ALBERT VERWEY DER SCHÖNE SCHEIN Kamst du nach haus? seh ich nach soviel jahren · Mein sohn · den schatten von den blonden haaren Die in die augen fallen wie voreinst. Wahrlich! die wunder die in ihnen waren Der traum der deines auges rund verguldet Hebt an. Doch stummheit dess der viel erfahren und erduldet Fasst es zugleich. Kamst du? Mein kind! die erde ist nicht reicher Als herz · das herz und dinge in sich hält. Du warst so reger seher · tapfrer streicher Dass alles dir in hand und augen fällt. Doch blieb das herz kalt · kalt umhängt von deinen Schätzen – wie eine schöne trübe frau Beim ball behängt mit einem strom von steinen Vor herzenskälte sterben will. Dein herz sucht wärme · der das meer durchschwommen Kam als ein kind zurück ins vaterhaus. O sohn! dass wieder dir der trieb gekommen Bracht · herz und geist im leib zugleich nach haus. Sowie ein funke – noch am herd geblieben – Das reisig ansteckt bis die glut bei nacht Die hausgenossen neu belebt (die sacht Und warm sich um das feuer schieben) Und über alt und junge wangen eilt Und – grillige pracht Von glühn und knistern spukend wild – Von fremder mär und sage mild Und stillem plaudern die geräusche teilt Und bricht und heilt – Bis aus dem düstren saal ringsum Nachtklänge als zwerge mit stillem gebrumm Schwärmen den leuchtenden zirkel um – Und einer der zumeist im dunkel sass Und nickte fühlt den kalten strahl Am rücken · schricKt und sagt: ›was ist das? – 's ist schlafzeit‹. Dann gehn sie allzumal – Wie so ein funke vom herd die seel Vom haus ist bis zu dunkler nacht: So schüzt ein zug der wartet und wacht Die seel worein sie einmal geriet. Komm in mein haus! kein schatz · dir je befohlen · Vergeht da in dir wächst was schätze weiht. Kannst du sie nicht auf erden holen Weit und breit? In einem herzenstrieb der jezt erblühe Raumlos Ists leben das die schätze all durchglühe Maasslos. Schönheit soll mit Dir sein · die lezt-erzeugte Von süssem Reiz und reiner Schöpfungs-welt. Ihr sei dein edelster stein als leuchte · Doch eine blume ihm gesellt. Den werker (der im düsteren schacht du grabend Warst) – der dir das höchste gewesen – Soll sie mit lachen ansehn und ihn trabend Durch sommerwiesen jagen mit blumenlesen. Du findest deinen reichtum: städte und land Im bilderbuch vom kind – Die freunde zu denen du dich bekannt Die liebste die du geminnt. Alles soll nichts sein – o glaub meinen worten! Alles soll nichts sein bis du klagend fragst: Lebt ich dafür dass jahre jahre morden Der eine tag den andern jagt? Alles zunichts · auch du · wenn deine hand Das stangengras wie goldne münzen misst Durch deine finger körnt der dünensand · Du selbst das zeitglas deiner lebensfrist · Wenn gras und körner so wie du ihr leben Leben unter lachenden sonnen: Dann wird er in dir sein den du erst neben Dir wähntest da dein leben hier bei mir begonnen Dann wird er in dir sein Der alles in allem führt Dann hat der schöne Schein Dich angerührt.