12. Der Wolf und die Ziege Auf eines Felsen steiler Höh', Die weder Gras noch fetten Klee Dem Hungrigen zur Speise gab, Stand eine Ziege. Komm herab, Du Kleine, Schmale, Liebliche! Rief Räuber Wolf zu ihr hinauf; Was stehst du doch da oben drauf? Dort triffst du keinen guten Fraß Für deinen lieben Magen an! Hier unten wächst so schönes Gras, Daß man sich artig mästen kann; Auch stehn an kleinen Wasserfällen, Viel junge Bäumchen abzuschälen, Die, glaub' ich, schmeckten dir so süß, Wie Zuckerrohr! es ist gewiß! Du Liebliche! – Herr Wolf, sie sind Sehr gütig, wahrlich! Geben Sie Sich aber doch nur keine Müh Um meinen Magen! denn ich bin In Wahrheit keine Schmauserin! Ich halt' es mit gesunden Kräutern, Und mag mit fettem Gras und Klee Nicht eben meinen Leib erweitern; Ich klettre gern! Herr Wolf, Adieu!