für Tag mit anzusehn. Laß uns denn immerhin gestehn: Wir haben auch in jüngern Jahren Nach unsrer Lage das erfahren, Was Flaccus vitae modos nennt; Uns oft gekreuzigt und gesegnet, Daß kaum man Brod dem Weisen gönnt, Indeß es Gold auf Narren regnet; Daß Dummheit und Bequemlichkeit Genies, Mauleseln gleich, befrachtet, Und darob ihre Wenigkeit, Wer weiß, wie groß, wie wichtig achtet! Wie haßt', ich Jüngling, sonst den Mann, Der nichts, als seine Peitsche schwingen, Beihergehn, schrein und schlagen kann. Mich jetzt zum Hassen noch zu bringen, Kann der nicht, der mich selbst wohl schlägt. Ich lasse nun die Thoren gelten, Wofür das Glück sie ausgeprägt; Was nutzten auch mein Spott und Schelten? Genug ist's, wer, wie Gott die Welten, Sie ganz für sich im Stillen wägt. Nehm' ich, nach äußeren Gestalten, Die Drittel Ephraim's 2 für voll, So weiß ich bei dem allem wohl, Was sie an innerm Werthe halten. Wer gar zu eigensinnig ist, Nach diesem Münzcours sich zu achten, Der dauert mich. Der Mann vergißt, Die goldne Regel zu betrachten: Nimm diese Welt so, wie sie ist. Nach ihrem inneren Gehalt Die Welt voll Narren umzuprägen: Ist das in menschlicher Gewalt? Heraus zu wandern steht uns frei; Doch geb' ich wohl zu überlegen, Was für den Weisen besser sey: Die Welt, wie Yorik, mit zu nehmen? Nach Königen, wie Diogen, Sich keinen Fuß breit zu bequemen? Wie Heraklit nur da zu stehn, Um sich von Herzen satt zu grämen? Sich, wie Pythagoras, dem Spleen Mit Leib und Seele zu ergeben? In nackte Wüstenein zu fliehn Wie Sankt Anton, und da das Leben In Ein Gebet zusammenziehn? – Du siehst, es gibt der Wege viel, Von seinem Platz im Possenspiel Der Welt, aus Aerger wegzugehn; Doch gibt's auch Gründe, stehn zu bleiben, Den Narren ruhig zuzusehn, Und seinen Spott damit zu treiben. Geh weg, zu weinen; bleib, zu lachen! Zu beiden braucht's nicht Gold, noch Gunst. Wer Geist besitzt, besitzt die Kunst: Was ihm gefällt, aus sich zu machen. Das ist der Grund, warum sogar Diogenes in seinem Fasse, Wenn er auch gleich aus Menschenhasse Zuerst hinein kroch, glücklich war. Das ist der Grund, warum die Stille, Wald, Feld und Kräutersuchen nicht Den Zorn des Genfer Bürgers bricht; Was bricht ihn endlich? Seine Grille! Zwar kann sich leicht ein Mann das Haus Des Diogen zur Wohnung weihn, Doch kroch er als ein Narr hinein, So kriecht er auch als Narr heraus. Philippus großer Sohn verlöre Nicht einen Schritt um solches Haus; Und fiel' ihm ja die Neugier ein, So rief' er wenigstens nicht aus: Wenn ich nicht Alexander wäre, So möcht' ich dieser Mann wohl seyn! Ob, als er dieses sprach, ihm eben Die bloße Prädilection Für's Sonderbar', es eingegeben; (Auch diese will ja Ruf, als Lohn Für angethanen Zwang, erstreben!) Ob nicht der Werth von einem Leben, Das bloß der Geist, dem Glück' zum Hohn', Wiewohl der Welt zum Spott', errungen, Ihm dieß Bekenntniß abgezwungen, Das weiß allein Philippus Sohn. War jenes; nun, dann sollt' ich meinen, Es sey, was bei dem großen Geist' Ein Steckenpferd, und bei dem kleinen, Zumal, wenn gern er's jener Einen Nachäffen möchte, Narrheit heißt. War dieses: großer Alexander! Behalte du dein ganzes Glück Und deine Siege mit einander. Gib mir dafür den Augenblick Von deinen ruhmbeladnen Tagen, Der Welt als König vorzusagen: Der Weis' in einer Hütte sey, Wenn sie die