Die schlauen Mädchen Zwei Mädchen brachten ihre Tage Bei einer alten Base zu. Die Alte hielt zu ihrer Muhmen Plage Sehr wenig von der Morgenruh'. Kaum krähte noch der Hahn bei frühem Tage, So rief sie schon: »Steht auf, ihr Mädchen! es ist spät; Der Hahn hat schon zweimal gekräht.« Die Mädchen, die so gern noch mehr geschlafen hätten, (Denn überhaupt sagt man, daß es kein Mädchen giebt, Die nicht den Schlaf und ihr Gesichte liebt) Die wandten sich in ihren weichen Betten Und schwuren dem verdammten Hahn Den Tod und taten ihm, da sie die Zeit ersahn, Den ärgsten Tod rachsüchtig an. Ich hab's gedacht, du guter Hahn! Erzürnter Schönen ihrer Rache Kann kein Geschöpf so leicht entfliehn. Und ihren Zorn sich zuzuziehn, Ist leider! eine leichte Sache. Der arme Hahn war also aus der Welt. Vergebens nur ward von der Alten Ein scharf Examen angestellt. Die Mädchen taten fremd und schalten Auf den, der diesen Mord gethan, Und weinten endlich mit der Alten Recht bitterlich um ihren Hahn. Allein was half's den schlauen Kindern? Der Tod des Hahns sollt' ihre Plage mindern, Und er vermehrte sie noch mehr. Die Base, die sie sonst nicht eh' im Schlafe störte, Als bis sie ihren Haushahn hörte, Wußt' in der Nacht itzt nicht, um welche Zeit es wär'. Allein weil es ihr Alter mit sich brachte, Daß sie um Mitternacht erwachte: So rief sie die auch schon um Mitternacht, Die, später aufzustehn, den Haushahn umgebracht. Wärst du so klug, die kleinen Plagen Des Lebens willig auszustehn: So würdest du dich nicht so oft genötigt sehn, Die größern Übel zu ertragen.