VI DIE LEUCHTTÜRME Rubens · der müssigkeit garten · fluss von vergessen Und pfühl frischen fleisches · für unsre liebe wol leer · Doch von einem leben so strömend und drängend besessen Wie luft in dem himmel und wie das meer in dem meer. Leonardo da Vinci · ein spiegel tief und dunkel Wo reizende engel mit ihrem süss-lächelnden mund Und voll von geheimnis erscheinen im abendgefunkel Der gletscher und fichten · des heimatlands hintergrund. Rembrandt · trauriges siechhaus voll murmelnder stimmen Und mit einem grossen kruzifix nur geschmückt · Wo beten und weinen über dem unrat schwimmen – Und jählings von einem winterstrahle durchzückt. Michelangel · nebelwelt wo die giganten hämmern Und märtyrer dulden · wo sich in die höhe streckt Aus seinem grab ein mächtig gespenst das im dämmern Sein schweisstuch zerreisst indem es die finger reckt. Der wettkämpfer wüten · das schamlose treiben der faunen: Du der die schönheit bei pöbel und schurken fand · Du stolzen sinnes doch schwach und mit giftigen launen · Puget · du trauriger fürst in der sträflinge land. Watteau · ein fasching wo viele erlauchte herzen Wie schmetterlinge irren mit zuckendem glanz · Ein frischer und leichter zierrat erhellt von den kerzen Die tollheit giessen in diesen wirbelnden tanz. Goja · ein nachtmahr von unergründeten dingen · Von leichen die man an hexensabbaten sott · Wo weiber vorm spiegel und nackte mädchen sich schwingen Die strümpfe sich bindend den lüsternen geistern zum spott. Delacroix · blut-see wo böse engel sich scharen · Darüber die schatten der stets grünen fichten ziehn · Wo unter dem traurigen himmel fremde fanfaren Wie ein erstickter seufzer von Weber fliehn. – Dies alles an flüchen an lästerungen an träumen Verzückungen klagen tränen und lobliedern trifft Sich wie ein echo aus tausend verschlungenen räumen · Es ist für die menschen ein göttlich berauschendes gift · Es ist ein laut den tausend schildwachen schreien · Ein losungswort das von tausenden lippen schwirrt · Es ist ein leuchtturm der flammt über tausend basteien · Ein ruf von jägern im dickicht des waldes verirrt. Dies ist es o Gott! was bei all deinen herrlichkeiten An unsre würde uns den glauben erwirbt: Der glühende seufzer der hinrollt von zeiten zu zeiten Und der am rande deiner ewigkeit stirbt.