Weisheit aufgeschlagen, Bei Brod und Wasser, groß und frei! Indeß liegt wenig uns daran, Aus welchem Quell' der Spruch gequollen; Doch Glück und Ehre hängt daran, Aus welchem Quelle, lieber Mann, Wir unsre Weisheit schöpfen wollen. Sag', ist es nicht ein drollig Ding, Wenn uns das Gaukelspiel der Welt Nicht mehr, (wer weiß, warum?) gefällt, Aus Unmuth sich den Sonderling Zu seiner Rolle auszulesen, Um, wenn man nicht beglückt gewesen, Doch wenigstens bemerkt zu seyn? Wahr ist es, einer großen Seele Bleibt diese Schwachheit zu verzeihn; Denn eher stürzt sich in die Höhle Der Pest ein Curtius hinein, Als noch mit seiner stolzen Seele Bloß allen Andern gleich zu seyn. Nur selten gab es, oder nie, Von jeher große Männer, die Zugleich nicht Sonderlinge waren; Denn dieser Hang zum Sonberbaren Verführt am leichtsten ein Genie. Dankt dieß dem Glücke, ihr Genies! Das diese Wohlthat nicht vergessen, Und für den Neid Euch Futter wieß; Sokrat, der lang' ihn hungern ließ, Ward endlich selbst von ihm gefressen. Allein, ihr Leute von Genie, Hat die Natur zu Sonderlingen Euch schon bestimmt: wozu die Müh', Sich mit Gewalt dazu zu zwingen? Ihr werdet Euch bei stiller Nacht, (Nicht, wie die Maintenon 3 , der Welt) Ganz offenherzig eingestehen, Daß Ihr den Sonderling nur macht, Weil Euch der Sonderling gefällt; Gefällt, weil Leute nach ihm sehen. Nehmt Euren Pfad auch noch so krumm; Den Pöbel hinterher zu ziehen, Und, um verfolgt zu werden, fliehen, Ist leicht: der Weise siehet stumm Dem Gaukler nach und läßt ihn ziehen; Der Weltmann lacht und dreht sich um. So wollte selbst im Diogen Nicht immer Plato nur den Weisen, Zuweilen auch den Gaukler sehn, Und dieser, umgekehrt, Athen Im Plato wohl nichts bessers weisen. Allein gesetzt: die Klugheit legt Die Schminke so geschickt darüber, Daß selbst der Weise stutzt, und frägt: Ist das nicht bloß Natur? – Ei Lieber! Sprich, was gewinnest du dabei? Vielleicht den Titel eines Weisen! Doch wirst du dich im Stillen frei, Und glücklich in dir selber preisen? Frei bist du nie bei Heuchelei! Zwang ist der Freiheit Gift und Tod! Und glücklich? Nun! vielleicht zur Noth! Ganz aber könntest du es seyn; Doch wer in Thaten und Geberden Die Augen nur durch falschen Schein Zu blenden sucht, wird nie es werden. Wohl unter Alexanders Thron Und Diogens verschmähtem Fasse! Was ich mir wählte, weiß ich schon, Von Ehrsucht und von Menschenhasse Gleich frei, nur für die Wahrheit kühn. Wenn er so glücklich war, als schien, So nähm' ich gleich das leere Faß, Und ließe Thron und Monarchien Dem Sohne der Olimpias: Ist aber unter unsrer Sonne Ein Weiser wohl so weis' und kühn, Zu seyn in unsers Griechen Tonne, Was dieser war, zum mindsten schien? Ich zweifle! Fromme Schwärmerei Und Haß der Welt spricht zu dem Kranken: Fort! fort in ein' Einsiedelei, Doch sey gesund und weis' und frei! Wirst du für dieses Glück nicht danken? Was hat man von der Schwärmerei, Daß man die Welt beseufzt, beweint? Denn kurz, mich dünkt, so lang' die Sonne Der Fröhlichkeit im Herzen scheint, Kriecht man gewiß in keine Tonne, Mit Brod und Wasser sich zu speisen; Und just an dieser Sonne, Freund, Erkennt man doch den ächten Weisen. Weisheit im Kopf' ist nur ein Mond Auf dieses Lebens dunkeln Reisen, Um den sich's kaum die Müh' belohnt, Ihn, ohne jene, viel zu preisen. Genie