Der Polyhistor An jenem Fluß, zu dem wir alle müssen, Es mag uns noch so sehr verdrießen, An jenem Fluß kam einst ein hochgelehrter Mann, Bestäubt von seinen Büchern, an Und eilte zu des Charons Kahn. »Willkommen!« fing der Fährmann an, Indem er sich aufs Ruder lehnte, Und bei dem Wort »Willkommen!« herzlich gähnte. »Wer seid Ihr denn, mein lieber Mann?« – »Ein Polyhistor«, sprach der Schatten, »Für den die Schulen Ehrfurcht hatten.« – Indem er noch vor Charons Kahn Von seinen Sprachen sprach, von nichts als Stümpern red'te Und von Quartanten schrie, die er geschrieben hätte, Kam noch ein andrer Schatten an, Mit einer demutsvollen Miene. »Und wer seid Ihr, auch ein gelehrter Mann?« – »Ich zweifle sehr«, sprach er, »ob ich den Ruhm verdiene? Ich habe nichts als mich studiert, Nichts als mein Herz, das mich so oft verführt, Des Tiefe sucht' ich zu ergründen, Um meine Ruh' und andrer Ruh' zu finden; Allein so viel ich immer nachgedacht, Und so bekannt ich mich mit der Vernunft gemacht, So hab' ich's doch nicht weit gebracht, Wie mich viel Fehler überzeugen!« Der Polyhistor hört's und lacht Und eilt, um in den Kahn zu allererst zu steigen. »Zurück!« rief Charon ziemlich hart, »Ich muß zuerst den Klugen überfahren, Kaum einer kömmt in hundert Jahren; Allein an Leuten Eurer Art, Die stolze Polyhistors waren, Hab' ich mich schon bald lahm gefahren.«