ist vollends nur ein Stern, Bei dem man leicht die Bahn verlieret, Der gern zu Glück und Ehr', und gern Zum Unglück' und zur Schande führet. Laßt aber alle drei zugleich Auf Euren Pfad des Lebens scheinen: Beneiden werden Tausend' Euch, Und Ihr hingegen sicher Keinen. Zwar diese Sonn' und diesen Mond Hervorzurufen, hat der Weise Gewalt; allein die halbe Reise Wird immer fast zurückgelegt, Eh' er mit wahrem Ernst' nur leise Die Lippen ihrerhalb bewegt. Da drängt er an die bunte Bude Fortunens, sich im Schweiße hin, Und starret, – wie ein Wechseljude Den Klumpen Silber, den für Zinn Sein Finder bietet, – Federhüte, Und Stern' und Ordensbänder an, Wagt seine Ruh' und Zeit daran, Zieht aber immer – eine Niete! Wenn er den letzten Rest verloren, Geht er mit Schimpfen auf die Thoren, Die blind Gewinne griffen, fort; Und hat er nun sich satt geschmälet, So denkt er erst das große Wort: Der Thor hat auch, wie du, gefehlet! Dann hält er in der Einsamkeit, Als kranker Pilgrim, Quarantaine; Er weint um die verspielte Zeit Und Ruhe, sich durch manche Thräne Die Augen klar, und schnell erhellt Der Weisheit Sonne Bud' und Bühnen; Zum Possenspiele wird die Welt, Zu Messingblech, was Gold geschienen. Den Thoren, weil er selbst es war, Bedauert er, statt ihn zu hassen; Bei seinem Flitterstaat', sogar Bei seinem Stolz', bleibt er gelassen; Lernt endlich seinen eignen Werth Zu seinem ganzen Glücke machen, Und hält er ja ein Steckenpferd, So ist es dieß: der Welt zu lachen! Wer diese Quarantaine hält, Der halte männlich ganz sie aus. Geht er zu früh in eine Welt, Wo Narren glücklich sind, hinaus: Was Wunder! wenn ihn bald von neuen Ein Gallenfieber überfällt! Zwar soll und muß er sich zerstreuen; Nur wie? das macht die Weisheit aus! Arm sey mein Pilgrim, arm an allen, Was diese Welt als Schätze preist, Doch gut von Herzen, stark von Geist. Sprich, wie kann Er der Welt gefallen, Und ihm die Welt? Das erste, war Und wird auch wohl unmöglich bleiben; Zum letzten – was auch Schwifte schreiben – Bracht' unser Asmus es sogar. Versteh' er nur, so seinen Pfad Mit Herzensfreunden fortzuschleichen, Und, wie der Mann im Fasse that, Beglückten Thoren auszuweichen. Wenn Ihr von Narren nichts begehrt: Was kümmern denn die Narren Euch? Sind sie nicht arm? Seyd Ihr nicht reich? Seyd stolz auf Euren innern Werth! (Stolz, sag' ich, doch allein für Euch!) Dann gelten Euch am kleinen Heerd' Der Freiheit, Fürst und Bauer gleich. Die Fürsten sind ein Schlag von Leuten, Der wahrlich gut genug noch fällt, Doch was sind die, die tief verstellt, Um ihre Gunst sich hämisch streiten? Die schlimmsten Thiere in der Welt! Feil ist schon oft für wenig Geld Ihr Geist zu Niederträchtigkeiten, Ihr Leib zu einem Affentanz', Ihr Studium ist Firlesanz, Und ihre Künste – Albernheiten. Nicht jeder Fürst ist Dionyß, Doch Plato hieß' an jedem Hofe Thor, wie er Thor an jenem hieß. Sieht scheel er Einmal nur die Zofe, Den Laufer und den Schooßhund an, So mag der vogelfreie Mann Bald nach dem Schloßthor' um sich sehn; Allein wer hieß ihn denn nach Hofe Von seinem eignen Heerde gehn? Wer durch die Weisheit nichts, als reich An Gold zu werden sucht, der fröhne Den Großen dieser Erde, gleich Dem kleinen Weisen von Cyrene, Der zum Gewissen sagte: Schweig! Das war ein Mann für Dionyßen! Er fraß den Staub von seinen Füßen, Und ließ, wenn Seine Hoheit ihn Aus übler Laun' einmal bespien, Sich diese Laune nicht verdrießen. Der Aristippen gab es viel An Höfen; aber auch Platonen? Die erstern hatten da gut wohnen; Sie spielten selbst gut Taschenspiel. Allein die Letztern? Zeigt mir doch Nur zehn Platonen, die mit Ehren, Und frei, auch selbst am Hofe noch, Am Hofe grau geworden wären. Auguste hat es selten nur, Alfons' hingegen oft gegeben. Doch kann man, Dank sey der Natur! Auch füglich ohn' Alfonse leben. Wer war beglückter? War's Racine, Der für den eitlen Ludewig, Bei jedem zweifelhaften Sieg, Für Jahrgehalt, die Narrenbühne Der Schmeichelei, wie wild bestieg; Doch als sein Abgott ihn beschämte, Zu Bette kroch, mit Einmal schwieg, Und kindisch sich zu Tode grämte? 4 War's nicht Rousseau? Der, wenn die Noth Ihn gleich ins fünfte Stockwerk führte, Ganz ruhig, um das trockne Brod, Der Stümper Noten selbst, copirte, Und hundert glänzende Pistolen Der Pompadour, die sie dem Staat', Den sie entnervte, erst gestohlen, Mit einem edlen Stolz' verbat? Zwar durfte dann der Genfer nicht An Hymens stille Freuden denken; Doch hielt er es auch nicht für Pflicht, Die goldne Freiheit wegzuschenken, Um, (denn von Liebe lebt man nicht,) Sich bei dem mageren Gesicht' Der Gattin und des Sohns zu kränken. Wer seine Freiheit so verliert, Der hat auf immer sie verloren! – Allein, nicht wahr? der Jüngling rührt Dein Herz, den Liebe so verführt? Ach! selbst aus Weisen macht sie Thoren! Dient nicht dem Fürsten, dient dem Staat'! Doch was heißt oft: dem Staate dienen? Der Mann, der nicht auf krummem Pfad' Die Gunst von seines Fürsten Phrynen Erschmeicheln, bei des Fürsten Rath Nicht tief gebückt um Gnade betteln, Und sein Verdienst mit Bankozetteln Dem Günstling' nicht beweisen kann: Das ist vielleicht ein weiser Mann. Wer aber wird's dem Fürsten sagen? Wer stellt ihn dem Minister vor? Ist er ein Autor? – Zu beklagen! Ein Autor ist am Hof' ein Thor. Ein Höfling liest aus Langerweile; Aus Eitelkeit? Das ist schon viel! Doch tanzet Faber 5 auf dem Seile, Zeigt Coq Sinesisch Schattenspiel: Dann ist, vergöttert kaum, la Farr' Mit allem seinem Witz', ein Narr. Des Autors Ruhm ist eine Brücke Zur Ewigkeit, und nicht zum Glücke. Die steilen Pfade auszuspähn, Die jener stieg, will's scharfe Blicke, Und mancher Fürst kann gar nicht sehn. Und solch ein Autor, und im Staat' Zu keiner Stelle brauchbar? Wäre Das möglich? Oder ist's Chimäre? Ist's Unsinn? – Unsinn in der That! Allein verlangst du, weiser Mann, Just in den Kreis gestellt zu werden, Den deine Sonn' erhellen kann? O! sieh dich in der Welt erst um, Bis dich Erfahrung überführt, Daß diesen großen Kreis der Erden, Wie Yorik sagt, ein minimum Von Sapientia regiert. Sieh! wie der Principal mit Schreien, Wie ein Lackei, den König spielt, Indeß ein Garrik 6 im Lackeien Des Königs ganze Rolle fühlt; Doch ohne sich dadurch zu stören, Denkt er auf seine Roll' allein; Er läßt den Principal in Ehren, Und das Parterre Richter seyn. So dient ein Mann von Geist, wo schier Kein Geist zum Dienste nöthig ist. O Mann! wohnt Sülly's Geist in dir? Sey Sülly, und – doch unbeschadet Der Freiheit – sey dabei Copist! Du bist doch Sülly! Aber ladet Das Glück dich selbst ans Ruder ein, Dann sey dem Staat', was du allein Dir im Verborgenen itzt bist. Die Kunst ist freilich nicht so klein, Ein Mann von Geist, und Subaltern Von einem großen Ordensstern' Und einem kleinen Herzen seyn. Gehorchen will schon Niemand gern; Nun noch dem Dummkopf' oben ein! Ach! zu bedauren ist der Weise, Der seiner Gattin den Verdruß Verbergen soll und dienen muß. Wer ledig ist, ist auf der Reise; Er bleibt, so lang' es ihm gefällt; Wo nicht? So viel, als dann der Weise Gebraucht, hat jeder Ort der Welt. Zwar ob wie Curius man Rüben, Ob, wie Lucull, Muränen speise? Ist keinem von uns gleich, ihr Lieben! Doch wer Muränen haben kann, Und nur, steht ihm der Preis nicht an, Nicht haben will, der ist bei Rüben Noch ein beneidenswerther Mann. Und diesen stolzen Eigensinn, Ihr Thoren! mögt ihr immerhin, Wie billig, unbegreiflich finden. Ein solcher Sonderling zu seyn, Ist Ehre! Gold und Schmeichelein Erkaufen nie sein Herz zu Sünden. Wer gegen Gold und Schmeichelei, Und Adelsbrief' und Ordensbänder, Und Leckerbissen fremder Länder, Und Wein vom Cap und aus Tokay, Empfindlich ist, der ist nicht frei. Doch wer an seinem Kopf' und Herzen Und einem Freunde in der Noth Genug hat, der kann nichts verscherzen, Und fürchtet weniger den Tod. Zufrieden, darf er nichts beneiden, Und für sein kleines Mittagsbrod Und seine Hütte, seine Freuden, Niemanden dankbar seyn, als Gott. Fußnoten 1 Goldhagen, der nachher als General-Superintendent des Fürstenthums Minden, nach Petershagen versetzt wurde, war damals noch Prediger zu Klein-Werther in der Grafschaft Hohenstein. Mit Zustimmung seiner aufgeklärten Kirchenpatronen führte er hier, neben dem gewöhnlichen Gesangbuche, die Berlinische Sammlung geistlicher Lieder ein, woraus aber für ihn manche Verdrüßlichkeiten entstanden. Hierauf bezieht sich zum Theil das Folgende. 2 Bekanntlich ließ der Jude Ephraim zu Berlin in dem Kriege von 1756-1763 Achtgroschenstücke prägen, die nach dem Frieden auf 3. Gr. 4 Pf. herabgesetzt wurden. 3 Sie pflegte in den Fasten bisweilen nichts als Hülsenfrüchte zu essen, wenn die übrige Gesellschaft an der nemlichen Tafel herrlich schmausete. Geschah dieß vielleicht aus einer Art von Andacht? »Ich kann mich nicht rühmen, (gestand sie später,) daß ich es bloß um Gottes willen gethan habe, sondern ich wollte geachtet seyn. Die Begierde, mir einen Namen zu machen, war meine herrschende Leidenschaft, und Niemand hat vielleicht die Sache so weit getrieben. Dieser Stolz bewog mich, mir tausend Martern anzuthun, indem ich mir allerlei Zwang auflegte; und vielleicht hat mich Gott zur Strafe so hoch erhoben, und im Zorne zu mir gesagt: du willst Ruhm und Ehre haben; nun wohlan! du sollst sie haben, bis sie dich zu Boden drücken!« 4 Er hatte, aus Gefälligkeit gegen Frau von Maintenon, eine Schrift über die damaligen Zeitumstände aufgesetzt. Diese kam dem Könige in die Hände, der sein Mißvergnügen darüber bezeigte. »Glaubt er, sagte der König, weil er gute Verse macht, daß er alles kann? und will er gar Minister seyn, weil er ein großer Poet ist?« Racine, der sehr empfindlich war, grämte sich darüber so sehr, daß sein Tod dadurch beschleuniget wurde. 5 Ein bekannter Seil- und Draht-Tänzer. 6 Er mußte anfangs die niedern Rollen im Schauspiele übernehmen, weil der Principal die Hauptrolle jedesmal für sich behielt. Garrik wußte sich darin zu finden, und war Garrik; jener, Principal und Stümper.